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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod
Autoren: Amanda Cross
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– von ihren Mördern.«
    »Der, den wir fanden, in dem Charlotte Perkins Gilman zitiert ist.«
    »Ja. Das war sehr raffiniert. Es ging darin um eine Frau, die Patrice bewundert hatte, und es ging um Krebs. Und noch mehr: das Zitat ersparte es ihren Mördern, Patrices Stil zu imitieren, was bei einem längeren Text sehr riskant gewesen wäre.
    Ich vermute, sie hatten den Plan, irgendwelchen Selbstmordabsichten, die Patrice nach der Krebsdrohung möglicherweise hegte, nachzuhelfen. Aber das werde ich nie beweisen können. Trotz allem steckt die ganze Episode aber voller Ironie und 134

    ist ein wahres Lehrstück über das Kausalitätsprinzip oder dessen Versagen. Denn wie sich herausstellte, hatte Patrice wirklich Krebs gehabt, Brustkrebs. Aber außer ihren Kindern, und später ihrem Arzt, wußte niemand davon. Ihre Mörder setzten auf Patrices Überzeugung, daß der Tod vorzuziehen ist, wenn das Leben aufhört, lebenswert zu sein. Sie wußten gar nicht, wie das Schicksal ihnen in die Hände spielte und wie leicht Patrice glauben würde, der Krebs sei an anderer Stelle wieder ausgebrochen.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß sie Brustkrebs hatte«, sagte die Rektorin, »ich wünschte, ich hätte es gewußt.«
    »Nun, wie so oft, riet ich einfach drauf los«, fuhr Kate fort. »Außerdem lasse ich mich gern von der Literatur inspirieren. Archer sagte, wie dieser Fall ausgehen würde, sei so unmöglich zu erraten wie der Ausgang von ›Edwin Drood‹. Ein Roman, von dem Dickens dreiundzwanzig Kapitel schrieb und den er nie beendet hat. Darüber zu spekulieren, wie er den Roman hätte enden lassen, ist eines der beliebtesten literarischen Spiele, fast so beliebt wie das Erfinden von Fortsetzungen zu ›Stolz und Vorurteil‹.«
    »Irgendwo bei Ihrer Anspielung auf Dickens habe ich, glaube ich, den Faden verloren.«
    »Verzeihung. Der Punkt bei ›Edwin Drood‹ ist, daß es dort einen Mann namens Datchery gibt, der eindeutig als jemand anderer auftritt als er ist. Wer er wirklich ist, werden wir natürlich nie erfahren. Dann kommen noch Zwillinge vor, ein Junge und ein Mädchen, und das Mädchen spielt eindeutig…« Die Rektorin sah inzwischen so aus, als wäre sie mit einer reichen Ehemaligen im Zimmer eingeschlossen, die sich nicht nur als entlaufene Irre entpuppt, sondern auch noch als verarmt.
    »Gut, ich will Ihnen meinen ganzen Gedankengang ersparen«, beeilte sich Kate. »Jedenfalls dachte ich über Verkleidungen nach, die Eigenheiten der Geschlechter, was ja auch das Thema des Forschungsprojekts war, und…« Kate hielt inne. »Mir wurde plötzlich klar, daß das Problem darin lag, wie Patrice tot im See gefunden wurde – ohne jede Druckstelle am Körper, ohne Drogenspuren im Blut. Und doch war es Mord. Wie befördert man eine große und kräftige Frau in die Mitte eines recht großen Sees? Hätte man ihr ein Mittel gegeben oder sie bewußtlos geschlagen, so wäre das bei der Autopsie ans Licht gekommen. Da, und nirgendwo sonst, lag das Problem.«
    Die Rektorin nickte und sah erleichtert aus. Man war zu den Fakten zurückgekehrt. »Und dann plötzlich«, sagte Kate, »traf es mich wie ein Donnerschlag. Der neu ausgesäte Rasen, den Sie erwähnten. Der Swimmingpool.
    Geddes’ Langzeitstudie. Ich machte einen Spaziergang und beschloß zu graben, oder vielleicht faßte ich den Entschluß auch schon, nachdem Archer Dickens erwähnt hatte. Eins jedenfalls wußte ich: fanden wir keinen Beweis, blieben wir für alle Zeit im ungewissen. Und sollte ich mich irren, sagte ich mir, würde ich mich 135

    entschuldigen, für den angerichteten Schaden zahlen, und so tun, als wäre ich betrunken gewesen und hätte mich aus Gründen, die nur mich etwas angehen, mit Mr. O’Malley amüsiert. Aber, wie Sie wissen, habe ich mich nicht geirrt.«
    »Sie fanden ein Rohr. So viel habe ich erraten.«
    »Ja, es führte vom See zum Swimmingpool, so daß Geddes ihn mit Seewasser vollpumpen konnte. Er mußte den Rasen neu einsäen, um sein Graben zu vertuschen. Und das Rohr natürlich. Jedenfalls – er hat Patrice im Pool ertränkt. Er mußte ja dafür sorgen, daß in ihren Lungen Seewasser gefunden würde. Das übliche Chlorwasser hätte nicht funktioniert. Und natürlich ist es einfacher, jemanden in einem Pool zu ertränken, als ihn in die Mitte des Sees zu schleppen, wo es wahrscheinlich zu einem Kampf gekommen wäre, man leicht gesehen werden konnte, et cetera. Der Pathologe stellte eindeutig Tod durch Ertrinken fest.
    Die
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