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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter
Autoren: R Ford
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unter allen Umständen tun wollen. Ich glaube heute, daß sie mir über Fincher Barksdale und meine frühere Frau eine Lüge erzählt hat, auch wenn es letzten Endes keine verletzende Lüge war. Vielleicht ist ihr das alles peinlich. Aber sie verfolgte ihre eigenen Zwecke damit, und wenn ich nicht vorhatte, mich ihr anzuvertrauen (und ich hatte es nicht vor), dann gab es keinen Grund, weshalb sie sich mir anvertrauen sollte. Mein Schaden war nicht größer als der Schaden, den einem ein schmerzendes Kinn zufügt, und ich bin ihr nicht böse. Sällawie, wie sie selbst oft sagte.
    Ich bin schließlich aus dem »Klub der Geschiedenen Männer« ausgetreten. Aber nach Walters Tod schien dort die Begeisterung ohnehin nicht mehr groß. Der Klub schien seinen Zweck nicht sehr gut zu erfüllen, und ich glaube, die anderen Männer werden irgendwann dazu übergehen, einfach wieder altmodische Freundschaften zu pflegen.
    Was meine Kinder angeht, so haben sie vor, mich zu besuchen, aber das wollten sie schon den ganzen Sommer über, und es könnte sein, daß ihre Mutter sie nicht schickt, weil sie den Verdacht hat, daß ich hier ein anstößiges Junggesellenleben führe. Irgendwie kommt immer etwas dazwischen. Sie waren enttäuscht, daß unsere Fahrt um den Lake Erie ins Wasser fiel, aber es wird noch andere Gelegenheiten geben, solange sie noch jung sind.
    X’ Mutter, Irma, ist zu Henry nach Michigan zurückgekehrt. Nach zwanzig Jahren sind sie wieder zusammen. Sie haben mit Sicherheit Angst davor, allein zu sterben. Im Gegensatz zu mir spüren sie, wie die Zeit verfliegt. In ihrem letzten Brief schrieb Irma: »In der Free Press habe ich gelesen, Franky, daß viele Prominente – mit Ausnahme einer Fernsehsprecherin – jeden Tag in der Frühe den Sportteil der Zeitung lesen. Ich finde das ermutigend. Du nicht?« (Doch.) »Ich finde, Du solltest da besser am Ball bleiben.«
    Was X selbst angeht, so kann ich da nur sagen: Wer weiß? Sie hält mich nicht für einen schrecklichen Mann, und das ist mehr, als die meisten Ehen als Kapital für die Zukunft haben. Sie spielt in letzter Zeit auf Golfturnieren, die von Klubs im Osten veranstaltet werden, und tritt dabei gegen neue Gegnerinnen in Pennsylvania und Delaware an. Sie sagte mir am Telefon, sie spiele im Augenblick den besten Golf ihres Lebens, habe großes Vertrauen in ihre Putts, und mit den Eisen für die langen Schläge komme sie jetzt bestens zurecht – Fertigkeiten, die sie vielleicht nicht einmal hätte, wenn sie all die Jahre Turniere gespielt hätte. Sie sagte auch, es gebe Teile ihres Lebens, die sie gern zurücknehmen würde, ging aber nicht näher darauf ein. Ich fürchte, sie ist verstärkt zur Selbstbeobachtung übergegangen, was nicht immer ein gutes Zeichen ist. Sie redete von einem Umzug, sagte aber nicht, wohin. Sie sagte, sie werde nicht wieder heiraten. Sie sagte, sie wolle vielleicht Flugstunden nehmen. Nichts würde mich überraschen. Beim letzten Mal fragte sie mich kurz, bevor sie auflegte, warum ich sie an dem Abend damals, vor Jahren, nicht getröstet hätte, als in unser Haus eingebrochen worden sei, und ich antwortete ihr, das alles sei mir so idiotisch und zugleich so unerklärlich vorgekommen, daß ich einfach nicht gewußt hätte, was sagen, aber daß es mir leid tue und daß ich in der Situation versagt hätte. (Ich hatte nicht das Herz, ihr klarzumachen, daß ich sehr wohl mit ihr geredet, daß sie mich aber nicht gehört hatte.)
    Das Leben hat, wie ich schon sagte, nur einen einzigen sicheren Abschluß. Es ist möglich, eine einzige Person und sonst niemanden zu lieben und trotzdem nicht mit dieser Person zusammenzuleben oder sie auch nur zu treffen. Wer etwas anderes sagt, ist ein Lügner oder ein sentimentaler Spinner oder noch Schlimmeres. Es ist möglich, verheiratet zu sein, geschieden zu werden und danach mit einer Reihe ganz neuer Übereinkünfte einen neuen Anfang miteinander zu machen, mit Dingen, die du vorher in deinem Leben nicht gemocht oder auch nur verstanden hättest und die nun zu deiner Überraschung absolut perfekt scheinen. Die einzige Wahrheit, die nie eine Lüge sein kann, ist das Leben selbst – das, was geschieht.
    Werde ich je wieder in Haddam und in New Jersey wohnen? Ich habe nicht die leiseste Ahnung.
    Werde ich wieder als Sportreporter arbeiten und tun, was ich früher tat, und zwar mit Vergnügen? Dito.
    Vor einer Woche habe ich in der St. Petersburg Times gelesen, daß in der De Tocqueville Academy ein Junge
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