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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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wusste es selbst. Der Mann war aus dem Koma erwacht und hatte nach der Polizei gerufen. Sie war zum Spital gefahren und hatte sich an sein Bett gesetzt. Worauf er weinend gestanden hatte.
    »Rexon war also ein Spion des singhalesischen Geheimdiensts, der sich als Maulwurf in die Zürcher Tamilenszene einschleichen sollte?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt«, flüsterte Lathan schwach.
    Gret tastete hilflos nach dem Motorola in ihrer Tasche. Michael musste sich das anhören. Aber ihr fiel ein, dass sie ihr Natel hatte abschalten müssen, bevor sie die Intensivstation betreten hatte.
    Lathans Augenlider fielen immer wieder zu, er schien langsam wegzutreten. Gret versuchte, den Monitoren zu entnehmen, ob ihm Gefahr drohte, und sah sich nach einer Schwester um. Sie konnte aber keine entdecken.
    Deshalb stand sie auf und umrundete behutsam das Bett und die unzähligen Apparate ringsum. Lathan lag zwischen der millionenschweren Technik wie ein unschuldiges Lämmlein. Über ihm blubberte gelbliche Flüssigkeit aus einer Infusionsflasche in einen Schlauch, der in seinen linken Arm führte.
    Gret dachte nach. Minutenlang. Einzig eine leise vorbeihuschende Ärztin, die sie zwar verwundert betrachtete, sonst aber nicht behelligte, riss sie kurz aus ihren Gedanken.
    Lathan öffnete seine Augen wieder und starrte sie an. Was sie in den letzten Minuten gehört hatte, war unbegreiflich. Trotzdem glaubte Gret dem Mann. Zu viele Ungereimtheiten, die der bisherigen Version der Ereignisse widersprachen, hatten sich aufsummiert. Vor allem war in den vergangenen Wochen kein Frank Müller je in die Schweiz ein- oder ausgereist. Sein Name fehlte nicht nur auf sämtlichen Fluglisten. Auch sein Porträt, das Staub nach Zürich hatte übermitteln lassen, brachte kein brauchbares Ergebnis. Die von der Zürcher Flughafenpolizei akribisch durchgeführten Vergleiche mit den abgespeicherten Bildern aller direkt oder via Zwischenstopp aus Asien eingereisten Flugpassagiere hatten rein gar nichts ergeben. Das Gleiche galt auch für den Genfer Flughafen Cointrin und jenen von Basel-Mülhausen.
    Natürlich waren Überwachungskameras nicht unfehlbar. Und vielleicht hatte man Staub auch ein falsches Bild untergejubelt. Aber trotzdem: In ihr verstärkte sich von Minute zu Minute die Gewissheit, dass es gar keinen Frank Müller gab. Genau darum hatten sie in den vergangenen drei Tagen auch keinerlei diesbezügliche Hinweise gefunden. Egon Müller, der Teebaron, hatte keinen Sohn. Entsprechende Dokumente existierten weder in Müllers deutscher Heimatstadt Rottweil noch bei der deutschen Botschaft in Colombo noch bei irgendwelchen Amtsstellen der sri-lankischen Provinz Nuwara Eliya.
    »Wo haben Sie ihn erstochen?«, wandte sich Gret erneut an den Patienten.
    »An eben diesem See in Hütten«, antwortete Lathan wider Erwarten.
    »Ihr habt ihn im Untergeschoss des Hauptbahnhofs abgefangen und dorthin verschleppt«, stellte sie fest.
    Der Tamile gab ein Stöhnen von sich, das sie als Ja deutete.
    »Wer waren die anderen?«
    »Ich war allein«, presste er heraus.
    Gret sah ihm an, dass er log. Aber diese Frage würde erniemals beantworten, da war sie sich ziemlich sicher.
    »Weshalb habt ihr die Leiche hinter dem Riff Raff deponiert?«, versuchte sie es deshalb auf einem anderen Weg.
    Lathan ließ sich diesmal viel Zeit mit der Antwort. Er atmete schwer, sein Gesicht sah eher grau als braun aus.
    »Als Warnung für andere Verräter«, flüsterte er dann.
    »Woher wusstet ihr überhaupt, dass Rexon ein Maulwurf war?«, hakte sie nach.
    Gret glaubte, die Antwort zu wissen, wollte sie aber dennoch von Lathan bestätigt bekommen.
    »Jemand warnte uns.«
    »Jemand aus Sri Lanka?«
    Den Tamilen verließen die Kräfte. Sein Kopf kippte seitlich in das Kissen.
    »Rainer Schütz?«, versuchte sie es erneut.
    Aber sie bekam keine Antwort mehr. Kurz darauf erschien eine Schwester, die sie freundlich, aber bestimmt aus dem Zimmer katapultierte.
    Auf dem Gang schaltete sie reflexartig ihr Natel ein. Sie überlegte gerade, ob sie zuerst Michael oder Staub anrufen sollte, als das Gerät in ihrer Hand zu klingeln begann.
    Es war Michael.
    Sie berichtete ihm atemlos, was sich gerade ereignet hatte.
    »Glaubst du ihm?«, wollte er wissen, als sie geendet hatte.
    »Ja«, sagte sie. »Das tu ich.«
    Michael musste die Neuigkeit erst einige Sekunden verdauen.
    »Scheiße!«, fluchte er. »Das passt zu Häberlis Behauptung, die Uruthiramoorthys seien keineswegs so
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