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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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Kapitel 1 • Frühjahr 1490

     
    Studien für eine Kirche
    "Lass dich nicht abdrängen, Lukas, kurz vor dem Stadttor wird es noch enger."
"Ich kann schließlich reiten!"
Alphonse musste ein Lächeln unterdrücken und gestand sich dann ein, dass sich sein Schützling bisher tatsächlich mannhaft gehalten hatte. Wenn er nur nachher den Stadtwächter überzeugt, bangte Alphonse jedoch gleich drauf, und auch Lukas fiel es zunehmend schwerer, seine Angst vor diesem Moment zu bekämpfen. Eingezwängt von Pferde- und Ochsengespannen, von Reitern und Fußgängern, näherten sie sich durch den Straßenmorast schubweise dem trutzigen Mailänder Torhaus mit seinen gestrengen Wächtern.
Nicht mehr lang und die Straße zum Torhaus verengte sich, weshalb sich die Einreisenden nun auseinandersortieren mussten. Da sich die Fuhrleute bei dem links stehenden Stadtwächter auszuweisen haben, begannen sie, nacheinander ihre Gespanne auf jene Straßenseite zu manövrieren, wodurch allmählich für die Reiter und Fußgänger rechtsseitig, wo dann ihr Ausweisprüfer stehen wird, lediglich ein schmaler Streifen verblieb. Alphonse sandte Lukas einen ermutigenden Blick' ehe er sich auf seinem Falben vor Lukas einreihte.
Endlich stand Alphonse im Torhaus und reichte dem Wächter, der ihn als häufigen Besucher Mailands sogleich erkannte, seinen Pass hin. Der begrüßte ihn höflich:
"Don de Belleville, erfreut Euch hier wieder zu sehen!", und ließ ihn einreiten, kaum, dass er einen Blick auf den Pass geworfen hatte.
Nachdem Alphonse wenige Schritte weiter geritten war, wendete er sein Ross und verfolgte unauffällig das Gespräch zwischen seinem Schützling und dem Wächter. Lukas hatte indessen dem Wächter mit ruhiger Hand seinen Pass dargeboten, worauf der Wächter Lukas' Gesicht gemustert und dann gestutzt hatte. Jetzt nahm er, wie Alphonse beobachtete, den Pass in Augenschein und las laut vor: "Lukas de Belleville. - Diese Ähnlichkeit!" Und nach einer kurzen Kopfbewegung zu Alphonse hin wollte er von Lukas erfahren: "Euer Bruder?"
"No, Signor, mein Onkel und Vormund", gab Lukas in seinem bemüht besten Italienisch zurück.
"Euer Vormund?", wiederholte der Wächter skeptisch und kündete dann an, was zu befürchten war: "Der Angelegenheit muss ich nachgehen. Immerhin seid Ihr unmündig, und dann solch ein junger Vormund?"
Inzwischen war Alphonse aus dem Sattel gestiegen, wodurch seine kleinwüchsige Statur jetzt noch augenfälliger war. Deshalb trat er mit gestrecktem Rücken vor den Wächter und erkundigte sich so gelassen er vermochte, ob es denn etwas zu bemängeln gebe. Der Wächter erklärte ihm seine Bedenken, worauf Alphonse ihm neuerlich seinen Pass übergab: "Überzeugt Euch, Signor, offensichtlich ist Eurer Aufmerksamkeit entgangen, dass ich vierunddreißig Jahre zähle." Dabei griff er in seine rote Wamstasche, als wolle er ein Dokument hervorholen, das er in Wahrheit nicht besaß und fragte: "Wünscht Ihr die Vormundschaftsurkunde?"
"No, no", wehrte der von Alphonse diskret zurechtgewiesene Wächter ab. "Und scusi, Don de Belleville, aber ich habe Euch für weitaus jünger geschätzt, als Euer Pass es ausweist. Euer Mündel darf natürlich mit Euch einreiten."
Dazu bedurften Alphonse und Lukas keine zweite Aufforderung.

    Die erste Hürde auf ihrer Flucht aus Tirol hatten sie soeben gemeistert, und obschon ihnen noch weitere bevorstanden, waren sie momentan nichts als erleichtert. Auch der Gedanke, in Mailand eine Ruhepause einzulegen, erquickte sie.
Allmählich lichtete sich die breite Einfallstraße, da sich die vielen Eingereisten nach und nach seitlich in die Gassen verstreuten, und bald mündete die Straße in eine freundliche Kastanienallee.
Alphonse hatte Lukas unterdessen mehrmals besorgt aus dem Augenwinkel beobachtet, und als er schließlich erkannte, dass dessen lockere Verfassung unvermindert anhielt, erkundigte er sich bei ihm auf französisch, ihrer üblichen Konversationsweise: "Sag, mon Cher, habe ich zu viel versprochen? Ist das hier nicht wahrlich ein Mai-Land?"
"Weiß Gott, ja, überall Frühlingsknospen, helle Häuser und fröhliche Gesichter."
Nun kam ihnen eine offene Kutsche mit zwei Damen entgegen, und Alphonse konnte es nicht lassen, sich galant vor den Damen zu verneigen. Sie schenkten ihm ein Lächeln dafür. Warte, du Franzos, beschloss Lukas darauf in seiner Hochstimmung, jetzt führe ich dir vor, dass auch ein Tiroler dergleichen beherrscht. Dazu setzte er sich in lässiger Männerpose im
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