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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland
Autoren: Frances G. Hill,
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stimmte. Er hielt sich sehr gerade und presste konzentriert die Lippen aufeinander. Wie er so dastand, ähnelte er seinem Vater bis in die Haarspitzen.
    Alanas Blick zuckte wieder zu ihrer Mutter. Daina rieb sich gedankenverloren über die Lippen. Das Taschentuch lag vergessen in ihrem Schoß. Sie schien an einem weit entfernten Ort zu weilen.
    »Also, noch einmal für dich, Alana. Sei so freundlich und höre mir zu.« Gondiar verschränkte die Hände auf dem Rücken und senkte das Kinn, bis es beinahe sein laubgrünes Hemd berührte. Er musste gerade aus dem Wald gekommen sein, begriff Alana. Dort über dem Stuhl lag sein Sommermantel und an seinen halbhohen Stiefeln klebte rötliche Erde.
    »Unsere Familie wird ein neues Mitglied willkommen heißen, und ich möchte, dass ihr beide ganz besonders freundlich zu ihm seid«, erklärte Gondiar. Der unterdrückte Grimm ließ seine Stimme etwas tiefer klingen als gewöhnlich. »Der Junge heißt Ivaylo. Er ist euer Cousin, der Sohn eurer Tante Audra.«
    Daina stieß einen erstickten Laut aus. Gondiar eilte mit zwei großen Schritten zu ihr und nahm sie in die Arme. Alana hörte, wie ihre Eltern leise miteinander sprachen, aber sie konnte nicht verstehen, was sie sagten.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte sie gedämpft ihren Bruder.
    Aindru schüttelte den Kopf. »Ich bin genauso klug wie du«, erwiderte er leise. »Wusstest du, dass wir einen Cousin haben? Oder eine Tante?«
    Alana hob die Hände und ließ sie wieder sinken. »Seltsam«, murmelte sie.
    Gondiar streichelte seiner Frau tröstend über die Schulter. Alana sah, dass ihre Mutter unter Tränen zu lächeln versuchte. Sie nahm ihr Taschentuch, trocknete sich die Augen und putzte sich die Nase, während Gondiar sich wieder an seine Kinder wandte.
    »Wo war ich? Ach ja. Seid nett zu eurem Cousin. Er macht eine schwere Zeit durch, seine Eltern sind vor einiger Zeit ...« Gondiar räusperte sich, schien zu überlegen. »Sie sind fortgegangen«, vollendete er seinen Satz.
    »Fort?«, fragte Alana. Gondiar sah sie beinahe wütend an.
    »Fort. Mehr müsst ihr nicht wissen.«
    »Und der Junge ‒ Ivaylo? Warum ist er nicht mit ihnen gegangen?«, fragte Aindru schnell, ehe seine Schwester weiter nachhakte.
    Gondiar schlug erbittert die Hände ineinander. Es klatschte laut und Daina zuckte zusammen.
    »Ivaylo lebt von jetzt an bei uns.« Gondiar sah Alana und Aindru eindringlich an. »Ihr bereitet ihm großen Kummer, wenn ihr versucht, mit ihm über seine Eltern zu sprechen. Ich wünsche, dass ihr das unterlasst.«
    Alana runzelte die Stirn. Aindru sah sie von der Seite an und versuchte, ihren Blick zu erhaschen. Obwohl er der Ältere war, war es für gewöhnlich Alana, die den Ton angab.
    »Wir werden es unterlassen«, sagte sie schließlich widerwillig. »Aber ...«
    Als sie den Blick ihres Vaters sah, schluckte sie ihren Einwand lieber hinunter und fragte stattdessen: »Wann kommt der Junge zu uns?«
    »Er ist schon da. Er ruht sich aus, der Ritt war anstrengend für ihn.«
    Alana sperrte den Mund auf. »Oh«, machte sie verblüfft.
    »Wir haben ihm das Fuchszimmer gegeben«, fuhr Gondiar fort.
    »Das Fuchszimmer?«, fuhr Alana auf. »Aber das sollte doch ich ... Ihr habt mir versprochen, dass ich das Zimmer bekomme, wenn Edur an den Königshof geht!«
    Daina ging zu ihrer Tochter und streichelte ihr über den Kopf. »Edur hat sich bereit erklärt, bis zu seiner Abreise in der freien Dienstbotenkammer zu wohnen, damit Ivaylo ein eigenes Zimmer hat«, erklärte sie. »Und du bist nicht weniger großzügig als einer unserer Eidmänner, das weiß ich.«
    Alana gab sich alle Mühe, ihre Enttäuschung herunterzuschlucken und nicht beleidigt zu sein. Das Fuchszimmer! Seit sie denken konnte, wollte sie das wunderschöne Eckzimmer für sich haben. Das Zimmer, auf das sie sich so gefreut hatte, mit seiner Betthöhle, dem runden Fenster und dem winzigen heckenumschlossenen Gärtchen davor, das ganz allein ihr gehört hätte.
    Sie schniefte und nickte. »Er soll es haben«, sagte sie. Aindru räusperte sich. »Seine Eltern kommen doch bestimmt irgendwann wieder nach Hause und dann kehrt er zu ihnen zurück. Oder?«
    Alana bemerkte den Blick, den ihre Eltern tauschten. »Nein?«, fragte sie verdutzt.
    Wieder war es Daina, die das Wort ergriff. »Wir wissen es nicht genau«, erklärte sie besänftigend. »Sei geduldig, meine kleine Flaumfeder. Bitte.«
    Alana sah Aindru an, der ratlos mit den Achseln zuckte. Was war das nur
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