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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst
Autoren: Jens Lapidus
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lassen.
    Reservierte ein Ticket für einen Charterflug nach Bangkok. Riskierte es.
    Es funktionierte. Bei der Ausreise wurden die Pässe nie besonders gründlich kontrolliert.
    Innerhalb von vier Tagen nach dem Fiasko in der Kühlhalle hatte er das Land verlassen.
    Hätte nie gedacht, dass es so kommen würde.
     
    Paola hatte ihm versprochen, dass er Jorge heißen würde, wenn es ein Junge wurde. Ein richtiger Jorgelito. Auch wenn er niemals ein Leben als richtiger Schwede führen würde, so konnte zumindest Paola es tun. Und dafür sorgen, dass Jorgelito unbeschwert aufwuchs. Ohne Sozialtanten, rassistische Lehrer, Scheißbullen oder Rodriguez. Jorge würde die finanzielle Grundlage dafür schaffen, indem er jede Krone, die er erübrigen konnte, seinem Neffen zukommen ließ.
    Vor ihm am Strand flanierte ein bleicher Europäer Hand in Hand mit einer jungen Thailänderin.
    Jorge schloss die Augen. Eigentlich hatte er die Nase voll von Freiern, mit einigen hatte er allerdings noch ein Hühnchen zu rupfen.
    Dachte an JW in der Kühlhalle, der erst nicht kapieren wollte. Jorge hatte ihn gepusht: »Ich hab in ’nem Video gesehen, wie deine Schwester vergewaltigt und verprügelt wurde. Von diesen Typen. Du musst mir glauben.« JW starrte stur vor sich hin. Fauchte: »Klappe, Jorge. Halt jetzt die Klappe.« Doch Jorge redete weiter, im Flüsterton, aber laut genug, dass JW ihn deutlich verstehen konnte: »Glaub mir. Du hast dich auf die falsche Seite geschlagen. Ich kann verstehn, wenn’s dir schwerfällt umzudenken. Du hast schließlich in die Typen investiert. Aber dein Schwesterherz war eine Art Prostituierte. Diese Jugomafiakiller haben sie ermordet.« Erst da schien JW zu reagieren. Er wandte sich Jorge zu. Sagte betont laut: »Klappe, bevor ich dich zusammenschlage.« Nenad und Mrado ließen JW und Jorge nach wie vor links liegen – sie schnitten Kohlköpfe auf und sackten ein Tütchen nach dem anderen ein. Abdulkarim schrie immer noch. Jorge spürte deutlich, dass JW ihm jetzt zuhörte. » JW , ich hab die Typen mehrere Monate lang beobachtet. Ich weiß genau, was sie treiben.« Jorge erzählte ihm in Kurzform von dem Puff in Hallonbergen. Die Schüsse auf den Zuhälter und die Puffmutter erwähnte er nicht. Stattdessen beschrieb er die Nuttenparty draußen auf Smådalarö. Wie die Freier sich hatten gehenlassen, das Aussehen der Bräute, welche Leute dort gewesen waren. Unterstrich Letzteres, indem er von dem Fuhrpark auf dem Parkplatz vor der riesigen Villa berichtete. Den nebeneinander aufgereihten Luxuskarossen. Erst in dem Moment schreckte JW regelrecht auf.
    Jorge drückte die Kippe im Sand aus. Genoss die Wärme. Die Sonne hier ließ ihn echte Bräune annehmen. Schön, endlich den ekelhaften Geruch der Bräunungscreme los zu sein. Abgesehen von der Bräune war sein Aussehen wieder so wie zuvor. Glattes Haar, schlanker Körper, kein Bart. Nur seine gebrochene Nase erinnerte noch an den neuen Jorge.
    Ein gutes Gefühl.
    Und dennoch – er musste weiter.
    Das Cash würde keine Ewigkeiten reichen.
    Vielleicht sollte er bald zurückfliegen. Mehr Kronen auftreiben.
    Jorgelito kennenlernen.
    ***
    Die Schlüssel rasselten im Schloss. Die doppelten Türen wurden geöffnet.
    Margareta begann zu weinen. Bengt schaute verbissen drein, richtete den Blick auf den Boden.
    Die Aufseher schlossen die Türen hinter ihnen.
    Margaretas Gesicht hatte dieselbe Farbe angenommen wie die Wände in Österåker, kreideweiß.
    Auf der anderen Seite des Holztisches saß JW . Margareta und Bengt setzten sich. Margaretas Hände streckten sich über die Tischplatte und ergriffen JW s. Sie hielt sie fest.
    »Wie geht es dir, Johan?«
    »Ganz okay. Viel besser als während der Untersuchungshaft. Hier kann man ganz gut für die Uni lernen.«
    Bengt hatte den Blick auf die Tischplatte gesenkt. »Und an was für eine Arbeit hattest du gedacht?«
    JW dachte: Er wird es mir niemals verzeihen. Bengt: der ehrenwerte Schwede, kühl und engstirnig. Und dennoch war er hergekommen. Vielleicht hatte seine Mutter ihn gezwungen.
    »Ich werd schon ’nen Job kriegen.«
    Bengt entgegnete nichts.
    Sie redeten über andere Dinge – das Essen im Gefängnis, den Besuch seines Rechtsanwalts und JW s Studium.
    Sie sprachen über die letzten Verhandlungstage. Der Staatsanwalt hatte versucht, JW wegen versuchten Mordes zu verurteilen. Die Drogengeschichte gestand er seinen Eltern. Aber den Schuss auf Nenad – niemals. Wünschte, er hätte besser mit Waffen
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