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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen
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kann.«
    Mia blickte auf die heranziehende Nebelwand. Irgendwie hebelten Licht und Nebel gemeinsam die normale Tiefenwahrnehmung aus - war der Nebel noch über dem Acker oder schon näher? Und ... war da noch irgendetwas anderes? Sie meinte, vor dem Nebelschleier eine dunkle Silhouette wahrzunehmen, als nähere sich ein Fußgänger.
    »Tom«, sagte sie.
    Sie sah, dass Tom die Silhouette anstarrte und, als diese einen Moment lang flackerte und dann verschwand, nur noch intensiver hinstarrte. Aspen sah nicht hin, sagte aber:
    »Sie ist jetzt da. Ich kann sie riechen. Sie gehört mir.«
    »Keine Bewegung.«
    Tom drückte Aspen die Pistole an den Kopf, starrte aberan ihm vorbei dorthin, wo er die Gestalt gesehen hatte. Mia beobachtete, wie er mit schmalen Augen verzweifelt die blendend hellen Schwaden absuchte. Auch sie versuchte, die Silhouette wiederzuentdecken, doch der Nebel zog lautlos und alles verhüllend auf sie zu.
    »Da ist nichts, da ist keiner«, sagte sie.
    »Sie ist hier, glaub mir, Cousin«, sagte Aspen. »Und wenn nicht jetzt, dann später. Irgendwann werd ich sie finden. Und wenn ich sie mein ganzes Leben lang suchen muss, um sie zur Strecke zu bringen. Sie wird mir nicht entkommen.«
    Als er verstummte, war es vollkommen still. Der Nebel hatte sie jetzt beinahe erreicht - und einen Moment lang tauchte die Silhouette erneut auf, diesmal schärfer gezeichnet. Mia versuchte, sie ins Auge zu fassen. Vielleicht war es tatsächlich eine menschliche Gestalt. Vielleicht aber auch nur eine Lücke im Nebel, aus der dunkle Ackerfurchen herauslugten und die sich jetzt schon wieder schloss, als der Nebel sich dicht und undurchdringlich über Hexland legte.
    Mia hielt den Atem an.
    Der Nebel war eiskalt, und sie schauderte, als er sich auf ihr Haar legte, ihren Mund mit einem Salzgeschmack füllte und ihr in die Augen stach. Blinzelnd rieb sie sie mit der Hand. Jetzt sah sie Aspen Slade und Tom Fletcher selbst nur noch als zwei verschwommene Silhouetten - Tom hielt die Waffe in der erhobenen Hand, und daneben stand die schmalere, gekrümmte Silhouette von Aspen. Sie musste noch immer blinzeln. In der Stille hörte sie plötzlich eine Männerstimme - Toms Stimme die etwas rief. Es kam ihr so vor, als hätte er »Kate« gerufen.
    Als sie wieder hinsah, war der Nebel schon zu dicht, um noch irgendetwas zu erkennen. Da war einfach nur eine perlmuttartig schimmernde Fläche vor ihren Augen. Dann nahm eine Silhouette Gestalt an - als wäre sie unmittelbar vor ihren Augen aus der Erde gewachsen: ein Männergesicht mit schmalen Bartstreifen und einem Grinsen auf den Lip-pen. Sie begriff, dass es Aspen war, doch er wirkte verändert - noch blasser als sonst, und die geweiteten Augen loderten. Das Wort Hexenjäger schoss ihr plötzlich durch den Sinn. Sie trat einen Schritt zurück, doch aus dem Nebel drang seine geballte Faust und traf sie so heftig im Gesicht, dass sie mit Blitzen vor den Augen im blendenden Zwielicht nur noch den Boden auf sich zukommen sah. Dann schob sich eine Hand unter ihr Regencape, tastete Brüste und Oberschenkel ab und durchsuchte sie. Sie spürte, wie diese Hand sich um ihre Pistole schloss und sie ihr aus der Tasche zog.
    Dann nichts mehr, nur noch die Grashalme vor ihren Augen. Aus der Nähe schimmerten die Halme wie Edelsteine und Wasser tropfte ihr in den Mund, als sie versuchte, sich zu bewegen.
    Fletcher rief seine Mutter zum zweiten Mal beim Namen. Es kam keine Antwort, kein Laut, nicht einmal ein Echo. Der Nebel verzerrte ihm die Sicht - erst schuf er die Illusion von Raum und dann stand er plötzlich wie eine undurchdringliche Wand vor Fletchers Augen. Die einzige Verbindung mit der Realität war das Gefühl des Erdbodens unter seinen Füßen und das rötliche Schimmern im Nebel zu seiner Rechten, wo die Sonne stehen musste. Er versuchte, etwas zu erkennen. Aspen war verschwunden, Mia ebenfalls. Er hatte den Eindruck, dass die Gestalt von dort drüben gekommen war: genau aus Westen, wo die Sonne stand. Er ging ein paar Schritte auf den rötlichen Schimmer zu, die Waffe zu Boden gerichtet. Irgendetwas war vor ihm, vor dem rötlichen Lichtschimmer zeichnete sich eine Gestalt ab. »Kate, ich bin hier«, rief er. Er spürte, wie ihm das Herz in der Brust hämmerte. Er streckte die freie Hand aus und sah, wie seine eigene Hand im Nebel verschwand. Dann spürte er eine Berührung an den Fingerspitzen. Er spürte es wirklich - nach all diesen Jahren eine reale Berührung. Dann stolperte er -
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