Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted
Autoren: Jessica Verday
Vom Netzwerk:
Kapitel eins – Nicht bereit
    »Überdies gibt es für die Geister in den meisten unserer Dörfer gar keine Ermunterung …«
    Sleepy Hollow von Washington Irving
     
    Ich will noch nicht nach Hause fahren. »Kann ich nicht ein fach für immer hierbleiben?« Ich lehnte den Kopf zurück, an die Sitzlehne von Tante Marjories Wagen. »Ich esse nicht viel und – mal ehrlich – wer braucht schon einen Highschool-Abschluss?«
    Tante Marjorie lachte. »Du brauchst jedenfalls einen. Vermisst du denn dein Zuhause gar nicht? Deine Eltern? Freunde?«
    Ich schaute zum Fenster hinaus. Was ich wirklich vermisste, war Sleepy Hollow. Aber ansonsten nicht viel. Ich vermisste meine beste Freundin, doch Kirsten war nicht mehr dort. Nur noch ihr Grab. »Ich glaube, das Leben auf dem Bauernhof ist gut für mich. Mom und Dad können mich besuchen kommen und ich bleibe einfach hier. Ich muss noch eine Menge lernen, bis ich dein Flugzeug fliegen kann.«
    Marjories braune Augen funkelten. »Wir sollten die Maschine morgen wieder rausholen. Es sind nur noch ein paar Wochen, bis du wirklich wieder nach Hause musst.«
    »Tante Marjorie, genau daran versuche ich gerade nicht zu denken«, stöhnte ich. »Du bist keine große Hilfe dabei!«
    »Okay, okay«, meinte sie. »Du denkst nicht daran, dass du nicht zurückfahren willst, und ich rede nicht davon, wie oft wir noch zusammen fliegen können. Abgemacht?«
    »Abgemacht.«
    »Also, wie war dein Besuch bei Dr. Pendleton heute Morgen?«
    »Gut. Wirklich gut.« Eine große rote Scheune kam in Sicht. Wir waren fast wieder bei Tante Marjories Haus. Sie bog in einen ausgefahrenen Weg ein und wir holperten die Fahrspur entlang. »Er meint, ich hätte gute Fortschritte gemacht, und das sehe ich auch so.«
    »Wirst du zu Hause auch zu einem Arzt gehen?«
    »Ich glaube nicht. Ich habe inzwischen das Gefühl, dass ich ganz gut … klarkomme.« Na ja, so gut, wie man eben damit klarkommen kann zu glauben, dass man in einen Jungen verliebt war, der eigentlich tot ist, und dass man bei Katrina Van Tassel und dem Kopflosen Reiter aus der Legende von Sleepy Hollow zum Nachmittags-Teekränzchen gewesen ist. » Ich glaube, ich komme mit allem zurecht und kann alles so einordnen, wie es sich gehört.«
    Wir kamen zu dem alten Bauernhaus mit seinen verblichenen schwarzen Fensterläden und Tante Marjorie parkte den Wagen unter dem Wellblech-Carport gleich neben der Haustür. »Und wie gehört es sich?«
    Ich klickte den Gurt auf und zuckte mit den Schultern, bevor ich ausstieg. Tante Marjorie kannte immer noch nicht die ganze Geschichte. Sie wusste nur, dass ich Abstand von Sleepy Hollow und professionelle Hilfe brauchte, weil ich mit Kristens Tod nicht zurechtkam. Was genau genommen mehr oder weniger stimmte. Alles, was mit mir passiert war, hatte am Tag von Kristens Beerdigung angefangen.
    »Na ja … geordnet eben«, antwortete ich. »Der Kopf befasst sich mit den Fakten, das Herz mit den Emotionen. Der Tod gehört zum Leben dazu und ich brauche mich nicht für Kristens Tod schuldig fühlen, nur weil ich lebe.« Ich sprudelte Psychogebrabbel heraus, das ich fast wortwörtlich von Dr. Pendleton übernommen hatte, aber es klang gut.
    Und manchmal konnte ich mich beinahe selbst davon überzeugen, dass es stimmte.
    Tante Marjorie nickte, sie hielt die Fliegentür für mich auf und ich folgte ihr ins Haus. »Das klingt so, als sei er ganz vernünftig. Ich glaube, ich würde ihn mögen.«
    »Das glaube ich auch, Tante Marjorie. Rufst du mich nachher zum Essen?« Sie nickte wieder und ich ging nach oben in mein Zimmer. Früher war es ein Teil des Speichers gewesen, dann hatte man Wände eingezogen und so etwas wie eine winzige Leseecke geschaffen. Als Tante Marjorie es mir zeigte, hatte es mir sofort gefallen und ich hatte sie gebeten, dort oben wohnen zu dürfen. Eigentlich hatte sie mir ein größeres, »komfortableres« Gästezimmer im Erdgeschoss geben wollen, aber ich sagte ihr, dies hier sei perfekt. Es hatte einen Sitzplatz auf der Fensterbank wie mein Zimmer zu Hause. Durch das runde Bleiglasfenster konnte man die gesamte Farm überblicken.
    Es war himmlisch, sich dort zusammenzukauern und zu lesen, während die Sonne warm auf meine Schultern schien und ich mich wie eine fette, faule Katze fühlte. Katzen kennen keine Sorgen.
    Ich warf meine Umhängetasche auf das ordentlich gemachte Bett und trat vor das Bücherregal, das direkt gegenüber dem Fenster neben einem Dachgaubenbogen stand. Sorgfältig sah ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher