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Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2)

Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2)

Titel: Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2)
Autoren: Alfred Bekker
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Problem einfach darin begründet, dass die Obersten Bibliothekare ihre Kunst zu selten in der Öffentlichkeit einer größeren Höhle zeigen. Das kunstvolle Handwerk wurde nur bei der Sterbezeremonie eines vor der Transformation stehenden Wloom oder bei feierlichen rituellen Anlässen – wie zum Beispiel bei der Einführung eines neuen Anführers – zugänglich gemacht.
    Während dieser rituellen Einführung, an der Seng nun teilnahm, gab es keine Zeugen. Nur ein Oberster Bibliothekar mit dem Status eines Eingeweihten und der neue Anführer durften anwesend sein. Kommunikation war nur mit Gesten und Tanz erlaubt. Die Farbspiele auf der Oberfläche der Wloom-Membran galten als viel zu profan für derartige Augenblicke. Was nicht im Tanz gesagt werden konnte, dass sollte in einem so erhabenen Moment auch besser unkommuniziert bleiben – so der in der Tradition vorherrschende Tenor.
    Seng folgte dem Eingeweihten. Rechts und links waren Wurzelbücher zu sehen. Seng erkannte ehrfürchtig am Geruch, dass sie noch viel älter waren, als selbst die ältesten Schriften, die er bisher mit seinen Sinnen erfasst hatte. Dann traten sie beide vor eine goldene Tür.
    Sie war kalt und metallisch. Und außerdem ging von ihr ein Leuchten aus, das dem der fluoreszierenden Steine glich, die hier am Ort der Dunkelheit als Quelle des Lichts genutzt wurden.
    ›Was ist dies für ein Ort?‹, fragte Seng ergriffen. Er tastete mit einem seiner Tentakel nach der goldenen Tür, strich darüber und hatte sogleich das Gefühl, etwas ungeheuer Erhabenes zu berühren. Das Leuchten, das von der Tür ausging, wurde intensiver. So intensiv, dass es Sengs Wahrnehmung zu blenden drohte. Ein Kribbeln durchlief seinen Körper.
    Es war die eigenartigste und gleichzeitig schockierendste Empfindung, die ihm je zuteil geworden war.
    Seng schreckte zurück. Er verdrehte zwei seiner Tentakel vor lauter Schreck und taumelte schließlich zu Boden. Der Oberste Bibliothekar schien nicht überrascht zu sein.
    ›Es ist nur beim ersten Mal überraschend‹, versuchte er Seng zu erklären.
    ›Man gewöhnt sich daran. Es ist wie das Licht ohne Farbe , das seit dem Überfall der affenartigen Fremden die Oberfläche unserer Welt zu einem Ort macht, an dem man sich nicht länger als unbedingt notwendig aufhalten sollte.‹
    Seng war überrascht. ›Eine weitere Art von unsichtbarem Licht?‹ Eine Art von Licht, von deren Existenz er noch nie etwas gehört hatte, obwohl er doch so viel gelesen und von der Weisheit der Mentoren in sich aufgenommen hatte! War dies das Geheimnis, das vor den gemeinen Wloom bewahrt wurde, damit es den Kreis der Eingeweihten nicht verließ und vor allem keinem Fremden zuteil wurde? Der Oberste Bibliothekar verneinte dies.
    Die kribbelnde Kraft sei zwar auch unter den Wloom weithin unbekannt, aber das liege daran, dass die meisten von ihnen niemals damit in Berührung kämen.
    ›Sag mir, wo sind wir jetzt?‹, wollte Seng nun definitiv wissen. Ihm wurde nämlich sehr unbehaglich und er hatte das Gefühl, dass es irgendwie mit der kribbelnden Kraft zu tun hatte.
    Der Oberbibliothekar führte seinen Tanz fort, und was er dem neuen Anführer zu sagen hatte, verwirrte diesen zutiefst.
    Danach standen sie vor dem legendären Haus der Mentoren .
     
    *
     
    Seng hatte immer geglaubt, dass das Haus der Mentoren ein Ort der Legende war. Ein Mythos, eine Imagination späterer Zeiten, als die Mentoren schon lange nicht mehr existiert hatten, sich das Volk der Wloom aber nichts sehnlicher gewünscht hätte als ihre Rückkehr.
    Und nun stand er angeblich vor genau diesem Ort.
    Hier hatten sie gewohnt. Hier hatten sie sich vor ihren Feinden verborgen. Und hier musste es auch zu der legendären Begegnung zwischen dem Anführer Sengeng und dem Ersten Mentor gekommen sein, der in den Überlieferungen des Wloom-Volkes eine so entscheidende Rolle spielte.
    Der Oberste Bibliothekar legte, nachdem er seinen Tanz in aller Ausführlichkeit und Formvollendung abgeschlossen hatte, eines seiner Tentakel auf einen bestimmten Punkt auf der golden schimmernden Fläche.
    Die Fläche veränderte ihre Farbe, wurde für einen kurzen Moment silbern und gab den Weg frei. Die Tür schwang lautlos beiseite. Das Haus selbst schien tatsächlich eine Seele zu haben, so wie es die Legenden vom Haus der Mentoren überlieferten. Und diese Seele verstand offensichtlich die Gestensprache der Wloom.
    ›Findest du das wirklich erstaunlich?‹, fragte der Oberste Bibliothekar mit
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