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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland
Autoren: Frances G. Hill,
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sich dem Eingang näherten, verließ ein hochgewachsener Elf das Haus. Alana bemerkte, dass der Fremde ihnen einen Blick zuwarf, der eher neugierig als beiläufig wirkte. Sie verlangsamte ihren Schritt und ließ Aindru vorangehen. Wer war der Mann? Sie hatte ihn nie zuvor gesehen. Ob ihm der schöne Grauschimmel gehörte, von dem Garnet so hingerissen war?
    Der Elf hatte sich abgewandt und ging in Richtung der Stallungen davon. Er trug schlichte Kleider in dunklen Grau- und Blautönen, seine Stiefel waren staubig und seine Hosenbeine an manchen Stellen ausgeblichen. Ganz sicher war er kein Junker, sondern ein Soldat oder Schreiber, dachte Alana. Wahrscheinlich gehörte das Pferd seinem Dienstherrn. Auch sein kurz geschorenes Haar war nicht das eines Edlen. Eine solch seltsame Haartracht hatte sie bisher nur an den menschlichen Bediensteten ihres Vaters beobachtet. Alana tastete unwillkürlich nach den Haarsträhnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten.
    Sie wandte noch einmal den Kopf nach dem Elfen, bevor sie hinter Aindru den Hauseingang erreichte. Im gleichen Moment schaute auch der Mann über seine Schulter und ihre Blicke trafen sich. Alana lief ein kleiner Schauder über den Rücken. Selbst auf die Entfernung erschienen ihr die Augen des Fremden so hell, kalt und unergründlich wie die eines Raubvogels.
    Die tief stehende Sonne blendete sie und ihr wurde schwindelig. Für den Bruchteil eines Augenblicks, kürzer als ein Blinzeln, wusste sie nicht mehr, wer sie war oder wo sie sich befand. Sie sehnte sich nach einem heißen Bad, weil ihre Beine noch vom gestrigen Ritt schmerzten, aber der Rückweg war noch lang und Badezuber und weiches Bett lagen weit in der Ferne. Das Mädchen musste Dainas Tochter sein, ein hübsches Elfchen mit Bernsteinaugen. Audra. Ivaylo. Großes Bedauern. Trauer und Sorge.
    Die Welt drehte sich mit einem Ruck weiter. Alana schüttelte sich. Hatte sie im Wachen geträumt? Der Mann, den sie beobachtet hatte, setzte seinen Weg fort. Es drängte sie danach, hinter ihm herzulaufen und ihn zu fragen, warum er hier war, was er von ihr wollte.
    »Wer ist das, Aindru?«, fragte sie halblaut. Es war eigentlich unnötig, die Stimme zu dämpfen, denn die gesamte Länge des Hofes lag zwischen ihnen und dem Fremden.
    Aindru drehte sich in der Tür noch einmal um und starrte in die Richtung, die Alana ihm wies. Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Ein Bediensteter? Komm schon, trödle nicht so herum.«
    »Spiel dich nicht auf, Aindru«, erwiderte sie aus alter Gewohnheit, aber ihre Gedanken waren bei dem fremden Elfen, dessen Erscheinen sie so eigentümlich und grundlos beunruhigte.
     
    Das Gemeinschaftszimmer der Elfenfamilie lag im südlichen Flügel des Hauses und blickte auf den Blumengarten hinaus, der der ganze Stolz von Alanas Mutter war. Jetzt im Sommer war ein Teil der Außenwand entfernt worden, sodass der Garten mit all seiner Blütenpracht und den hohen, sich sanft im Wind wiegenden Goldblattpappeln ein Teil des Zimmers zu sein schien.
    »Da seid ihr«, empfing sie die ungeduldige Stimme ihres Vaters. »Aindru, Alana, ich muss mit euch reden.«
    Alana sah ihre Mutter an, die hinaus in den Garten blickte und gar nicht zu bemerken schien, dass ihre Kinder ins Zimmer gekommen waren. Sie hielt ein Taschentuch in der Hand, das sie faltete, zerknüllte und erneut zusammenfaltete, ruhelos und geistesabwesend. Ihr Gesicht war ernst und in sich gekehrt, und Alana glaubte, die Spur von vergossenen und wieder getrockneten Tränen in ihm zu erkennen.
    Sie sah ihre Mutter an und hörte nicht, was Gondiar zu ihnen sagte. Ihr Bruder stieß sie verstohlen an.
    »Alana, bist du bei uns?«, fragte Gondiar. Seine Stimme war ruhig, aber unter der Oberfläche war Zorn zu spüren.
    Sie nickte hastig. »Entschuldige, Vater. Ich habe nur nachgedacht, wer der Mann war, den wir draußen getroffen haben.«
    »Das ist jetzt nicht wichtig«, wies ihr Vater sie zurecht. Er strich mit einer ungeduldigen Geste sein weizenblondes Haar aus der Stirn. Seine Brauen hatten sich über der schmalen Nase düster zusammengezogen. Alana schluckte. Gondiar hatte nie schlechte Laune und seine Tochter kannte ihn nur geduldig und liebevoll. Was auch immer geschehen war, es hatte Alanas Mutter zum Weinen gebracht und ihren Vater in eine Stimmung versetzt, die ihn in einen fremden Elfen verwandelte.
    Alana warf ihrem Bruder einen schnellen Seitenblick zu. Sogar der zerstreute Aindru hatte bemerkt, dass etwas nicht
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