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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Vorwort
    von Frank Schätzing
    Als mir angeboten wurde, das Vorwort zu Wolfgang Jeschkes Roman »Der letzte Tag der Schöpfung« zu schreiben, war meine erste Reaktion blankes Erstaunen. Ich erinnerte mich an den Titel, obwohl ich ihn nie gelesen hatte. Er repräsentierte damals neben den Werken Stanislaw Lems, Ray Bradburys und einiger weiterer eine Kategorie der Science Fiction, die etwas verkniffen als »ernstzunehmend« bezeichnet wurde. Aber lag das nicht ein Vierteljahrhundert zurück? Heilige Spiralgalaxis! Welch sinistren Plan verfolgte der Verlag? Wollte man mich etwa zurück ins Jahr 1981 transmittieren? Das Genre steckt voller Zeitreisegeschichten - wer seinen Planck gelesen hat und sich hinreichend in der Kosmographie von Paralleluniversen auskennt, weiß, dass man durch die Zeitalter purzelt, eh man sich versieht. Man würde mich also zum Kaffee einladen, heimlich scannen, in Moleküle zertrümmern, meine Bauanleitung in die beginnenden Achtziger irgendeines benachbarten Universums schicken und darauf hoffen, dass ich dort quantengesetzlich wieder zu einem vollständigen Frank Schätzing zusammengefügt werde, der Stein und Bein zu schwören bereit ist, er selber zu sein.
    Zugleich war ich nostalgisch bewegt. Wolfgang Jeschke galt uns damals als der Obi-Wan Kenobi der deutschen Science Fiction, einer, der wispernden Respekt genoss. Als Teenager habe ich Zukunftsgeschichten verschlungen wie ein Schwarzes Loch, die Masse der absorbierten Seiten und Einbände dürfte sich rückblickend auf einige Zentner belaufen, und immer wieder tauchte der freundliche Herr mit dem Vollbart auf. Jeschke hatte eine trüffelfeine Nase für Autoren, er veröffentlichte einige der besten Anthologien aller Zeiten und ließ seine eigene Phantasie so virtuos über zukünftige Schauplätze pirouettieren, dass ihm das Feuilleton lange und nachdenkliche Artikel widmete. Damals beschloss ich, eines Tages auch Science Fiction zu schreiben und sie Wolfgang Jeschke - wem sonst!? - anzubieten, doch dann verschlang sich das Schwarze Loch irgendwie selber. Nachdem ich die Bekanntschaft hunderter Außerirdischer gemacht und begriffen hatte, dass die Weizenkörner im Spreu des Genres eher selten zu finden sind, verlor ich das Interesse an klassischer Science Fiction und wandte mich der kontemporären Kunst des Totschlags zu, die, wie man seit Agatha Christie weiß, von großer Ergiebigkeit ist.
    Plötzlich wieder mit Jeschke konfrontiert zu sein, drehte die Zeit tatsächlich zurück. Ich war natürlich geehrt. Beruhigte mich über der Erkenntnis, dass man keineswegs beabsichtige, mich in Elementarteilchen zu zerlegen, sondern dem »Letzten Tag der Schöpfung« eine schicke Neuauflage widmete, was ich nur angemessen fand. Wie gesagt, ich hatte versäumt, das Buch beizeiten zu lesen, aber dass der Verfasser in den Olymp der raumfahrenden Rasse gehörte, war sternenklar, daran gab es nichts zu rütteln. Selbstverständlich würde ich ein Vorwort schreiben! Ich würde das Vergnügen haben, einzutauchen ins Zukunftsbild der frühen Jahre, als wir ernsthaft glaubten, die Mannschaft des schnellen Raumkreuzers Orion mit ihren Wirtschaftswunder-Trendfrisuren und den Taillen-Abnähern an Eva Pflugs Uniform repräsentiere das dritte Jahrtausend. Noch enthusiastischer wurde ich, als sich herausstellte, dass es sich beim »Letzten Tag der Schöpfung« tatsächlich um eine Zeitreisegeschichte handelte. Jeder ehrbare Science-Fiction-Fan der frühen Jahre liebt H. G. Wells und seine Zeitmaschine, aber richtig lustig wurde es eigentlich erst, als diverse Autoren den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auf so abenteuerliche Weise verbogen, dass Zeitreisen regelrecht in Mode kamen. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts fuhr man wohl physisch nach Mallorca oder an die Adria, tatsächlich aber erholte man sich in ferner Zukunft oder im Mittelalter oder am besten gleich im Paläozoikum, und selbstverständlich nahm man nicht den nächsten Flieger, sondern stürzte sich in Singularitäten, quetschte sich durch Zeitrisse und drückte auf hübsch blinkende Knöpfe. Zeitreisegeschichten, muss man leider sagen, sind der Science Fiction zum lustvollen Verhängnis geworden. Sie machten zwar den meisten Spaß, bezogen ihn jedoch fast sämtlich aus der konsequenten Umgehung der Naturgesetze, ungetrübt von jeglicher physikalischer Sachkenntnis - Hauptsache, die Reiseroute stimmte.
    Ich habe »Der letzte Tag der Schöpfung« dann endlich gelesen, mit knapp
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