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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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unpolitisch, wie sie vorgäben. Ganz im Gegenteil. Laut Häberli soll Vater Uruthiramoorthy sogar jahrelang zum innersten Zirkel des LTTE-Ablegers in der Schweiz gehört haben und sich insbesondere um den Transfer von Geldern gekümmert haben.«
    »Das könnte Sinn machen«, überlegte Gret. »Vielleicht wurde Rexon deshalb auf ihn angesetzt.«
    »Was machen wir denn jetzt?«, fragte Michael beinahe verzweifelt. »Wir haben uns verhalten wie die letzten Hornochsen! Außerdem sollten wir Staub informieren. Oder nicht?«
    Gret neigte schon dazu, ihm zuzustimmen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Staub wird in weniger als vierundzwanzig Stunden in den Flieger steigen«, erklärte sie. »Wenn wir ihm jetzt mitteilen, dass sein Täter Frank Müller gar nicht existiert, wird er nie mehr zurückkehren.«
    »Da könntest du recht haben.«
    »Er muss ja schon froh sein, wenn er überhaupt je wieder als Kantonspolizist arbeiten darf«, fügte sie hinzu.
    »Okay, wir lassen es«, pflichtete Michael ihr bei. »Und wir? Was unternehmen wir?«
    Gret dachte kurz nach. Dann meinte sie grimmig: »Ich fahre jetzt umgehend zu Lathans fideler Schwester, die mir den Schwachsinn mit der Zwangsheirat eingeredet hat.«

Staub sieht einen Totenschein
    Rainer Schütz’ Laptop gurrt wie ein sanftmütiges Täubchen. Seit Minuten betrachte ich verschiedene Fotos, die allesamt Müller, Premadasa und den in Zürich zu Tode gekommenen Rexon zeigen. Die Bilder scheinen von relativ weit weg aufgenommen worden zu sein, mit einem starken Teleobjektiv. Auf zweien davon ist im Hintergrund verschwommen Müllers Löwengehege zu sehen.
    Seltsam ist nicht nur die miserable Qualität der Fotos, sondern auch, dass Hugentobler sie nicht etwa auf der Festplatte gefunden hat, sondern in einer Mail, die im Ordner Gesendete Objekte gespeichert war. Empfänger war eine Gem Import GmbH in Dübendorf, eine Edelsteinbude also. Der Betreff lautete Warning!, sonst gab es keinerlei Text. Ich zermartere mir schon seit gestern das Hirn, was diese Fotos und die Mail wohl zu bedeuten haben, komme aber zu keinem vernünftigen Schluss. Etwas mehr kann ich mit verschiedenen PDF-Dateien anfangen, die Artikel aus Schweizer Zeitungen zum Tode Rexons samt dessen Porträt beinhalten.
    Jemand klopft an meine Tür. Ich schiebe den Laptop beiseite, höre, dass es Verasinghe ist, und bitte ihn herein. Er begrüßt mich irgendwie geistesabwesend und drückt mir ein amtliches Papier mit vielen bunten Stempeln in die Hand.
    Frank Müllers Totenschein!
    »Der Helikopter mit Frank Müller an Bord, der so frech über unseren Köpfen geschwirrt ist, wurde anscheinend kurz vor Batticaloa abgeschossen«, höre ich den Kollegen sagen. »Von den Rebellen. Einige der menschlichen Überreste ließen sich offenbar eindeutig Frank zuordnen.«
    »Das geht mir fast etwas zu schön auf«, wende ich ein. »Ich meine, dass unser Doppelmörder auf der Flucht stirbt.«
    »Zweifelst du an diesem Totenschein?«, fragt mich Verasinghe stirnrunzelnd.
    Ich überlege. Der Fall Rexon-Schütz war verwirrend, er war gefährlich und er kostete mich alle Nerven, den halben Dünndarm und meinen Kommandantenposten. Und doch war er irgendwie banal. Ein abgedrehter junger Mann und sonst gar nichts. Jetzt soll die Knalltüte auch noch tot sein. Das ist wirklich etwas zu viel des Guten. Ich habe jedenfalls ein ganz schlechtes Gefühl.
    »Bist du sicher, dass er sauber ist?«, stelle ich, auf den Totenschein deutend, die Gegenfrage.
    Verasinghe schüttelt nachdenklich sein Haupt.
    »Er sieht echt aus«, meint er zögernd. »Und die verdammten Rebellen ballern momentan wirklich allerhand vom Himmel.«
    »Okay«, sage ich. »Vielleicht ist es mir einfach zu simpel.«
    Verasinghe zuckt mit den Schultern.
    »Hat man eigentlich je wieder etwas von General Premadasa gehört?«, fällt mir plötzlich ein.
    »Nun, er scheint immer noch in Amt und Würden zu sein«, lautet die Antwort.
    Irgendwie gefällt mir diese Reaktion nicht. Ich warte, ob noch etwas kommt, aber Verasinghe guckt nur nach dem Gecko, der wieder einmal an der Decke herumspaziert.
    »Komm, ich spendiere dir ein Bier«, schlage ich vor.
    Verasinghe atmet tief durch, erleichtert, wie mir scheint. Schweigend schlendern wir in die Teestube des Forschungszentrums, in der an diesem Nachmittag nur wenig Betrieb herrscht. Ich kann keine Bedienung ausmachen und hole mir selbst zwei Lions Lager aus dem Kühlschrank.
    Wir setzen uns hinaus in den Schatten und nippeln an
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