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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme
Autoren: Anna Tarneke
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war.
    Auf der Weihnachtsfeier vor zwei Tagen sah die Lage noch ganz anders aus.
    Meine attraktive Kollegin hatte sich für die Feier ordentlich aufgebrezelt, trug einen engen Rock und eine weit ausgeschnittene Bluse (zu dem Zeitpunkt allerdings noch ohne ihren Bomben-Bra, weshalb der Porno-Effekt nicht ganz so groß war). Zum Essen hatte sie sich zielsicher neben Dr. W. gesetzt und sich ausschließlich mit ihm unterhalten.
    Wie auf Weihnachtsfeiern üblich, wurde auch auf unserer ordentlich gebechert. Schon beim Hauptgericht hatten Petra und Dr. W. merklich einen sitzen – und flirteten als gäbe es kein morgen: Petra ließ ihn von ihrem Essen probieren und zog im letzten Moment kichernd die Gabel zurück; Dr. W. legte seinen Arm betont zufällig auf Petras Stuhllehne; Petra wischte gackernd einen Soßenfleck von Dr. W.s Kinn, und nach dem Dessert und mehreren Grappas tranken die beiden schließlich Brüderschaft. Als später am Abend im Nebenraum getanzt wurde, hingen die beiden aneinander wie zwei Kletten, und als ich mir gegen ein Uhr ein Taxi bestellte, sah ich sie knutschend vor den Waschräumen stehen, bevor sie kurz darauf in der Behindertentoilette verschwanden.
    So weit so gut, könnte man denken. So ist es nun mal auf Weihnachtsfeiern, da wird doch immer viel zu viel getrunken, und irgendwer knutscht garantiert im Kollegenkreis herum. Das international anerkannte, unausgesprochene Gesetz besagt in solchen Fällen: Am nächsten Tag ist alles vergessen, und keiner spricht mehr darüber. Zumindest wenn alle Beteiligten sich einig sind.
    Leider waren sich in diesem Fall die Beteiligten aber nicht einig.
    Denn da war zum einen meine Kollegin Petra. Anfang zwanzig, gut aussehend, Single und auf der Suche nach einem passenden Mann, sprich: einem Arzt. Ja, auch das werden Sie für ein Klischee halten, doch so ist es wirklich. Ärzte stehen im Beuteschema vieler Krankenschwestern immer noch ganz weit oben auf der Liste.
    Zum anderen war da Dr. W, Ende dreißig, ebenfalls recht attraktiv, aber leider verheiratet und das mit einer Frau, die gerade das zweite Kind von ihm erwartete. Sprich: Dr. W. war alles andere als auf der Suche nach einer passenden Frau, und das schlechte Gewissen angesichts seines alkoholisierten Fauxpas konnte man ihm deutlich ansehen.
    Ich konnte es wenigstens. Petra hingegen schien es geflissentlich zu übersehen.
    Â»Wir haben doch Brüderschaft getrunken, erinnerst du dich nicht mehr?«, flüsterte sie ihm verführerisch zu.
    Dr. W. studierte übertrieben genau eine Patientenakte, und ich war mir sicher, wenn sich der Boden aufgetan hätte, wäre der sich überdeutlich schämende Angebetete dankbar darin versunken.
    Â»Nein. Und ich möchte Sie auch bitten, es beim »Sie« zu belassen«, murmelte er, ohne Petra dabei anzusehen.
    Vermutlich dachte Dr. W., dass die Sache damit geklärt war. Eine massive Fehleinschätzung, denn Petra ließ nicht locker. In den nächsten Tagen kam es einem so vor, als wäre sie auf der Jagd: Sie sorgte dafür, dass sie stets im gleichen Behandlungsraum war wie er, ließ keine Gelegenheit aus, seinen Arm zu streifen oder seine Schulter zu berühren, und schaute ihn nur noch mit weit aufgeschlagenen Augen und von unten an – ich habe nie verstanden, warum Frauen glauben, mit diesem Hundeblick etwas erreichen zu können. Aber auch Petra schien fest davon überzeugt zu sein. Außerdem kam sie selbstverständlich weiterhin mit ihrem Mega-Bra zur Arbeit und war (für ein Playboy-Häschen) immer absolut perfekt gestylt.
    Für Dr. W. wurde das Ganze zum Spießrutenlauf. Er versuchte, kurzfristig seine Dienstpläne zu ändern, was unmöglich war, bat immer häufiger mich statt Schwester Petra, ihm zu assistieren und schickte die entflammte junge Frau bei jeder Gelegenheit ins Archiv oder sonst wohin, wo er ihr nicht begegnen musste. Eines Tages versteckte er sich sogar hinter einem Paravent, als Petra das Behandlungszimmer betrat.
    Für meinen Geschmack ging das zu weit.
    Meine Kollegin, die eigentlich eine kompetente Schwester war, lief wie eine rollige Hündin durch die Gegend, was nicht nur nervte, sondern in dem hektischen Betrieb einer Notaufnahme zudem nicht gerade hilfreich war. Außerdem zeigte sie sich vollkommen uneinsichtig.
    Â»Du weißt schon, dass er verheiratet ist und bald zwei Kinder hat?«, gab ich ihr zu bedenken.
    Â»Na
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