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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod
Autoren: Amanda Cross
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medizinischen Details dieser Todesart will ich Ihnen ersparen. Sie –
    wahrscheinlich waren es alle beide – drückten Patrice im Pool unter Wasser, wobei sie darauf achteten, ihr keine Prellungen zuzufügen. Vielleicht hatten sie sie betrunken gemacht. Bei der Autopsie wurde zwar nur eine geringe Menge Alkohol festgestellt, aber etwas eben doch. Ich habe mich in die Pentothal-Theorie verliebt, aber die ist problematisch. Jedenfalls, im Verlauf dieser ganzen Untersuchung lernte ich eine Menge über Swimmingpools. Der Pool der Geddes ist aus Beton und muß jeden Herbst geleert und im Juni wieder gefüllt werden, damit das Becken im Winter nicht platzt. Es gibt auch Plastikpools, die das Wasser von einem Jahr zum anderen behalten, aber das gehört wohl kaum hierher.«
    »Kaum. Und warum sind Sie ins Haus eingebrochen? Wonach haben Sie gesucht?«
    »Oje. Die Sache sollten Sie lieber vergessen. Ich suchte nach zwei Dingen, das heißt im Grunde nur nach einem: dem Manuskript des Buches, an dem Patrice gearbeitet hatte. Das fand ich zwar nicht – aber darauf werde ich gleich zurückkommen. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie schwierig es ist, eine Geschichte der Reihe nach zu erzählen?«
    »Ja, doch«, sagte die Rektorin und verkniff sich, wie Kate deutlich spürte, den Zusatz: »In der letzten Zeit.«
    »Als ich im Haus war«, sagte Kate, die diesen Beinahe-Geistesblitz mit einem Lächeln belohnte, »meinte Bob O’Malley, ›Warum suchen wir nicht nach der Pumpe?‹ ›Pumpe?‹ fragte ich. ›Er mußte das Wasser doch hochpumpen‹, sagte O’Malley. ›Freiwillig ist es nicht hoch in den Pool gelaufen. So was tut Wasser nicht, wissen Sie.‹ Und im Keller fanden wir dann eine Wasserpumpe, von der O’Malley meinte, sie habe den Zweck gut erfüllen können. Sie wollten es ja so genau wissen«, fügte Kate hinzu. Sie sehnte sich nach einer Zigarette, hatte aber das Gefühl, die Rektorin habe schon genug zu ertragen.
    »Den Rest der Woche habe ich dann die verschiedensten Punkte geklärt, z.B.
    daß Gladys Geddes vor ihrer Ehe Krankenschwester war. Ich ging sogar so weit, 136

    mit Perücke, Brille und Sandalen in meinen Fachbereich zu spazieren – niemand erkannte mich. Dieser Teil war wirklich spaßig. Ein solches Spiel funktioniert natürlich besonders gut, wenn man älter ist und, wie in unserer Gesellschaft üblich, einen die Leute kaum noch beobachten. Dann mußten wir natürlich rekonstruieren, was hier an dem Tag los war, an dem Patrice starb. Mit Ihrer freundlichen Hilfe taten wir eine Ehemalige auf, die um sechs Uhr an jenem Abend mit Patrice gesprochen hatte, und wir konnten niemanden ausfindig machen, der sie danach gesehen hatte. Die Einladung zu einem Dinner der Ehemaligen hatte Patrice unter dem Vorwand abgelehnt, sie sei müde und müsse früh zu Bett. Wie die Geddes sie zu sich lockten – ›Oh, schauen Sie doch grad auf ein Gläschen Ihres geliebten Laphroaig herein‹ – werden wir vielleicht nie erfahren. Um die Abendessenszeit war niemand in der Nähe des Hauses der Geddes; wen hätte es auch dorthin ziehen sollen? Sie ertränkten sie und versteckten die Leiche im Haus, und spät in der Nacht ruderten sie sie wahrscheinlich mit dem Boot in die Mitte des Sees und steckten ihr Steine in die Taschen, aber das taten sie vielleicht auch schon vorher.
    Sie legten den Abschiedsbrief in ihre Wohnung – hineinzukommen war ein leichtes; wahrscheinlich haben sie sich Schlüssel nachmachen lassen. Alles war von langer Hand geplant.«
    »Aber warum?«
    »Das Motiv eines Verbrechens muß man nicht nachweisen; das sagt Reed mir immer wieder. Aber ich kann es erraten. Zum einen haßten sie Patrice; sie haßten sie einfach. Ja ich weiß, so etwas zählt vor Gericht nicht, zumal Professor Geddes immer darauf bedacht war, freundlich über Patrice zu reden; und Gladys machte aus ihrer Abneigung gegen alle Akademikerinnen so wenig Hehl, daß ihr Haß auf Patrice nicht weiter auffiel. Während seiner vielen Stunden im Flugzeug las der gute arme Herbert den ersten Band von Geddes’ Langzeitstudie. Ich habe zwar immer noch nicht alle Fakten beisammen, glaube aber, daß Geddes in der Klemme steckte. Forschungsgelder werden an allen Ecken und Enden gekürzt, ganz besonders bei den Sozialwissenschaften. (Für die Geisteswissenschaften gab es natürlich noch nie irgendwelche nennenswerten Gelder.) Viele von Geddes’
    Studentinnen waren zu Patrice übergewechselt, die in seine Domäne eingedrungen war, wissen Sie,
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