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Süßer Zauber der Sinnlichkeit

Süßer Zauber der Sinnlichkeit

Titel: Süßer Zauber der Sinnlichkeit
Autoren: Deborah Hale
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ihm schier die Sprache verschlug.
    Fünf Jahre zuvor hatte Armand gegen seinen Willen ein Mädchen zurückgelassen. Nunmehr stand ihm die Frau gegenüber, zu der diese Jungfer herangewachsen war.
    Und was für eine Frau!
    Ihr üppiges Haar war kastanienbraun und glänzend! In ihren Augen mischten sich warmes Braun und das frische Grün eines Waldes zur Sommerzeit. Darin schimmerten goldene Pünktchen – wie Sonnenstrahlen, wenn sie sich durch den Baldachin aus grünen Blättern bohren. Einzeln für sich betrachtet, wiesen keine ihrer Züge auf ausgesprochene Schönheit hin: die hohen Wangenknochen, ein kantiges Kinn, dichte Brauen und volle, sinnliche Lippen. Dennoch verschmolzen sie alle zu einem Antlitz von solch bezauberndem Ebenmaß, dass Armand kaum den Blick abzuwenden vermochte.
    "Gibt es dort etwa Ungemach?" Wie heranrollendes Donnergrollen tönte aus dem rückwärtigen Bereich hinter Armand der tiefe Bass von Bruder Ranulf. Einmal mehr fuhr es Armand durch den Sinn, welch vorzüglichen Ordnungshüter der Gute abgegeben hätte!
    "Mitnichten!" Armand warf Dominie einen raschen Blick zu, der sie zur Zusammenarbeit auffordern sollte. Wiederholt war der Vorgänger von Bruder Ranulf dagegen gewesen, dass Armand sein Gelübde ablegte, und zwar mit der Begründung, er habe sein früheres Leben noch nicht ganz aufgegeben. Der neue hingegen wirkte ein wenig umgänglicher und war womöglich schon bald zu überreden … vorausgesetzt, Dominie vermied jegliches Aufsehen!
    Armand wandte sich zu dem Wirtschaftsverwalter des Klosters um. "Bruder Ranulf, dies hier ist Lady Dominie De Montford, meine Pflegeschwester aus Wakeland. Sie ist zu uns nach Breckland gekommen …"
    Er rang nach Worten. Einen Mitbruder zu täuschen wäre nicht nur unehrenhaft gewesen, sondern geradezu eine Sünde. Die Wahrheit hinauszuposaunen, das allerdings konnte womöglich zu allerlei unangenehmen Fragen führen, die er besser nicht beantwortete.
    "Ich bin auf Wallfahrt", verkündete Dominie vollkommen ernst, "um Euren Heiligen Brunnen zu besuchen!" Sie bedachte Bruder Ranulf mit jenem treuherzigen Lächeln, von welchem Armand so häufig in seinen Träumen heimgesucht worden war.
    Bruder Ranulf konnte ihrem Liebreiz nicht widerstehen. "Den ganzen Weg von Wakeland her? Und mutterseelenallein? Liebes Kind, das ist sehr gefährlich! Was fehlt dir denn?"
    Der Unterton in der Frage ließ ahnen, dass sie nicht eben leidend aussah. Da konnte Armand nur zustimmen. Diese junge Frau wirkte viel zu gesund, als dass sie sich eine Wallfahrt auferlegt hätte, bei der sie um Heilung betete.
    "Stechende Bauchschmerzen, Bruder!" Schützend schlang Dominie die Arme um den Leib. Ein Ausdruck stummen Leidens verzerrte ihre Züge, was Armand schließlich überzeugte, dass sie die Wahrheit sagte. "Schon geraume Zeit plagen sie mich. Ich bete darum, dass die heilige Muttergottes ein gutes Wort für mich einlegt. Denn sonst …"
    War Dominie vielleicht todkrank? Ein düsterer, abgrundtiefer Schmerz breitete sich in Armands Leib aus. Zugegeben, seit fünf Jahren hatte er sie nicht mehr gesehen und sogar ernsthaft gebetet, sie möge ihm nie mehr im Leben begegnen. Wie aber kam es dann, dass der Gedanke an eine Welt ohne sie ihn derart bekümmerte?
    Und noch etwas fiel ihm ein. Es war edelmütig von ihr, dass sie sich bei ihm für ihre Gefolgsleute einsetzte! Und alles ohne ein einziges Klagewort über das Gebrechen, das sie nach Breckland Abbey geführt hatte! Armand verachtete sich wegen der fleischlichen Gelüste, die so plötzlich in ihm aufgelodert waren. Vielleicht hatte der alte Abt ja doch recht getan, indem er Armand die volle Mönchsweihe verweigerte!
    Bruder Ranulf schüttelte das Haupt mit der kreisrunden Tonsur. "Ich bete für dich. Möge dir in unserem Hause Heilung zuteil werden, mein Kind! Komm nur um die Hecke herum, dann bringe ich dich zu Bruder Alwyn, unserem Herbergsvater."
    "Ich danke Euch!" Dominie hüstelte verlegen. "Wäre es wohl zu viel des Guten, wenn ich euch bäte, dass Armand … äh, Bruder Peter … mir den Weg zeigen möge? Zu Kindertagen war er mir lieb und teuer wie ein leiblicher Bruder. Hier ganz zufällig auf ihn zu treffen, kommt mir wie ein Zeichen unseres himmlischen Vaters vor!"
    Ihre süße, bekümmerte Art hätte einen Säulenheiligen zu Tränen gerührt. Als Armand begriff, dass Dominie es keineswegs darauf anlegte, ihm Scherereien mit seinen Oberen zu bereiten, fiel ihm ein Stein vom Herzen, auch wenn ihm bei ihren Worten
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