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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst
Autoren: Jens Lapidus
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umgehen können – er hatte Nenad nur an der Schulter getroffen. Das Gericht hatte seiner Erklärung geglaubt, dass er es dermaßen mit der Angst zu tun bekommen hatte, als die Bullen hereinstürmten, und angesichts Mrados Drohungen und Fahdis Tod so geschockt war, dass sich der Schuss aus Versehen gelöst hatte. Ohne jegliche Absicht zu töten oder auch nur zu verletzen.
    Das Gericht kaufte ihm diese Aussage ab. JW gab seine Beteiligung am Kokainhandel zu. Er beteuerte jedoch immer wieder, dass er nur als Helfer für die Annahme des Shits engagiert worden war. Aufgrund dieser Tatsache und aufgrund seines Alters reduzierten sie die Strafe um einige Jahre. Und dennoch würde er vermodern, zehnmal verwest sein, bis er wieder rauskäme.
    Die Boys hatten ihm den Rücken gekehrt. Taten so, als hätten sie ihn nie gekannt. Erwartungsgemäß. Diejenigen, die in der Scheiße waten, blicken lieber nicht nach unten – da ist es ihnen dann doch zu eklig. Auf Sophie hatte er allerdings gehofft. Ohne Erfolg.
    Es blieb ihm nur eins übrig – sich das Leben im Knast so angenehm wie möglich einzurichten. Er konnte zum Beispiel jederzeit sein Geldwäschesystem an seine Mithäftlinge verkaufen.
Business as usual
betreiben.
    Seine Eltern erwähnten Camilla mit keinem Wort. Und JW hatte es vorgezogen, ihnen nichts zu sagen. Die Polizei würde nicht viel aus Jan Brunéus herausbekommen. Er hatte immerhin nichts Gesetzwidriges getan. JW musste die Scheiße alleine tragen. Verschonte Margareta und Bengt mit der Wahrheit. Das ließ ihn ein bisschen weniger schlecht schlafen.
    Margareta sagte: »Wir haben letzte Woche eine Postkarte bekommen, die ziemlich merkwürdig war, wie ich finde.«
    JW s Interesse war geweckt. »Und vom wem?«
    »Da stand nicht, von wem. Aber sie war unterschrieben mit so etwas wie
El Negrito.
«
    »Und was stand drauf?«
    »Nicht viel, nur dass es der betreffenden Person in Südostasien gut ginge, die Strände sauber seien und dass es Korallen gäbe. Und dann hat er noch dreihundert Scheinumarmungen von seiner Insel auf deine geschickt.«
    JW gab sich gleichgültig. »Aha.«
    »Johan, hat das irgendetwas mit dir zu tun?«
    »Nö, ist nur ’n Freund von mir, der das Leben genießt. Er weiß nicht mal, dass ich im Knast sitze. Wenn ich hier rauskomme, werd ich auch erst mal ins Warme fliegen.«
    Bengt öffnete den Mund.
    Schloss ihn aber sogleich wieder.
    Margareta wandte sich in seine Richtung. »Was ist, Papa? Wolltest du etwas sagen?«
    Bengt schaute JW zum ersten Mal an diesem Tag an. JW starrte zurück und dachte: Vielleicht war das hier das erste Mal überhaupt, dass sein Vater ihn wirklich ansah.
    »Wenn du wieder rauskommst, wirst du nicht ins Warme fliegen. Du wirst dir eine anständige Arbeit besorgen. Weit weg von Stockholm.«
    Bengt senkte seinen Blick wieder auf die Tischplatte. Er sagte nichts mehr.
    Die Stille lag schwer im Raum.
    »Johan, beschreib uns doch, wie dein Tag hier aussieht.«
    JW beschrieb seinen Tagesablauf. Er vergaß Bengt. Dankte Jorge auf ewig. Der Chilene hatte dreihunderttausend auf sein Konto auf der Isle of Man einbezahlt. Er war ein guter Mensch. Vergaß nicht, wer ihn im Wald aufgelesen hatte, obwohl JW sie alle hintergangen hatte, Abdulkarim in den Rücken gefallen war, seine Seele an die Jugos verkauft hatte. Jorge hatte offensichtlich kapiert, dass JW ein doppeltes Spiel spielte, aber er hatte auch kapiert, dass JW nicht wusste, mit wem er da eigentlich gedealt hatte. Dass er ziemlich naiv gewesen war.
    Die Besuchszeit war vorbei.
    Der Aufseher führte seine Eltern hinaus.
    Margareta weinte erneut.
    JW blieb am Tisch des Besucherraumes sitzen.
    Wusste, was er mit dem Geld machen würde.
    Wusste nicht, wie er mit der Beziehung zu seinem Vater umgehen sollte.
    ***
    Kumlas Pausenhof: kurzgetrimmtes Gras, ohne Bäume. Zementblöcke mit geschliffener Oberfläche und relativ neuen Metallstangen – Sport im Freien. Mrado und drei andere Serben hoben Gewichte.
    Es herrschte eine unausgesprochene Übereinkunft. Am Vormittag waren die Serben dran. Nach dem Mittagessen durften die Araber trainieren.
    Das Leben im Knast war für ihn erträglicher als für manch anderen. Im Knast war er jemand. Sein Ruf schützte ihn. Und dennoch: das Klima rauer, als er es vom letzten Mal in Erinnerung hatte. Begann seine eigenen und Stefanovics Aussprüche in der Praxis zu verstehen. Hier regierten die Gangs. Die Ligen gaben den Ton an. Entweder du warst dabei, oder die Sache war gelaufen.
    Die
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