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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest
Autoren: Jo Zybell
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»Hierher!«, brüllte er. »Wirst du wohl kommen?!« Er spürte, wie sie hinter ihm den Atem anhielten, alle einundzwanzig Mar’oskrieger seiner Rotte, auch Mag’uz, die Hochmütigste und Unverschämteste von allen. »Wo bleibst du, Rynch! Komm her, komm!«
    Das Echo seiner Schnalz-, Knack– und Grunzlaute tönte aus den Weiten der Grotte zurück. Halb drehte er sich um und sah, dass die anderen fast alle um zwei Schritte zurückgewichen waren. Mit Rynch wollte niemand zu tun haben. Nur Mag’uz war stehen geblieben und beobachtete ihn aus ihren glitzernden gelben Augen. Und dicht hinter ihr verharrte auch Pan’ek noch, dieser Schleimer; er war der starken Jungmutter vollkommen verfallen.
    »Her zu mir, Rynch!«, brüllte Kor’nak erneut. Er schnallte das Harpunenholster und den Blitzstabgurt ab und ließ beides auf den feuchten Boden gleiten. Er riss den Dreispitz aus der Rückenscheide seines Brustharnischs und warf ihn von sich. »Ich warte, Rynch!«
    Rynch war die oberste und stärkste der ehemaligen Herrscherinnen von Gar’onn’ek. Rynch war uralt, Rynch war grausam, Rynch war gefräßig.
    Wieder blähte Kor’naks Brustkorb sich auf, wieder riss er das Maul auf, um zu brüllen, doch kein Ton kam jetzt mehr über seine quastigen blauschwarzen Lippen. Das Wasser bewegte sich. Erst wogte es nur leicht, dann schwappte es gegen die Felsufer, dann begann es zu brodeln. Und schließlich war es, als würde ein schmutzig-graues, zerklüftetes Riff voller ziegelroter und schwarzer Muscheln sich mitten im Grottensee erheben.
    Wasser strömte von dem gewaltigen, tausendfach zerfurchten Körper, ein schwarz glänzender Kamm richtete sich auf Nacken, Rücken und Schwanz der echsenartigen Kreatur auf, Schaumfetzen troffen von ihrem klobigen, hornschuppigen Schädel. Das Tier riss seinen stumpfen Rachen auf. Seine langen, sichelartigen Zähne schimmerten gelb und violett im grünlichen Licht der bionetischen Leuchtkörper an den Grottenwänden. Und dann fauchte das Wesen, und es klang, als wäre das Felsmassiv über der Meeresgrotte selbst zum Leben erwacht und würde nun seinen in Jahrmillionen voller Kälte und Starre angehäuften Zorn ausatmen.
    Die jüngeren unter den Kriegern zogen sich bis an die hintere Wand der Grotte zurück. Die anderen standen wie festgefroren. Und Kor’nak? Schauderte ihn nicht? Ergriff ihn kein Schrecken? Mag’uz und die anderen merkten ihm nichts dergleichen an: Er stieg bis zu den Knien ins Wasser. Dort verharrte er zwei Atemzüge lang und fasste die Bestie ins Auge. Dann hechtete er in die schwarzen Wogen.
    Ein, zwei Atemzüge lang sahen die anderen ihn nicht, denn er schwamm unter Wasser. Erst kurz vor dem Ungeheuer tauchte er wieder auf. Bis nahe an den Echsenschädel schwamm er. Keiner der anderen gab auch nur den leisesten Laut von sich.
    Kor’nak aber begann mit der Bestie zu sprechen. Seine Knack- und Zischlaute hallten durch das Halbdunkel der Grotte. Die anderen verstanden nicht, was er der Bestie sagte, hörten nur dann und wann ihren Namen: »Rynch«. Schließlich riss die Bestie den Rachen auf, schnappte nach Kor’nak und zog ihn unter Wasser. Als sie wieder auftauchte, hing der Krieger zwischen ihren Fängen. Mag’uz entfuhr ein Schreckenslaut, Pan’ek wich zurück und die jüngeren Krieger im Hintergrund der Höhle zischelten und grunzten vor Entsetzen.
    Rynchs mächtiger Stachelschwanz wühlte die dunklen Wogen auf. Das Echsenungeheuer zerteilte das Wasser und glitt dem Felsufer entgegen. Dort angekommen, kletterte das unheimliche Geschöpf aus dem See. Kor’nak, zwischen seinen Kiefern, rührte sich nicht. Und die anderen wagten ebenfalls nicht, sich von der Stelle zu bewegen – dabei stampfte das gepanzerte Ungeheuer geradewegs auf sie zu.
    Vier oder fünf Längen vor Mag’uz und Pan’ek schnalzte der wie leblos in Rynchs Fängen hängende Kor’nak einen kurzen Befehl. Die Bestie senkte den Schädel. Fast behutsam legte sie Kor’nak am Boden der Grotte ab.
    Kor’nak erhob sich. Den Rücken der Bestie zugewandt, fixierte er die stolze Mag’uz. Sein Scheitelflossenkamm spreizte sich und leuchtete rötlich. »Wer wird uns führen?«, zischte er sie an.
    »Du, Kor’nak«, sagte sie und senkte den Schädel. »Du, der Meister des Ersten Drachen.« Über die Schulter blickte sie halb hinter sich. Und jetzt riefen auch Pan’ek und die anderen: »Du, Kor’nak! Du wirst uns führen! Du, der Rottenmeister! Du, der Meister des Kampfes!«
    ***
    Er bückte sich in die
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