Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
Original
    Autor: Ian Fleming
    Titel: On Her Majesty’s Secret Service
    Jahr: 1963
    Sprache: englisch
    Vorlage
    Übersetzung: Lola Humm-Sernau aus dem Englischen, 1964 Verlag: Scherz Verlag Bern - München - Wien, 8. Auflage 1983 ISBN: 3 - 502 - 55929-5
    eBook
    Version: 1.00 Testversion ID 2
    Korrekturen sind immer willkommen.
    1
    Es war ein strahlender September.
    Die acht Kilometer lange, peinlich gepflegte Strandpromenade von Royale-les-Eaux zeigte sich in fröhlichem Fahnenschmuck, und am längsten Badestrand Nordfrankreichs herrschte trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit noch immer lebhaftes Treiben.
    Für James Bond, der in einem der Betonunterstände saß, hatte der Anblick des unbeschwerten Strandlebens etwas Melancholisches, ja Schmerzhaftes an sich. Es erinnerte ihn an seine Kindheit - an das Spielen im heißen Sand, an den kleinen Berg Muschelschalen auf seinem Fenstersims und an das erregende Schwimmen durch die heranrollenden Brecher. Wie lange lag das alles schon zurück! Bond zündete sich unwillig eine Zigarette an und schüttelte die sentimentalen Erinnerungen ab. Er war jetzt erwachsen, ein Mann mit einer blutigen, gefährlichen Vergangenheit - ein Spion. Und er saß schließlich nicht in diesem Versteck, um gefühlvollen Gedanken über längst vergangene Tage nachzuhängen. Er war hier, um zu spionieren. Um einer Frau nachzuspionieren.
    Die Sonne sank tiefer. Die Masse der Badenden rüstete sich zum Aufbruch. Die Lautsprecher am Schwimmbecken verkündeten dröhnend: »Achtung! Achtung! In zehn Minuten wird geschlossen! Um sechs Uhr wird das Schwimmbecken geschlossen!« Die beiden Bombard-Rettungsboote brausten im Schein der untergehenden Sonne nordwärts zu ihrem Ankerplatz im alten Hafen. Die drei Parkwächter bestiegen ihre Fahrräder und fuhren durch die gelichteten Reihen der Autos in die Stadt zurück. In wenigen Minuten würde der Strand den Seemöwen überlassen bleiben.
    Und jetzt gaben die Rettungsschwimmer ein letztes Hornsignal, mit dem sie anzeigten, daß ihr Dienst für heute beendet war. Die Musik aus den Lautsprechern brach unvermittelt ab. Der Strand war mit einem Schlag leer.
    Mit einer Ausnahme! Etwa hundert Meter von Bond entfernt lag das Mädchen immer noch regungslos auf dem schwarz-weiß gestreiften Bademantel. Bond beobachtete sie - genauer gesagt, er bewachte sie. Er hatte das unbestimmte
    Gefühl, daß sie sich in Gefahr befand. Oder täuschte ihn sein Instinkt? Er wußte es nicht genau. Er wußte nur, daß er sie nicht allein lassen durfte, besonders jetzt, nachdem alle anderen gegangen waren.
    Doch darin irrte sich James Bond: hinter ihm im Café de la Plage saßen noch zwei Männer in Regenmänteln und dunklen Mützen an einem Tisch auf dem Gehsteig. Sie hatten halbvolle Kaffeetassen vor sich. Sie sprachen nicht miteinander. Sie saßen da und beobachteten James Bond, der durch die Milchglaswand des Unterstandes nur undeutlich zu sehen war. Sie beobachteten auch das Mädchen, aber weniger aufmerksam. Die Schweigsamkeit und die ungewöhnliche Kleidung der beiden Männer wirkten beunruhigend. Der Kellner hatte sie in die Kategorie »Gefährliche Kunden« eingereiht und hoffte, daß sie bald gehen würden.
    Als die Sonne das Meer berührte, stand das Mädchen plötzlich auf. Sie fuhr mit beiden Händen durch das Haar und schritt ruhig und zielbewußt auf das Wasser zu. Ein zufälliger Beobachter hätte vermuten können, daß sie zum Abschied vom Urlaub noch ein letztes Bad nehmen wollte.
    Bond war anderer Ansicht. Er verließ den Unterstand, rannte die Stufen zum Sand hinunter und ihr nach. Auch die beiden Männer in den Regenmänteln schienen anderer Meinung zu sein. Einer warf achtlos ein paar Münzen auf den Tisch; dann standen beide auf, gingen über die Promenade zum Strand und marschierten in militärischem Gleichschritt nebeneinander in Bonds Fußspuren.
    Das Mädchen, der junge Mann, die beiden untersetzten Verfolger - die Szene hatte etwas Gefährliches an sich. Im Café nahm der Kellner die Münzen vom Tisch und schaute hinüber. Das sah nach Polizei aus - oder nach dem Gegenteil! Er würde sich gegebenenfalls daran erinnern. Vielleicht kam sein Name in die Zeitung.
    James Bond hatte das Mädchen fast eingeholt. Er überlegte, was er zu ihr sagen, wie er sich ausdrücken sollte. »Ich hatte so eine Ahnung, daß du Selbstmord begehen willst, und bin dir deshalb gefolgt!« Oder: »Ich bin zufällig hier vorbeigekommen und hab dich gesehen. Wie war’s mit einem Drink
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher