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PR 2627 – Der verzweifelte Widerstand

PR 2627 – Der verzweifelte Widerstand

Titel: PR 2627 – Der verzweifelte Widerstand
Autoren: Christian Montillon
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1.
    Kaowen, Xylthe
     
    »Möge dir ein langes Leben vergönnt sein, Protektor. Stets aufs Neue.«
    – Der Superintelligenz QIN SHI zugeschrieben –
     
    In der Dunkelheit schwebte ein Blatt. Es trudelte mitten im All, verankerte sich im Hyperraum und trieb aus.
    Es dauerte lange, bis Kaowen verstand, warum er dieses winzige Ding sehen konnte, obwohl tintige Schwärze herrschte und es nicht aus sich heraus leuchtete.
    Er vermochte es nur aus einem einzigen Grund wahrzunehmen: weil er selbst dieses Blatt war. Völlig hilflos. Dem Universum ausgeliefert. Sein Bewusstsein trudelte in einer unfassbaren Umgebung, und nur die Erinnerung an den rasenden Schmerz war real. All dies war tatsächlich geschehen:
    Der Kampf gegen Perry Rhodan und Navigator Quistus auf dem Gasriesen.
    Das gestohlene Transitparkett.
    Der Dolch in seinem Rücken.
    Die Hitze der eindringenden Giftgasatmosphäre.
    Die letzten Augenblicke vor dem Ersticken.
    Das Schnappen nach Luft, glühende Gase in seinen Lungen, die ihn verbrannten und zugleich vergifteten.
    Der süße Geruch des verdampften Blutes, der wie eine Erinnerung im Raum schwebte.
    Das gleißende Licht.
    Und der Tod.
    Protektor Kaowen war gestorben, während Perry Rhodan und sein iothonischer Begleiter auf dem Transitparkett entmaterialisierten. Sein Bewusstsein war irgendwann nach all der Qual aus dem Körper gezerrt worden. Alles, was ihn mit dem Diesseits und dem dreidimensionalen Universum verband, war unter ihm zurückgeblieben.
    Doch alles, was sein Leben eigentlich bestimmte, blieb bestehen. Ohne den Ballast, den der sterbliche Leib bedeutete. Ohne den Anker, der Form, Rettung und Gefängnis zugleich bildete.
    Kaowen, der Xylthe, wurde sich endgültig seiner selbst bewusst und vergaß die Qual des Sterbens und des Todes. Und als er dies begriff, erkannte er auch seinen Irrtum; weder trudelte er im All, noch verankerte er sich im Hyperraum oder trieb gar aus.
    All das waren Metaphern gewesen, bildliche Umsetzungen, Erfahrungstranfers für die Beschränktheit eines Gehirns, das in materiellen Fesseln gelegen hatte und sich nicht so schnell an die mentale Unbegrenzbarkeit gewöhnen konnte, selbst nach dem Verlust der determinierenden Hülle. Er sah Bilder, die seinem alten Sein, das im Körperlichen verhaftet blieb, begreifbar machen wollten, was geschah.
    Als es ihm endlich gelang, diesen Denkfehler beiseitezuschieben, öffnete sich ihm der Blick auf eine andere Wirklichkeit.
    Er sah ohne Augen; er hörte ohne Ohren; er roch und schmeckte ohne die limitierten Rezeptoren eines Körpers. Sein Potenzial, die Welt zu erfassen, reichte weitaus tiefer, als simple physikalische und biochemische Vorgänge es ermöglichten.
    Und doch fehlte eines: Er vermochte nur zu beobachten. Er war Geist, nicht Körper. Verändern, bewegen konnte er nicht das Geringste.
    Er sah in einen von gleichmäßigem Licht matt erhellten Raum. Zugleich durchdrang sein Blick diese Materie, die Wände, die den Reanimationsraum in der Werft APERAS KOKKAIA umschlossen ... er verließ diesen Ort des Wandels, dessen tiefere Bedeutung er zum ersten Mal verstand.
    Wirklich zum ... ersten Mal?
    Er blickte hinaus ins All, in wirbelndes hyperenergetisches Chaos, ausgelöst von Tryortan-Schlünden, zugleich verheerend wie unendlich schön. Sie schwangen in einem Tanz der Zerstörung.
    Kaowens frei schwebendes Bewusstsein zog mit leichtem Bedauern seine Aufmerksamkeit in den Wiederbelebungsraum zurück. Dort gab es etwas, das volle Konzentration erforderte.
    Der Protektor musterte fünf langgestreckte Behälter, die gläsernen Särgen ähnelten. Sternförmig standen sie inmitten einer leeren Fläche, berührten sich an den Kopfenden. Die transparente Oberfläche gestattete den Blick ins Innere. Drei der fünf Behälter enthielten lang ausgestreckte Gestalten, die ohne Kontakt zu einer der Wandungen regungslos dort schwebten.
    Xylthen.
    Aber nicht allein das. Es waren keine drei unterschiedliche Xylthen, es waren auch keine generischen Topoi des Xylthentums, wie idealisierte Statuen, es war nur ein Xylthe, dreimal der gleiche. Und diesen Xylthen kannte er besser als jeden anderen, denn die Körper, die dort ruhten, glichen seinem eigenen, den er vor seinem Tod beseelt hatte.
    Klone.
    War sein Körper ebenfalls ein Klonkörper gewesen? In diesem Fall wäre er bereits einmal wiedergeboren worden. Oder sogar zweimal? Schließlich fehlten zwei Körper, zwei der Geburtstanks waren leer. Oder dreimal? Gab es irgendwo noch seinen
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