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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland
Autoren: Frances G. Hill,
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seiner Seele. Der dunkle Elf hatte ihn belogen und verraten. Hatte Munir ihm nicht versichert, er werde sich um ihn kümmern? Und jetzt brachte er ihn fort, zu Leuten, die Ivaylo nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte.
    Sie waren lange vor dem Morgengrauen aufgebrochen. Die Mauern des Königssteins ragten düster und drohend über ihnen auf und verdeckten die Sterne am Himmel. Ivaylo stand zitternd vor Kälte und Müdigkeit im Hof. Munir war wortkarg und ungewöhnlich schroff. »Du kannst doch reiten?«, waren die einzigen Worte, die er an Ivaylo richtete, während sie warteten.
    Dann brachte ein gähnender Reitknecht ihre Pferde, und Munir trieb Ivaylo mit einer ungeduldigen Handbewegung an, als der Junge ihm nicht schnell genug aufs Pferd stieg.
    Der Sattel war ungewohnt. Ivaylo bewegte sich unbehaglich auf dem harten Leder und sehnte sich nach dem vertrauten Gefühl des festen, warmen Pferdeleibs zwischen seinen Schenkeln. Als sie ihre erste Rast einlegten, waren seine Beine wund gescheuert und seine Muskeln waren steif und schmerzten.
    Munir nahm keine Rücksicht darauf. Als wären sie vor irgendetwas auf der Flucht, ließ er nach einer kurzen Pause wieder aufsitzen und weiterreiten.
    Ein Stück hinter dem Königsstein schlossen sich ihnen zwei schweigsame Begleiter an. Sie waren mit Schwertern und Bögen bewaffnet und trugen die dunkle Tracht der Jäger Auberons.
    Ivaylo verspürte eine unerklärliche Furcht und ein Gefühl wie Abscheu oder sogar Hass, als er die beiden Elfen erblickte. Er konnte es sich nicht erklären, denn er kannte die Jäger nicht. Sie hatten ihm sogar freundlich zugenickt, als sie sich ihnen anschlossen, aber Ivaylo verschloss sein Gesicht wie eine dunkle Kammer und zog sich tief in sein Inneres zurück.
    Die Gegend, durch die ihr Ritt sie führte, war ihm fremd. Lichte Auwälder wechselten sich mit Grasland ab, ein Stück des Wegs führte sie am Ufer eines behäbig dahinfließenden Flusses entlang, dann erklommen sie eine kleine Anhöhe, ritten durch weite Felder und durchquerten sogar eine Ansiedlung der Menschen. Ivaylo schenkte alldem keine Beachtung. Er hatte die menschlichen Bediensteten am Königsstein anfangs bestaunt, aber sich dann schnell an ihren Anblick gewöhnt.
    Sie wechselten ihre Pferde an einer Poststation, die ebenfalls von Menschen geführt wurde, legten eine etwas längere Rast ein und ritten dann weiter.
    Am Ende des langen Tages versank die Sonne hinter einer Hügelkuppe, tauchte den Himmel in flammende Farben und die Landschaft in rötliches Licht. »Wir sind da«, sagte Munir.
    Trotz seiner Erschöpfung richtete sich Ivaylo im Sattel auf und beschattete die Augen mit der Hand. Das, worauf Munir deutete, war augenscheinlich nur ein kleines Wäldchen. Aber dann sah er ein Hausdach und hörte Hundebellen, und was er für ein Wäldchen gehalten hatte, entpuppte sich als eine Baumreihe, hinter der sich ein lang gestrecktes, niedriges Gebäude verbarg.
    Die beiden Jäger, die den ganzen Ritt über kein Wort gesagt hatten, tauschten einen Gruß mit Munir, nickten Ivaylo erneut freundlich zu, wendeten ihre Pferde und ritten zurück. Ivaylo schaute ihnen erstaunt hinterher und Munir zuckte mit einem Lächeln die Achseln.
    Dann ritten sie in den Hof des Anwesens ein. Ivaylo stieg mit weichen Knien aus dem Sattel und beobachtete gleichgültig vor Müdigkeit, wie ein hochgewachsener Elf aus der Tür trat und Munir begrüßte. Die beiden Männer schienen sich recht gut zu kennen, obwohl die Begrüßung nicht allzu herzlich, sondern eher reserviert ausfiel.
    Dann sah der Elf Ivaylo an und der kühle Blick seiner Augen erwärmte sich. »Du bist also mein Neffe«, sagte er und streckte die Hand aus. Ivaylo ergriff sie nach einem kurzen Zögern, und der Mann zog ihn in eine kurze, herzliche Umarmung, die den Jungen überraschte. »Ich bin Gondiar«, sagte der Elf. »Und dort kommt deine Tante Daina.«
    Ivaylo starrte die Elfe an, die jetzt aus dem Haus gelaufen kam. Lohfarbenes Haar flog um ihr Gesicht, honigdunkle Augen strahlten ihn an, sie breitete weit die Arme aus und rief »Ivaylo!«.
    »Mam...«, er schluckte es hastig hinunter und beinahe erstickte er daran. Es war das Gesicht aus seinen Träumen, die Stimme seiner Mutter, und jetzt fühlte er die vertraute Umarmung, ihre weiche Hand, die über seine Wange streichelte. »Tante Daina?«, fragte er ungläubig.
    »Sei willkommen, Ivaylo«, flüsterte sie in sein Ohr. »Sei von Herzen willkommen. Solange du bei uns
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