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Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)

Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Monica McCarty
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1
    »Ein Gesetz ist keine Gerechtigkeit.«
Schottisches Sprichwort
     
     
    Ascog Castle, Isle of Bute, Schottland, Juni 1608
     
    C aitrina Lamont beobachtete im Spiegel, wie ihr die junge Dienerin das letzte Stück der Spitzenhalskrause im Nacken feststeckte. Die zarte, mit winzigen Juwelen bestickte Spitze umrahmte ihr Gesicht wie ein funkelnder Heiligenschein. Sie verkniff sich ein schelmisches Lächeln, denn diesbezüglich gab sie sich keinen Illusionen hin. Wie ihre Brüder so oft und gern behaupteten, war sie viel zu kühn und eigensinnig, um jemals für einen Engel gehalten zu werden. »Ein Mann wünscht sich ein fügsames und sittsames Mädchen als Ehefrau«, neckten sie Caitrina für gewöhnlich, wohl wissend, dass sie sie dadurch nur zum Gegenteil ermutigten.
    Als sie schließlich fertig war, trat sie ein paar Schritte zurück, um ihr neues Gewand in dem kleinen Spiegel besser betrachten zu können. Ihre Augen funkelten vor Aufregung. Das Kleid war wirklich prachtvoll. Begeistert suchte sie im Spiegel den Blick ihrer geliebten Amme.
    »Oh Mor, ist das nicht das herrlichste Kleid, das du je gesehen hast?«
    Mor hatte die ganze Prozedur mit der stummen Bestürzung einer Mutter beobachtet, deren Sohn zum ersten Mal in die Schlacht zieht, und dieser Vergleich war nicht zu weit hergeholt. An diesem Abend gab es ein großes Festmahl, um die Eröffnung der Highlandspiele zu feiern, die in diesem
Jahr auf Ascog abgehalten wurden. Und Caitrina war sich sehr wohl bewusst, dass ihr Vater die Hoffnung hegte, ihre Verlobung mit einem der vielen Highlander zu arrangieren, die zuhauf in der Burg einfallen würden, um ihre Kraft und Geschicklichkeit zu messen. Doch schnell verdrängte sie diesen unangenehmen Gedanken wieder, bevor er ihr die Freude über das Geschenk trüben konnte.
    »Herrlich?« Die ältere Frau schnaubte missbilligend und warf einen bedeutsamen Blick auf den tiefen Ausschnitt des Mieders, wo Caitrinas Brüste beinahe das enge Gefängnis aus Stäben und Satin sprengten. Energisch schob Mor die junge Dienerin aus dem Zimmer und fuhr dann mit ihrer Tirade fort.
    »Schamlos trifft es eher. Und ich weiß wirklich nicht, was mit den zwanzig anderen ›herrlichen‹ Kleidern nicht stimmt, die du im Wandschrank hängen hast.«
    Caitrina rümpfte die Nase. »Oh Mor, du weißt doch, ich habe keines wie das hier.« Sie warf einen Blick auf die üppigen Hügel, die sich hoch über den Rand des Kleides wölbten. Der Ausschnitt war wirklich ziemlich tief. Beinahe konnte sie den rosigen Rand ihrer … Schnell kämpfte sie ein Erröten nieder, denn das hätte Mor nur noch mehr Grund gegeben, mit ihr zu streiten. »Dieses Kleid ist völlig schicklich«, sagte sie stattdessen bestimmt. »All die modischen Damen bei Hofe in Whitehall tragen Kleider genau wie dieses.«
    Mor murmelte etwas, das sich verdächtig nach ›verdammte englische Narren‹ anhörte, was Caitrina geflissentlich überhörte. Jahrhundertelange Feindschaft ließ sich nicht einfach vergessen, nur weil Schottlands König auch König von England geworden war. Sie hob die blassgoldene Seide an, die das vom Fenster hereinfallende Licht in irisierenden Wellen einfing, und seufzte verträumt. »In diesem Kleid fühle ich mich wie eine Prinzessin.«
    Die alte Frau schnaubte verächtlich. »Nun, es hat ja auch ein königliches Vermögen gekostet, so ein Gewand den ganzen Weg von London bis auf die Isle of Bute kommen zu lassen.« Verständnislos schüttelte Mor den Kopf. »Völlig unsinnig, wo es doch auch in Edinburgh hervorragende Schneider gibt.«
    »Aber sie sind beklagenswert altmodisch, was die neuesten Schnitte betrifft«, protestierte Caitrina. Dennoch machte ihr etwas, das Mor gesagt hatte, zu schaffen, und sie biss sich auf die Unterlippe, denn sie hatte nicht bedacht, was die Großzügigkeit ihres Vaters gekostet hatte. »Denkst du wirklich, es war zu kostspielig?«
    Nicht in der Lage, ihre Belustigung zu verbergen, zog Mor süffisant eine Augenbraue hoch. »Erpressung ist nun mal nicht gerade billig.«
    Um Caitrinas Mundwinkel zuckte es, als sie sich erneut ein Lächeln verkniff. »Es war keine Erpressung. Das Kleid war schließlich Vaters Idee. Zweifellos fühlte er sich schuldig, weil er mich dazu zwingt, die Aufmerksamkeiten der eitlen Pfaue zu ertragen, die er in endloser Reihe in unserem Saal aufmarschieren lässt. Ich glaube, er hat nur deshalb eingewilligt, die Spiele auf Ascog stattfinden zu lassen, weil er hofft, dass ich unter der
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