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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen
Autoren: authors_sort
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und legte ihn weg. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück und beobachtete durchs Fenster, wie der Nebel sich lautlos um den Turm legte. Dann schloss er die Augen wieder.
Montagabend
    Fletcher parkte seinen Audi auf dem Parkplatz von Wilbur Court. Er sah sich um. Der Asphalt war nass und sauber und in den Pfützen spiegelte sich der blaue Himmel des Spätnachmittags, es war schon sechs. Im Altenheim standen einige Fenster offen und die Vorhänge bewegten sich im Wind. Die Bäume des Nadelwaldes dahinter schwankten ebenfalls ein bisschen. Und dahinter wiederum lagen, wie Fletcher wusste, hundert Meilen überschwemmtes Land, und dann kam die neue, veränderte Küstenlinie - doch vor all dem war Wilbur Court geschützt.
    Die Rezeption in der Eingangshalle war unbesetzt, nur der leichte Hauch eines gängigen Parfüms hing in der Luft.
    Vom Treppenabsatz im ersten Stock blickte Fletcher den Korridor entlang. In dem glänzenden Linoleumboden spiegelten sich die Türen, einige davon geöffnet. Fletcher stand da und ließ den Anblick auf sich wirken. Man hörte Altmännersendungen im Radio, jemanden, der einen Refrain mitsummte, jemanden lachen und jemand anderen husten. Fletcher ging bis ans Ende des Korridors. Es roch nach Putzmittel, Tabak und zum Trocknen aufgehängter Wäsche. Die letzte Tür links war geschlossen. Fletcher klopfte an. Keine Antwort - er drückte die Klinke herunter. Die Tür war abgeschlossen.
    »He. He, Junge.«
    John Rossis Tür schwang auf.
    John saß auf seinem Platz beim Fenster. Auch diesmal stand eine Flasche billiges Bier auf dem Tisch und im Aschenbecher qualmte eine Zigarette. Er trug ein färben-frohes T-Shirt, jugendlich, aber die Arme waren mit Tätowierungen aus den sechziger Jahren bedeckt, und dann waren da noch die langen, roten Schrammen vom Kratzen.
    Fletcher stand in der Tür. »Dann hat es bei Ihnen also keine Überschwemmung gegeben, John.«
    John Rossi kratzte sich am Ellbogen. »Der Regen hat mich die ganze Nacht wach gehalten. Aber anderswo ist es schlimmer gelaufen.« Er gab seiner Zigarette im Aschenbecher einen Stups. »Haben Sie von diesem kleinen Städtchen in Norfolk gehört?«
    »Hanchton.«
    »Ja, genau. Hanchton. In den Nachrichten habe ich gehört, dass das Meer dort richtig gewütet hat. Das Wasser hat die Uferpromenade rausgerissen und komplett gegen die Häuser geschmettert. Die Stadt ist praktisch futsch, verdammt noch mal.« Plötzlich blickte er zu Fletcher auf. Er saß da im Zigarettenqualm vor dem blauen Himmel des sich neigenden Tages. »So mancher würde sagen, wenn so was passiert, gibt es auch einen Grund dafür.«
    Fletcher erwiderte seinen Blick, ohne die Augen abzuwenden. »John, ist mein Dad da?«
    John Rossi schwenkte nachdenklich den Schaum in seiner Bierflasche. »Nein, mein Junge.«
    »Hat er sich mal gemeldet?«
    »Ja. Er hat bei der Heimleitung Bescheid gegeben, dass er bald zurückkommt. Unsere eiskalte Schöne lüftet sein Zimmer regelmäßig. Seine Sachen sind immer noch da, genau so, wie Sie sie beim letzten Mal gesehen haben.«
    Fletcher nickte. »Da war doch irgendwas mit dem Boden in seinem Zimmer.« John hob eine Augenbraue, betrachtete aber weiterhin fasziniert das Flaschenetikett. »John, weiß die Heimleitung über all das Bescheid? Oder über das, was unter dem Brett in seinem Boden war?«
    Rossi räusperte sich und trank noch einen Schluck Bier. »Die Heimleitung hat keine Ahnung, mein Junge.«»Na, dann ist es ja gut.« Draußen in den Bäumen sang ein Vogel. »Wenn mein Dad kommt, sagen Sie ihm bitte, dass ich hier war?«
    »Einverstanden. Soll ich sonst noch was ausrichten?«
    »Sagen Sie ihm, dass ich ihn besuchen komme.«
    John Rossi nickte. »Okay. Sie sind sein Sohn. Sie sind genau so, wie er Sie beschrieben hat.« Er kratzte sich die Arme. »Mir fällt da was auf. Was ist denn mit Ihrem Kopf passiert? Sind Sie genäht worden?«
    »Ich hatte einen Unfall.«
    »Abgenommen haben Sie auch.«
    »Vielleicht ein bisschen.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Es war schön, Sie zu sehen, John.«
    »Do widzenia. Sehen Sie, ich lerne noch dazu.«
    Major Jerry Lindquist beobachtete, wie die Hubschrauber in der Ferne in den letzten Strahlen des Sonnenuntergangs über das kleine englische Städtchen Hanchton hinwegflogen. Die Hubschrauber - einer im Knallgelb der britischen Küstenwache, die anderen beiden grüne britische Armeehubschrauber - verlangsamten weder ihr Tempo noch veränderten sie die Richtung.
    Der Hubschrauber, der ihn selbst
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