Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
hierher gebracht hatte, stand hinter ihm im Feld, und die von dem noch immer heißen Motor aufsteigende Luft flimmerte in der Abendkühle.
    Lindquist stand mit seinen Wildlederschuhen auf den Halmen des vom Sturm zerfetzten Schilfgürtels und blickte auf den kleinen, runden See hinunter. Die Farbe des Wassers changierte zwischen aubergine und schwarz, und jetzt, da der Sturm wieder stärker wurde, bildeten sich weiße Schaumkronen.
    Lindquist hatte zwanzig Dienstjahre hinter sich. Er war schon an so manchem merkwürdigen Ort gewesen. Aber dies hier war der merkwürdigste von allen.
    Noch immer versuchte er, sich einen Reim auf das zu machen, was er am Vortag gesehen hatte. Er hatte unmittelbar hinter dem Hügelkamm gelegen, dort, wo der Sturm, der die Weiden gefällt hatte, nicht ganz so heftig wütete, und mit einem Fernglas beobachtet, was geschah. Die Sicht war verschwommen und zeitweise auch von umstürzenden Bäumen behindert gewesen, und immer wieder hatte sich Wasser auf dem Objektiv gesammelt. Aber er hatte doch alles deutlich genug mitverfolgt. Zunächst hatten Tom Fletcher, diese Tyrone und Aspen Slade sich irgendwie unterhalten. Dann waren die drei von einer Nebelwand verschluckt worden. Als der Nebel sich lichtete, hatte er drei Gestalten erkannt, die sich trennten, kreuzten und wieder trafen. Was genau geschah, war schwer zu erkennen gewesen, aber es sah so aus, als hätte Aspen Slade mit Fletcher gekämpft, bis ein einzelner Schuss fiel - und der hatte Aspen Slades Kopf schlicht und ergreifend in Stücke gerissen.
    Diesen Punkt begreife ich immer noch nicht, dachte Lindquist. Dass Fletcher sich für einen Kopfschuss entscheidet, wäre leicht nachvollziehbar. Aber mit dieser osteuropäischen Erbsenbüchse sollte er einen derartigen Schaden angerichtet haben? Wie war das möglich?
    Was er als Nächstes beobachtete, bedurfte dagegen keiner weiteren Erklärung - da der Nebel sich vollkommen lichtete, war alles deutlich zu sehen. Tom Fletcher und Mia Tyrone befestigten die Leiche mit Ketten an ihrem ziemlich kaputten Jeep, schleppten sie hierher zum See, zerrten sie direkt ins Wasser und versenkten sie in der trüben Flut. Die Leiche war mit den Füßen voran untergegangen, weil der Kopf vollkommen zerfetzt worden und nur ein Stück hohler Schädel übrig geblieben war.
    Also - eines musste er zugeben. Das löste das Problem Aspen Slade. Aspen, der wusste, dass hier im Krieg etwas Bedeutsames vorgefallen war, und dessen Persönlichkeit soinstabil war, dass er es letztlich vielleicht nicht für sich behalten hätte.
    Auch das Problem mit Fletcher und Mia Tyrone war damit in gewisser Weise gelöst. Fletcher würde mit Sicherheit den Mund halten. Wenn nicht wegen der Drohung mit dem Auslieferungsersuchen, dann weil er gerade jemanden getötet und die Leiche im See versenkt hatte. Und dann war da noch diese Tyrone - doch die befand sich inzwischen schon auf dem Rückweg in die Staaten. Sie hatte keinerlei Beweise für irgendeine ihrer Vermutungen. Es blieben einfach nur dieselben alten Gerüchte, die schon seit Jahren im Umlauf waren. Und sie wirkte ziemlich mitgenommen von den gestrigen Ereignissen - völlig entsetzt von dem, was sie gesehen hatte. Das war gewiss hilfreich. Vielleicht würde man sie von der schwarzen Liste streichen, so dass sie mit ihrem Leben weitermachen konnte. Er war sich sicher, dass sie nie wieder auffallen würde. Andernfalls aber würde sich dieses Problem sehr schnell lösen lassen.
    Ja, so würde es funktionieren.
    Er gab dem Piloten ein Zeichen, den Motor zu starten, und sah, wie die Rotoren mit einem leisen Heulen anliefen.
    Auf dem Weg zum Hubschrauber dachte er noch immer darüber nach, was er gesehen hatte oder zumindest meinte, gesehen zu haben. Denn er musste sich die Frage stellen - hatte wirklich Tom Fletcher Slade erschossen? Verdammt noch mal, einen Moment lang hatte es beinahe so ausgesehen, als wäre da noch jemand gewesen - als hätte er im Nebel eine vierte Gestalt ausgemacht, die etwas in der Hand hielt. Dann ein Knall, und Slades Kopf war richtiggehend explodiert. Was für eine Durchschlagskraft. Nein, ein Kaliber .22 war das nicht gewesen, auf gar keinen Fall. Nach dem Blitz und Knall zu schließen, handelte es sich um ein ungewöhnliches Modell. Irgendetwas Militärisches. Vielleicht eine alte Armeewaffe, überlegte er. Zum Beispiel ein großer,
    alter britischer Armeerevolver, den jemand aus der Mottenkiste geholt hatte.
    Als der Hubschrauber in geringer Höhe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher