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0178 - Stadt der toten Seelen

0178 - Stadt der toten Seelen

Titel: 0178 - Stadt der toten Seelen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Der Schein der heißen Mittagssonne fiel auf eine geheimnisvoll wirkende Zeichnung mit fremdartigen Symbolen. Nur ein einziger Strich fehlte noch, um der Zeichnung die Macht zu geben, die sie haben sollte. Ihre Magie sollte Weltentore entstehen lassen.
    Und eine Skeletthand bewegte sich, berührte die Zeichnung und vervollständigte sie!
    Der Totenschädel grinste höhnisch!
    ***
    Boris Goranin schmetterte die Tür seines altersschwachen Moskvitchs zu. Der Wagen ächzte leicht. Goranin grinste; das Fahrzeug war etwas älter als er selbst, hatte aber bislang klaglos durchgehalten, obgleich es bisweilen nicht unerheblich durch das Gelände gescheucht worden war. Goranins Vater verzichtete auch jetzt noch auf ein anderes Fortbewegungsmittel als ein Pferd; das Kosakenblut überwog noch in ihm. Aber Boris versuchte mit der Technik zurechtzukommen. Und immerhin bot der Wagen einem Pferd gegenüber den Vorteil, daß er keiner so aufwendigen Pflege bedurfte. Einmal im Monat riskierte Boris eine Generalreinigung, stets gewärtig, den Wagen dabei zerfallen zu sehen. Aber der Moskvitch war von einer unglaublichen metallenen Zähigkeit.
    Halb auf dem Weg ins Haus hielt Boris ein. Er hatte die Schéinwerfer des Wagens brennen lassen! Das wäre morgen früh heiter geworden… Er wandte sich um und wollte zum Wagen zurückgehen, als er das Heulen hörte.
    Der Wolf war wieder da!
    Er war ein Einzelgänger, vom Rudel ausgestoßen, deshalb aber nicht weniger gefährlich. Bis zu diesem Tag war es keinem Jäger gelungen, ihn abzuschießen, es schien, als würde der Graufellige vom Teufel persönlich beschützt. Dafür riß er jede Menge Vieh und erdreistete sich sogar, ins Dorf einzudringen und Menschen anzufallen. Ein für einen Wolf untypisches Verhalten…
    »Er muß einen Knall haben, der Graue«, murmelte Boris und ging weiter. Als er den Schalter betätigte und die beiden Lichtkegel der Scheinwerfer erloschen, öffnete sich die Haustür. Sein Vater, der alte Serge Wassilowitsch Goranin, trat ins Freie. Er hielt die überschwere, lange Donnerbüchse in den Händen, die schon den ersten Weltkrieg erlebt haben mußte. Das Ding war ein Vorderlader, besaß aber eine gewaltige Feuerkraft.
    Wieder heulte der Wolf. Es war bereits nahe. Er mußte sich ziemlich rasch bewegen.
    »Komm herüber«, rief der alte Goranin.
    Boris folgte der Aufforderung. Neben seinem Vater blieb er stehen.
    »Es klingt so seltsam«, sagte der Alte. »Als ob er Angst hätte, der Bursche.«
    Boris zuckte mit den Schultern. Mit den Gefühlsäußerungen von Wölfen kannte er sich nicht sonderlich gut aus. Er war nicht mehr so naturverbunden wie der Halbkosak Serge, ihn zog es mehr in die Stadt.
    Wieder heulte der Wolf.
    »Er muß direkt vor dem Wäldchen sein«, murmelte der Alte. Er hob das vorsintflutliche Gewehr.
    Boris spähte in die angegebene Richtung. »Ich sehe ihn«, sagte er plötzlich.
    »Du hast bessere Augen als ich und eine ruhigere Hand«, sagte Serge. Er drückte Boris die Flinte in die Hand.
    »Trägt die Knarre überhaupt bis dorthin?« fragte Boris.
    »Ich sollte dir den Hintern versohlen«, knurrte der Alte. »Dieses Gewehr hat schon so weit getragen, als der Zar noch lebte!«
    »Eben«, brummte Boris. »Was hast du geladen?«
    Er kam nicht zu einer Antwort. Denn beide sahen in diesem Moment das Unglaubliche.
    Ein eigenartiges Leuchten bildete sich um den Wolf und hüllte ihn ein. Das Tier heulte schrill, aber das Heulen wurde zu einem verzweifelten, angstvollen Winseln.
    Dann, schlagartig, erlosch das Leuchten, und mit ihm war der Wolf verschwunden.
    Serge bekreuzigte sich. »Der Teufel«, keuchte er atemlos. »Der Teufel hat ihn geholt…«
    Ein eigenartiges Gefühl beschlich Boris. Seine Nackenhaare stellten sich auf.
    Und dann glomm es auch um ihn auf, und eine unsichtbare Faust packte zu und riß ihn aus dieser Welt.
    ***
    Patsy Lobone, eine halbe Erdumkreisung und zwölf Stunden von jenem sibirischen Dorf entfernt, schob den Einkaufswagen zu ihrem VW-Rabbit auf dem Supermarkt-Parkplatz. Sie hatte für die ganze Woche im voraus eingekauft, weil das rationeller war. Und da sie allein wohnte, war das auch nicht allzuviel.
    Der Parkplatz war leicht geneigt, und der Wagen machte sich ständig selbständig. Die sechsundzwanzigjährige Amerikanerin schüttelte verärgert den Kopf und öffnete die Heck klappe des Wagens. Sie stellte sich gegen den Einkaufswagen, daß dieser nicht davonrollen konnte, und begann umzupacken.
    Sie sah auf die Uhr. Zehn
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