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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Akers
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Kapitel 1
ER WAR EINE KRÄHE,
ER WAR EIN CRANICH
    Es gibt Leute, die sollte man bei der ersten Begegnung erschießen. Der Einfachheit halber. Nur weiß man das in der Regel erst, wenn es viel zu spät und wesentlich komplizierter ist, als man es je haben wollte. Ezekiel Cranich ist so ein Mann, den ich hätte erschießen sollen, als ich ihn zum ersten Mal sah. Hätte eine Menge Ärger erspart.
    Grau Anderson und ich hatten während des vergangenen Jahrs Gelegenheitsaufträge übernommen, nichts Besonderes, Jobs für Kleinganoven. Doch während ich damit zufrieden war, nie die Art von Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, die mir in der Vergangenheit zuteilgeworden war, besaß Grau Ehrgeiz. Eine nette Umschreibung für ›Leichtfertigkeit‹, denn Grau gehörte nicht zu der Sorte, die sich selbst aus Schwierigkeiten herausmanövrieren konnte. Das war der eigentliche Grund, weshalb er mich mitnahm. Ich neigte zwar dazu, in Schwierigkeiten zu geraten. Genau dadurch aber erlangt man die Fähigkeit, sich aus Schwierigkeiten auch wieder herauszuarbeiten. Man eignet sich gewisse Fertigkeiten an.
    Das Problem war nur: Das gemeinsame Meistern so vieler Schwierigkeiten hatte Grau zu dem Glauben verleitet, dass er gut darin sei. Dass er große Risiken eingehen, schlechte Aufträge annehmen könnte, und der alte Jacob würde ihn schon rausholen, wenn die Wände Feuer fingen und die Waffen gezogen wurden. Er nahm immer miesere Aufträge gegen immer bessere Bezahlung an, und wir erlangten allmählich den Ruf, ein waghalsiges Gespann zu sein. Ein Gespann fürs Grobe. Was zu nichts Gutem führte.
    Und so begegneten wir Mr. Cranich. Der übelste Auftrag, den Grau je annahm. Die übelsten Schwierigkeiten, aus denen ich uns je rausholen sollte.
    Es war ein Dienstag, und es goss in Strömen. Eine jener Nächte, die ich gern in einer vertrauten Kneipe damit verbrachte, ins Feuer zu starren, bis man mich zwang, ein Bier zu bestellen. In der Regel konnte ich mir das eine oder andere Bier leisten. Jedenfalls stand ich nicht gern im Regen herum, auch nicht unter einer Traufe auf der nassen Straße, während Regen auf das Kopfsteinpflaster prasselte und meine Stiefel durchtränkte. Überhaupt gefiel mir das, was ich die ganze Nacht lang gemacht hatte, nicht – von einem Unterstand zum nächsten rennen, während mich Grau quer durch die Stadt zu einem Treffen führte.
    Schlimmer noch, er war bester Laune. Normalerweise stänkerte Grau Anderson über das Wetter, oder er betrauerte den Verlust der Liebe einer tollen Frau, die er in Wirklichkeit nie näher kennengelernt hatte. So mochte ich den Mann. Missmutig. Morbid. Unbeschwertheit passte nicht zu ihm. Und dennoch, als er den Kopf einzog, bevor er über die Straße rannte, lachte er vor Freude gackernd, während er durch den strömenden Regen platschte. Es war erbärmlich.
    »Eine große Nacht, Jacob! Eine ruhmreiche Nacht! Eine Nacht, an die wir uns erinnern werden, wage ich zu behaupten.«
    »Wegen der Lungenentzündung, die uns umbringen wird?«, fragte ich. Ganz gleich, wie hoch ich meinen Mantel über die Schultern zog, mir rann bei jedem Lauf in den Regen ein Rinnsal eisigen Wassers den Rücken hinab. Allmählich begann ich an der Bereitschaft meines Mantels zu zweifeln, seine Pflicht zu erfüllen. »Oder wegen eines allgemeineren Elends, das nur unser Glück ruiniert, uns aber nicht umbringt?«
    »Wegen des Vermögens, das wir einsacken werden, Jacob!« Mitten auf der Straße blieb Grau stehen und hob die Arme, als wolle er die Sonne begrüßen. »Wegen des Vermögens!«
    »Das ist heute Nacht unser Auftrag? Ein Vermögen einzusacken?« Ich grinste. »Ziemlich guter Job. Überrascht mich, dass er überhaupt an jemanden vergeben wird.«
    »Sei kein mürrischer Mistkerl, Burnie. Das ist bloß ein Schritt zum Vermögen. Aber ihr Götter, was für ein Schritt.« Er stupste mich in die Schulter, als ich an ihm vorbei zum nächsten Unterstand eilte. »Aber um ehrlich zu sein, mit diesem speziellen Auftrag ist kein Vermögen zu machen. Verstehst du, das ist der erste Schritt. Aber dahinter wartet ein Vermögen. Dieser Bursche, dieser Cranich, der hat richtig Geld.«
    »Warum habe ich dann noch nie von ihm gehört, Grau?« Ich hielt unter unserem aktuellen Unterstand an und musterte meinen sonst so griesgrämigen Gefährten mit unglücklichem, finsterem Blick. »Ich kenne eine Menge reicher Leute in der Stadt. Man könnte sagen, ich kenne sie alle. Namentlich. Keiner davon heißt Erat-a-tat
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