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The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted
Autoren: Jessica Verday
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wird bald fertig sein.«
    Ich folgte ihr ins Haus und atmete tief ein. Der Duft von Brathähnchen lag in der Luft und auf dem Tisch entdeckte ich zwei große, gestreifte Pappbehälter.
    »Ist das Hähnchen von Frankie’s Restaurant?«
    »Ja. In ungefähr zehn Minuten ist es fertig.«
    Tante Marjorie kochte nie. Sie hatte einmal zu mir gesagt, es sei ihr lieber, wenn die Profis diese Arbeit machten. Sie würde auch gerne und gut dafür bezahlen. Ich rannte die Treppe hinauf in mein Zimmer, fand das Handy auf dem Bett und klappte es auf. Ein Anruf von Dr. Pendleton. Ich ignorierte ihn und rief stattdessen zu Hause an. Nach dem dritten Klingeln hob Dad ab.
    »Hi, meine Süße. Ich dachte, wir reden erst morgen weiter? Was ist los?«
    Ich war so froh, seine Stimme zu hören und nicht die von Mom, dass ich erleichtert seufzte. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich beim Wählen den Atem angehalten hatte. »Hey Dad. Ich wollte dir nur sagen … ich hab nachgedacht, über das, was du gesagt hast und … ich mach’s. Ich komme nach Hause.«
    »Bist du sicher? Willst du nicht noch mal darüber schlafen? Du musst dich nicht jetzt sofort entscheiden, das weißt du.« Nun klang er unsicher. »Ich möchte nicht, dass du das später bereust, Abbey. Warum rufst du mich nicht morgen noch mal an und wir besprechen es dann.«
    »Nein, Dad«, entgegnete ich. »Ich habe mich entschieden. Könnt ihr mich gleich morgen abholen kommen?« Das Letzte, was ich jetzt brauchte, war Zeit, um es mir noch einmal anders zu überlegen.
    »Ich denke schon. Gut, dann hast du noch einen oder zwei Tage, um dich auf die Feier einzustimmen. Ich sage gleich deiner Mutter Bescheid.«
    Ich legte auf und seufzte frustriert. Zuerst versuchte er, mich zu überreden, nach Hause zu kommen, und nun klang er fast so, als wollte er es mir wieder ausreden? Ich verstand das nicht.
    Aber wenigstens war die Entscheidung jetzt gefallen.
    Morgen würde ich nach Hause zurückfahren.
     
    Sanfte Musik holte mich aus dem Tiefschlaf. Leise und undeutlich trieben kleine Songfetzen an mir vorüber, ich konnte sie kaum erkennen. Ich glaubte, noch zu träumen.
    Ganz still lag ich da und öffnete weit die Augen. Ich hatte die Vorstellung, dass ich besser hören würde, wenn ich versuchte, nicht zu blinzeln. Wieso ich das glaubte, weiß ich nicht. Ich hielt den Atem an und starrte in die Dunkelheit.
    Da ist es wieder.
    Es klang altmodisch, wie eine Melodie während einer epischen Liebesszene in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Silberhelle Klänge drangen durch die Spalte unter meiner Tür herein und ich lauschte gespannt. Es war wunderschön und gleichzeitig gespenstisch.
    Aber immer noch zu leise.
    Ich schlug die Bettdecke zurück, ließ die Füße auf den Boden gleiten und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Vielleicht kann ich es dann besser hören. Mit einer Hand drehte ich vorsichtig den Türgriff und öffnete.
    Ich folgte dem Klang, bis er plötzlich verstummte. Eine Pause entstand. Dann kam ein Song von Cat Power. In ihrer Stimme lagen Trauer und eine schmerzliche Sehnsucht. Übermannt von den Gefühlen, die das Lied in mir wachrief, schloss ich die Augen.
    Ein leises Klirren von Glas unterbrach diesen Moment. Ich ging weiter bis zur Tür von Tante Marjories Zimmer, die nur angelehnt war, und spähte durch den Spalt. Die Öffnung war so groß, dass ich hineinsehen konnte, ohne das Gesicht an die Tür pressen zu müssen, aber nicht weit genug, dass sie mich sehen würde, falls sie zufällig herüberschauen sollte.
    Tante Marjorie stand vor einem Toilettentisch und schenkte sich gerade einen Drink ein. Ungefähr zwei Zentimeter bernsteinfarbene Flüssigkeit flossen in ein Becherglas. Dann prostete sie einem großen, gerahmten Bild von Onkel Gerald zu, das über dem Spiegel des Toilettentischs hing. Sie legte den Kopf zur Seite und stellte das Glas wieder ab. Ein leises Murmeln und Kichern entkam ihr und sie hielt die Arme in die Höhe, als würde sie im nächsten Moment anfangen, mit jemandem Walzer zu tanzen.
    Cat Powers Stimme schwang sich empor, die Worte »Oh, oh, I do believe« erfüllten den Raum, als Tante Marjorie zu tanzen begann.
    Einmal, zweimal, dreimal bewegte sie sich in einem Dreiecksmuster langsam vor und zurück. Sie trug ein langes, fließendes weißes Nachthemd und mir fiel auf, dass ihr Haar offen war. So hatte ich sie noch nie gesehen. Normalerweise drehte sie ihr Haar zu einem Knoten zusammen, doch nun schwang es in dunkelbraunen Wellen sanft um ihre
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