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Urgum der Barbar

Urgum der Barbar

Titel: Urgum der Barbar
Autoren: Kjartan Poskitt
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Aufpasser im Himmel

    D er Staub der Verlorenen Wüste bildete eine Wolke hinter den Pferden, die um den Rand des Vergessenen Kraters in Richtung Golgarth donnerten. Das Echo bösartiger Schreie hallte über die trockene Ebene, Felsenechsen drückten sich in die Schatten, eine Klapperschlange vergrub sich hastig im heißen Sand und ein Skorpion versteckte sich hurtig zwischen den Wurzeln eines gigantischen gelben Kaktus. Sogar die gelbbäuchigen Schleiminnies, die gerade über den Totenschädel eines Esels krabbelten, hielten inne und beteten mit angehaltenem Atem, dass die barbarischen Reiter vorüberziehen würden.

    Die ausladende Gestalt an der Spitze schwang eine massive Axt so rücksichtslos über ihrem Kopf, dass sie nur durch ein Wunder noch nicht den Hals des schwitzenden Pferdes getroffen hatte. Das Sonnenlicht gleißte weiß auf den angespitzten Zähnen des Axtmannes und die Muskeln standen von seinen Armen ab wie die harten und dicken Wurzeln eines Baumes. Viele Jahre waren vergangen, seit man ihm seinen dicken ledernen Brustpanzer auf den Leib genäht hatte, und die Schnitte und Kratzer darauf bewiesen, wie oft er seitdem Zeuge wüstester Taten gewesen war. Seine Schnelligkeit und sein Können mit der Axt waren legendär, sein Ruf im Nahkampf gebot Ehrfurcht. Mit seinen Feinden verfuhr er stets absolut gnadenlos und viele Balladen handelten von seiner Verfressenheit. Kein Wunder, dass Urgum der Barbar, der wüsteste Wilde war, den die Verlorene Wüste je gekannt hatte.

    brüllte Urgum glücklich.
    Trotz all seiner fantastischen Fähigkeiten und Leistungen waren für Urgum die einfachen Dinge im Leben das Schönste. Und wenn es eines gab, was er mehr mochte als alles andere, dann war es, zusammen mit seinen sieben Söhnen wie ein Irrer durch die Wüste zu galoppieren und dabei grundlos zu brüllen. Sie waren auf Einhornjagd gewesen, und wie alle gesellschaftlichen Ereignisse der Barbaren, bedeutete auch dieses Kämpfen, Angeben, Raufen, Feiern und die Zeit zu vergessen. Zwar hatten sie kein Einhorn erlegt, aber sie hatten nicht die Absicht, sich von so einer Kleinigkeit den Spaß verderben zu lassen, als sie jetzt heimwärts nach Golgarth galoppierten.

    »Jarghhh!«, brüllte Urgum wieder. »Meint ihr nicht auch, Jungs?«
    »Jarghhh!«, stimmten seine sieben Söhne zu.
    Urgums Brust schwoll vor Stolz. Das war einfach GROSSARTIG! Niemand sonst in der Wüste hätte es gewagt, auf der dünnen Kante entlangzugaloppieren, die den Vergessenen Krater begrenzte. Hinter ihm stimmten die Jungs ihren liebsten Schlachtgesang an:
    »HABEN WIR SCHISS?
NÖ!
KÜMMERT’S UNS?
NÖ!
WIR SIND VÖLLIG
IRRE!«
    Urgum lehnte sich seitlich von seinem Pferd und schaute geradewegs auf die Stelle, wo der felsige Pfad eine scharfe Kurve machte und nur Zentimeter von den donnernden Hufen entfernt verschwand. Durch die Schwefelschwaden hindurch konnte er gerade noch das blutrote Glühen des Lavasees eine halbe Meile weiter unten ausmachen. Sein Pferd musste nur einen falschen Schritt machen und sie würden gemeinsam in einen grausigen Tod stolpern.
    »HABEN WIR SCHISS?
NÖ!
KÜMMERT’S UNS?
NÖ!
WIR SIND VÖLLIG
IRRE!«
    Aus einem einfachen Grund machte Urgum sich niemals Sorgen darum, dass er eines grausigen Todes sterben könnte: Er war ein wahrer Barbar. Er wusste, dass er - sollte er tatsächlich eines grausigen Todes sterben - diesem nur vollkommen furchtlos begegnen musste, um die barbarischen Götter so zu beeindrucken, dass sie ihn im Leben nach dem Tod mit einem Platz an der festlichen Tafel in den Heiligen Hallen von Sirrus belohnen würden. Wenn es etwas gab, was Urgum wirklich fürchtete, dann war es eigentlich der Gedanke daran, dass er friedlich im Schlaf sterben könnte, mit einem glücklichen kleinen Lächeln im Gesicht und - seine größte Furcht überhaupt - mit dem Daumen im Mund. Das war einer der Gründe, warum er sich keine Chance entgehen ließ, sein Leben aus den lächerlichsten und den teuflischsten Gründen zu riskieren.
    Es gab aber noch einen Grund dafür, dass Urgum sich keine Sorgen machte. Es schien völlig egal zu sein, welchen hirnerweichend gefährlichen Situationen er sich aussetzte, irgendwie überlebte er immer. Für Urgum war es völlig offensichtlich, woran das lag: Die Götter brauchten ihn lebendig. Wenn ihm irgendetwas zustoßen sollte, gäbe es niemanden, der auch nur halb so gut die stolzen Traditionen furchtloser Wildheit aufrechterhalten würde. Oh, es sei denn, dass einer
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