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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab
Autoren: Reginald Hill
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    1
    Treulich geführt
    N iemand wusste, wie es kam, dass Dalziel eine Rede hielt. Pascoe hatte sich nur äußerst widerstrebend zu einer kirchlichen Trauung überreden lassen, teils von der Stimme des Herzens (Mum freut sich drauf), teils von der Stimme des Geldes (Dad zahlt dafür), aber hauptsächlich wegen des – entrüstet abgestrittenen, aber durch gewisse Indizien durchaus begründeten – Verdachts, dass Ellie selbst eine wollte.
    Was den Empfang betraf, waren sie sich jedoch einig gewesen. Bier und Pastete, bestimmte Pascoe. Sherry und Partyhäppchen, übersetzte Ellie ihrer Mutter. Schließlich lief es auf Champagner und Ragout-fin-Canapés hinaus, aber wenigstens musste man nicht bei Tisch sitzen, sondern konnte nach Belieben herumspazieren. Und niemand sollte Telegramme verlesen oder eine Rede halten. Am allerwenigsten Detective Superintendent Andrew Dalziel.
    »Ich kenne Sergeant Pascoe,
Inspector
Pascoe,
Peter,
wahrscheinlich so gut wie jeder hier«, verkündete Dalziel.
    »Am Champagner kann’s jedenfalls nicht liegen«, murmelte Pascoe. »Er wird nie betrunken. Zumindest merkt man’s nicht.«
    »Das gilt nur für Scotch. Dad sagt, Andrew hat schon zwei Flaschen Champagner gekippt«, sagte Ellie.
    »Er zählt also mit?«
    »
Nein!
Es ist ihm nur aufgefallen, hauptsächlich deshalb, weil unser fideler Andrew ständig von Most redet. Und das tut weh, wenn man für echten jahrgangslosen Schampus löhnt.«
    Sie kicherten und ernteten dafür tadelnde Blicke von einer Gruppe älterer Verwandter, die offensichtlich glaubten, dass Dalziels Rede das erste beruhigend normale Ereignis bei dieser Hochzeit war, wo die Braut nicht Weiß trug und es auch keine Festtafel gab, an der die ganze Gesellschaft Platz nehmen konnte.
Wenn man’s im Stehen tut, zählt’s nicht,
war eine Weisheit, die einen anständigen Menschen durch beinahe alle Beschwernisse des Lebens tragen konnte.
    »Er ist ein guter Polizist«, versicherte Dalziel den älteren Verwandten. »Er wird es weit bringen. Verdient jeden Erfolg. Ich habe ihn von Anfang an gefördert. Und ich schmeichle mir nicht, wenn ich sage, dass ich ihm ein wenig die Stange gehalten habe …«
    Er hielt inne und wischte sich die Stirn mit einem riesigen khakifarbenen Taschentuch. Die kahle Stelle, die sich unerbittlich ihren Weg durch die grauen Haarstoppeln bahnte, glänzte von Schweiß. Er lächelte jetzt, in Vorfreude auf den unanständigen Hochzeitswitz, auf den er gerade ungebremst zutrampelte, und mit seinem glänzenden Gesicht, dem breiten Grinsen, dem noch breiteren Wanst und dem stets in Reichweite seiner Lippen gezückten Champagnerglas hätte er eigentlich ein Bild Pickwickscher Jovialität abgeben müssen. Stattdessen wirkte er, als habe er eben die Tür eingetreten und geböte nun absolute Bewegungslosigkeit, weil seine Leute das Lokal umzingelt hätten.
    »… ihm ein wenig die Stange gehalten habe bei seiner Karriere«, fuhr er fort. »Aber heute Abend, da muss er sich selbst helfen.«
    »Herr im Himmel«, hauchte Pascoe.
    Die älteren Verwandten fanden den Witz nicht besonders komisch, waren aber bereit, Punkte für den guten Willen zu vergeben.
    »Ellie kenn ich nicht so gut. Aber sie wird sich wacker schlagen, da bin ich mir sicher. Mein alter schottischer Opa sagte immer, wenn du dir ein Mädel aussuchst, dann fang unten an und arbeite dich nach oben. Breite Hüften für den Nachwuchs, breite Schultern für die Hausarbeit und ein breites Lächeln für ein freundliches Wesen und ein friedliches Leben. Ellie wiederum …«
    Irgendein Frühwarnsystem schien ihm gefunkt zu haben, dass er sich auf gefährlichem Kurs befand.
    »Ellie«, wiederholte er. »Die Frau eines Polizisten zu sein ist ein schwieriger Beruf. Den kann nicht jede Frau ausüben. Aber wenn sie’s kann, und ich bin sicher,
dass
Ellie es kann, dann ist es eine großartige und lohnende Aufgabe. Für einen Polizisten gibt’s nichts Besseres, als wenn sich zu Hause jemand gut um ihn kümmert. Rein gar nichts, das kann ich Ihnen sagen … um mich hat sich seinerzeit auch jemand gekümmert … damals …«
    »In jedem Tobias Rülps steckt auch ein Ritter Bleichenwang«, murmelte Ellie. »Er hätte lieber über mein großes Maul und meinen Riesenhintern weiterschwafeln sollen.«
    »Und so«, schrie Dalziel, der mit diesem Ausbruch sein Abgleiten in die Selbstbetrachtung gestoppt hatte, »trinken Sie mit mir auf das glückliche Paar. Möge
ihr
Los ein glückliches sein.«
    »Auf das
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