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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies
Autoren: Ernst Solèr
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Landes. Sonst hätte er es wohl kaum bis zum Professor gebracht.
    Dennoch, ich fürchte mich gewaltig vor dem Moment, in dem Müllers Konvoi auf der Straße auftaucht. Viel mehr noch als vor allfälligen Schlangen. Wir sind zwar zu siebt, aber alles andere als die glorreichen Sieben. Adrienne und ich haben keinerlei Kampf-, geschweige denn Kriegserfahrung. Bis zum heutigen Tag habe ich noch nie auf einen Menschen geschossen und ich wünsche mir sehr, dass das so bleibt. Ich hasse Schusswaffen und entsinne mich nicht, dass in der Geschichte der Menschheit je ein nennenswertes Problem mit ihrer Hilfe gelöst worden wäre. Dennoch steckt jetzt eine sri-lankische Armeepistole in meinem Hosenbund und drückt mir in den Unterleib.
    Hoffentlich kommt Müller allein. Denn falls nicht, könnte es mitten in dieser Teeplantagenidylle zu einer wirklich üblen Schweinerei kommen – und zwar völlig unabhängig davon, ob ich alter Knabe auch noch mit einer Knarre dazwischenfuchtle oder nicht. Wobei es wahrscheinlich ist, dass Müller hinsichtlich Trüebs fingierter Einladung keinerlei Verdacht hegt. Dass sein Schachkumpan anschließend sogar verschleppt wurde, bekam der Teebaron sicherlich auch nicht mit – denn all das geschah unauffällig noch vor Tagesanbruch. Im Moment modert Trüeb vermutlich in einem düsteren Verlies vor sich hin. Unsere Leute haben ihn nach dem erzwungenen Gespräch mit Müller unsanft abgeführt und sind erst Stunden später zurückgekommen. Sie versicherten mir treuherzig, Trüeb sei in besten Händen und werde in den nächsten Tagen in die Schweiz ausgeschafft.
    Dort sieht er sich dann in Kürze wohl mit ausführlichen Presseberichten zum Thema Hilfsgeldermissbrauch konfrontiert. Denn Adrienne plapperte mir gestern Abend die Ohren damit voll, sie habe inzwischen handfeste Beweise dafür, dass Trüeb für sich, Müller, Premadasa und andere hohe Tiere in Sri Lanka mit Tsunamihilfsgeldern einen funkelnagelneuen Golfplatz in Beruwela habe bauen lassen. Sie zappelte sogar minutenlang vor mir herum mit diesen Beweisen in der Hand. Ich betrachtete dabei allerdings eher die bildschöne Freundin meines Sohnes als die Papiere, die mir wenig stichhaltig erschienen.
    Vielleicht ergibt sich Müller ja einfach.
    Denn gut positioniert sind wir ohne Zweifel. Zwei unserer Leute liegen mit Schnellfeuergewehren und kistenweise Munition auf einer Anhöhe hinter einer Steinmauer. Wir anderen harren von einem Felsklotz verdeckt zwischen den Teepflanzen. Die Straße ist in einer unübersichtlichen Kurve durch unsere Jeeps und mehrere Nagelbretter blockiert. Verasinghe und sein Kollege, die gestern Nacht überraschend wieder zu uns gestoßen sind, überwachen von einem Aussichtshorst aus mit Ferngläsern Müllers Residenz.
    Ärgerlich ist nur, dass unsere Elitekämpfer prinzipiell zwar machen, was ich ihnen sage, aber sonst kaum mit uns sprechen. Eine Weitergabe von Informationen findet ihrerseits quasi nicht statt. Deshalb bearbeite ich wieder einmal das Walkie-Talkie, das mir Verasinghe im Morgengrauen in die Hand gedrückt hat.
    »Tut sich was?«, frage ich nervös.
    »Ja, im Moment!«, knistert mir Verasinghes Organ ins Ohr. »Ich sehe einen Geländewagen, der auf euch zusteuert.«
    »Nur einen?«, versichere ich mich.
    »Jawohl. Er kam aus einem Unterstand, ich kann euch nicht sagen, wie viele Leute darin sitzen.«
    »Und auch nicht, ob Müller dabei ist, oder?«, seufze ich.
    »Nein.«
    Nun, wir werden es bald erfahren. Ich rufe meiner kleinen Privatarmee zu, es werde gleich losgehen, und höre, wie diverse Waffen entsichert werden.
    »Wir versuchen es erst auf die sanfte Tour«, rufe ich den Leuten vorsichtshalber in Erinnerung. Reaktionen auf diese Mahnung erhalte ich keine.
    Ich krieche unter den Teesträuchern hervor und stelle mich mitten auf die Straße. Hinter die Nagelbretter natürlich und in Sprungdistanz zu den schützenden Felsen. Wenn das nur gut geht! Mein Herz klopft wild, die Nackenmuskeln sind völlig verspannt und ich merke, dass ich eigentlich dringend aufs Pissoir müsste.
    Endlich tuckert der Wagen um die Kurve. In gemütlicher Fahrt. Der Fahrer bremst behutsam, zieht die Handbremse und steigt mit erhobenen Händen aus.
    Es ist Egon Müller. Er strahlt mich an, als freue er sich ungemein, mich hier zu sehen. Weit schockierender als Müllers Grinsen ist allerdings, dass unverhofft der verschollen geglaubte Hugentobler vom Beifahrersitz des Geländewagens klettert.
    Ich traue kaum meinen Augen. Ist
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