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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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ein, wenn es Ihnen Freude macht, und kümmern Sie sich anschließend um den nächsten knackigen Fall und Ihre Karriere!«
    »Ich möchte dich nicht im Gefängnis sehen, Janani. Sondern begreifen. Nur das. Begreifen, was genau geschehen ist. Warum Menschen letztlich töten. Deshalb bin ich bei der Kriminalpolizei.«
    »Wir kämpfen um das Überleben unseres Volkes«, ereiferte sich Janani. »Rexon war ein Verräter. Er hat für Premadasa gearbeitet, einen der schlimmsten Tamilenfresser, die es je gab. Wäre er nicht enttarnt und beseitigt worden, hätte er immensen Schaden anrichten können. Wir hatten keine andere Wahl! Das ist doch wohl nicht allzu schwer zu begreifen, oder?«
    »Und dafür opferst du deine Zukunft?«
    »Es geht um die Sache und nicht um mich. Zudem glaube ich nicht, dass Sie mich lange festhalten können. Ich habe schließlich niemanden getötet.«
    »Du hast uns zum Narren gehalten.«
    »Vielleicht wusste ich es nicht besser! Beweisen Sie mir mal das Gegenteil.«
    Gret wollte sie gerade daran erinnern, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde, ließ es aber bleiben. Sie wollte nicht mit Janani streiten. Das Mädchen war ihr im Grunde sympathisch. Wer wusste schon, wie sie selbst sich in einer solchen Situation verhalten hätte. Vermutlich kam die Achtzehnjährige mit einer Buße oder einer bedingten Gefängnisstrafe wegen Irreführung der Justiz davon. Gret würde sich auf jeden Fall für sie einsetzen.
    »Lathan hat sich geopfert, weil dein Vater viel zu spät merkte, dass Rexon ein Spion war und deswegen in die Schusslinie der eigenen Leute geriet«, nahm sie einen neuen Anlauf. »Sehe ich das richtig?«
    Janani schaute sie mit großen Augen an. Aber sie sagte nichts.
    Gret kannte die Antwort auch so.
    »Wie lief eigentlich die Lateinprüfung neulich?«, wechselte sie das Thema.
    »Hab sie versiebt«, antwortete die junge Frau. Und nach einigen Sekunden fügte sie mit blitzenden Augen hinzu: »Nicht alle Leute raten richtig.«

Staub hofft auf die Wahlen
    Gute zwei Wochen sind vergangen, seit ich aus Sri Lanka zurück bin. Ich studiere gerade einen NZZ-Artikel, der die neuesten blutigen Geschehnisse auf der Insel zusammenfasst, als es an der Tür meines temporären Büros klopft. Es sind Gret und Michael, die mich auf dem Abstellgleis besuchen, auf das mich die Polizeioberen nach meiner Rückkehr geschoben haben. Natürlich nicht ohne zu betonen, wie dankbar ich für diese Gnade zu sein habe.
    »Na, Fredy«, meint Michael. »Gibt’s schon was Neues von unseren Politikern?«
    »Nein«, antworte ich.
    »Schöne Scheiße«, klagt Michael. »Da sitzt einer unserer besten Leute untätig in einem schäbigen Loch von Büro. Dabei gäbe es wirklich genug zu tun!«
    »So gut bin ich ja leider nicht, Michael«, mache ich mich selbst schlecht. »Hast ja gesehen, wie jämmerlich ich auf den Schwindel um meinen vermeintlichen Frank Müller hereingefallen bin! Dabei hätte mir doch auffallen müssen, dass meine Verfolger plötzlich weg waren, dass Premadasa auf einmal Ruhe gab, dass Hugentobler und Trüeb von Müller dafür benutzt wurden, uns den Quatsch mit seinem angeblichen Sohn unterzujubeln. Dass Verasinghe schwer unter Druck stand, als er mir den ›Totenschein‹ von Müller junior zeigte, dass …«
    »Ich war genauso blöd«, unterbricht mich Gret.
    »Ja, aber im Unterschied zu mir hast du nicht lockergelassen und weitergebohrt. Ich dagegen suhlte mich in meinem vermeintlichen Erfolg.«
    »Ach was!«, wiegelt Michael ab. »Es war eine hoch komplizierte Geschichte mit Hintergründen, die wir nicht erahnen, geschweige denn verstehen konnten. Wir wissen ja bis heute nicht, wer Rainer getötet hat.«
    »Die Armee. Im Auftrag Premadasas oder des eng mit ihm verbandelten Müller«, sage ich. »Rainer gab ihren Maulwurf zum Abschuss frei und dafür musste er büßen.«
    »Klingt logisch«, nickt Michael. »Aber mit Sicherheit wissen wir das trotzdem nicht.«
    »Nein«, gebe ich zu und betrachte stirnrunzelnd die beiden Chefs meiner ehemaligen Abteilung. Hoffentlich beeinträchtigen sie ihre eigene Karriere nicht, indem sie mir täglich einen Solidaritätsbesuch abstatten.
    »Wir intrigieren schwer, Fred«, errät Gret meine Gedanken. »Zusammen mit vielen anderen, die dir wohlgesinnt sind. Spätestens nach den nächsten Wahlen wirst du eine neue Abteilung leiten, da bin ich mir sicher.«
    »Wann sind diese verfluchten Wahlen noch mal?«, stöhne ich mit Blick auf die Abstellkammer, in der ich jetzt
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