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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme
Autoren: Anna Tarneke
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und?«, winkte Petra ab. »Ich habe kein Problem damit, der Scheidungsgrund zu sein.«
    Â»Seine Frau ist kurz vor der Niederkunft!«
    Petra zuckte mit den Achseln.
    Â»Das Leben ist kein Ponyhof«, sagte sie und schminkte sich die Lippen nach.
    Na, das konnte ja heiter werden.
    Â»Sie müssen mit Schwester Petra sprechen«, sagte ich daher bei nächster Gelegenheit zu Dr. W.
    Â»Warum?«, fragte er scheinbar ahnungslos.
    Â»Sie wissen ganz genau, warum«, antwortete ich ihm nur. Ich hatte diese Kinderspiele satt.
    Â»Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen, Schwester«, sagte Dr. W., der offensichtlich lieber Verstecken spielte, als Klartext zu reden. Typisch Mann, dachte ich mir.
    Zum Glück nahte die Lösung des Problems wenige Tage später in Form seiner hochschwangeren Ehefrau. Bei der hatten nämlich überraschend früh die Wehen eingesetzt, mitten auf der Straße war sie zusammengebrochen und kam nun mit Blaulicht zu uns in die Klinik. Es folgten ziemlich dramatische Stunden, in denen zwischenzeitlich die Herztöne des Babys nicht mehr zu hören waren und es Mutter und Kind alles andere als gut ging.
    Doch dann kam der Moment, der die Mutter vom Wehenschmerz, das Baby vom Mutterleib und mich von der liebestollen Kollegin befreite: Das Kind war geboren.
    Dr. W. saß auf dem Bett seiner Frau, die das gesunde Neugeborene endlich im Arm halten konnte, während ihr Mann mit Tränen in den Augen seinen dreijährigen Sohn auf dem Schoß hatte und alle gemeinsam den neuen Familienzuwachs glücklich betrachteten.
    Es war ein Bild perfekter Harmonie.
    Als Schwester Petra die Szene zufällig beobachtete, schien ihr schlagartig klar zu werden, dass sie niemals ein Scheidungsgrund werden würde. Jedenfalls nicht bei Dr. W. Miesepetrig knöpfte sie die obersten Knöpfe ihres Kittels zu – um sie fünf Minuten später wieder fröhlich aufzumachen, als ein neuer, unglaublich durchtrainierter Rettungssanitäter den nächsten Patienten brachte …
    ***
    Ja, ja, die Liebe … Sie ist ein stark verbindendes Element. Nicht nur bei Dr. W. und seiner Familie, auch bei Roger und Karim, die zu den sympathischsten Patienten zählen, die ich je hatte.
    Die beiden jungen Männer waren Anfang zwanzig, zwei sehr gepflegte, hübsche Jungs, die total verliebt ineinander waren. Händchenhaltend standen sie vor mir.
    Â»Hallo, Schwester«, sagte Karim zu mir und lächelte schüchtern. »Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, wir haben ein Problem.«
    Â»Ich habe ein Problem«, unterbrach ihn Roger.
    Â»Nein.« Karim schüttelte den Kopf. »Es ist unser Problem. Wir haben das zusammen gemacht, also baden wir das auch zusammen aus.«
    Roger lächelte seinen Freund dankbar an.
    Â»Um was geht es denn?«, fragte ich. »Wollen Sie sich setzen?«
    Â»Um Himmels willen!«, entfuhr es Roger.
    Â»Auf gar keinen Fall!«, fügte Karim energisch hinzu.
    Irritiert sah ich die beiden an. »Was ist denn passiert?«
    Â»Wir … nun ja … ach, was soll ich lügen. Wir haben ein bisschen herumexperimentiert und heute einen Gemüsetag gemacht …«, begann Karim.
    Â»Gurken-Tag, um genau zu sein …« Roger grinste vielsagend, und ich ahnte schon, was jetzt kommen würde. Bereits nach wenigen Jahren in der Notaufnahme weiß unsereins, dass Gurken nicht nur zum Salatmachen verwendet werden.
    Â»Ja, Gurken … ich wollte Roger damit verwöhnen, und leider ist die blöde Gurke dabei zu tief reingerutscht …«
    Â»â€¦ und jetzt ist sie weg.« Roger räusperte sich. »Ist mir ganz schön peinlich …«
    Ich nickte. »Kann ich mir vorstellen. Wie lange ist die Gurke schon da, wo sie jetzt ist?«
    Â»Erst seit ein paar Stunden. Wir haben versucht, sie selbst rauszukriegen, aber als klar war, dass das nicht klappt, sind wir direkt zu Ihnen gekommen«, sagte Karim. »Wir wollten ja schließlich nicht noch mehr Schaden anrichten.«
    Â»Sehr vernünftig. Dann kommt mal mit, ihr zwei.«
    Ich nahm die beiden mit in den proktologischen Behandlungsraum und wies Roger an, sich unten herum frei zu machen und schon mal auf dem Proktologenstuhl Platz zu nehmen, während ich Dr. Claas H. holte.
    Â»Gemüsetag …«, sagte er nur. »Wenn ich jemandem erzählte, wie viele Gurken ich schon aus dem Allerwertesten anderer Leute gezogen habe, dann
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