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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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das eine Falle? Verunsichert blicke ich um mich, kann aber nichts Beunruhigendes entdecken. Nur meine Männer, die Müller und Hugentobler in das Fadenkreuz ihrer Gewehre genommen haben.
    »Wozu denn dieser Aufwand? Man könnte meinen, Sie planen hier einen netten kleinen Krieg«, palavert Müller unbeschwert drauflos.
    Ich rufe ihm zu, er solle die Klappe halten, die Hände oben lassen und langsam zu mir herüberkommen.
    »Deshalb bin ich ja da«, tänzelt er bereitwillig auf mich zu.
    Hugentobler dagegen bleibt wie angewachsen stehen.
    »Gratuliere«, lobt mich Müller. »Sie scheinen das Rätsel gelöst zu haben, wie mir zu Ohren gekommen ist.«
    »Was macht Hugentobler hier?«, frage ich völlig perplex.
    »Ach, der«, meint Müller abschätzig. »Der alte Knabe hat sich Schütz’ Laptop gekrallt. Vermutlich wollte er die Forschungsgruppe um den neuen Freund ihrer Tochter ausspionieren. Leider stieß er dabei jedoch auf Hinweise, die meinen Sohn Frank mit einem Mord in Zürich in Verbindung bringen. Ich sah mich deshalb gezwungen, ihm den Rechner wegzunehmen, bevor er damit Schaden anrichtete. Leider brauchte der Professor eine Weile, bis er mir sagen wollte, wo er das Ding versteckt hatte. Er wird sich aber sicher freuen, wenn sie ihn nachher zurück zu seinen Mücken fahren.«
    Wieder starre ich zu Hugentobler hinüber. Die Situation scheint ihm etwas unangenehm zu sein, was ihn jedoch nicht davon abhält, in seinem breiten Baslerdeutsch zu krakeelen, Müllers Sohn sei ein Mörder.
    Der deutsche Teebaron setzt ein ernstes Gesicht auf.
    »Ich fürchte, damit hat er recht. Es nützt wohl nichts mehr, das weiter zu verschleiern. Deshalb bin ich auch hier.«
    »Erzählen Sie mir einfach die ganze Geschichte«, fordere ich ihn auf.
    »Kann ich dazu die Hände runternehmen?«
    »Wenn’s hilft.«
    »Sie sind wohl kaum bereit, sich an einem gemütlicheren Ort mit mir zu unterhalten, oder?«
    »Nein, zum Teufel!«, schnauze ich ihn an. »Bringen Sie es einfach hinter sich.«
    Plötzlich bemerke ich, dass es um uns herum unruhig wird. Lautes Rufen, nervöses Zucken mit den Gewehren, dann ein tiefes Brummen.
    »Was ist los?«, blicke ich fragend zu meinen Verbündeten hinüber.
    Einer von ihnen deutet wortlos in den Himmel hinauf.
    Jetzt sehe ich es auch: Ein Helikopter knattert über uns hinweg, eine zivile Maschine. Was zumindest bedeuten dürfte, dass keine Waffen an Bord sind.
    »Ich kann Ihnen Frank nicht ausliefern, das kann ich einfach nicht«, erklärt Müller mir mit fester Stimme.
    Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, was er meint. Wie vor den Kopf geschlagen starre ich in den Himmel. Doch noch bevor ich Befehl geben kann, auf den Helikopter zu schießen, ist dieser bereits hinter einem Hügel verschwunden.
    »Könnten Sie es?«, fragt mich Müller mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck.
    »Wenn mein Sohn ein Mörder wäre, würde ich ihn eigenhändig erschießen, glauben Sie mir!«, brülle ich ihn an.
    Natürlich ist das gelogen. Auch ich werde immer hinter meinen Kindern stehen, ganz gleich, wie schwachsinnig sie sich auch immer verhalten mögen. Wobei Frank ohne Zweifel ein extremer Fall ist und ich Müllers eigenmächtiges Handeln unter keinen Umständen gutheißen kann. Er hat einen Mörder entkommen lassen – das ist durch nichts zu entschuldigen. Sein Ablenkungsmanöver ist ihm allerdings gelungen. Wir Idioten hätten selbstverständlich in Betracht ziehen müssen, dass ein Mann seiner finanziellen Gewichtsklasse über einen Helikopter verfügt.
    Eine halbe Stunde später sitzen wir im Salon von Müllers Villa, da mir das Herumstehen auf der Straße dann doch zu blöd wurde. Fast alles ist wie bei unserem letzten Besuch. Vidya serviert uns Kaffee, Verasinghe, Steifbein und ich hängen in den Polsterstühlen und Müller redet. Einzig die Anwesenheit der Soldaten, die draußen die Löwen bewundern, ist neu. Und natürlich auch, dass Hugentobler vor der Tür in einem Jeep sitzt.
    »Frank war seit Langem in Vidya verliebt, was ich bestens verstehen konnte. Sie ist ja echt ein Prachtmädchen«, erzählt Müller. »Allerdings erwiderte sie seine Gefühle nicht, was ich ebenfalls gut nachvollziehen kann. Als sie mir vorjammerte, sie müsse in die Schweiz, weil sie dort verheiratet werden sollte, bekniete mich Frank, dies zu unterbinden. Er forderte mich auf, sie freizukaufen, und schwor, er werde akzeptieren, dass sie im Notfall auch einen anderen als ihn nähme.«
    »Alles Unsinn, oder?«,
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