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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter
Autoren: R Ford
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Ganz anders als in Gotham, wo du jede Sekunde spürst, die du am Leben bist, dabei aber irgendwie alles andere verpaßt.
    Mit meinen Bankersparnissen habe ich mir einen sportlichen meergrünen Datsun geleast und meinen Wagen und mein Haus in Bosobolos Obhut gelassen. Das hat es ihm ermöglicht – wie er in einem Brief erklärte –, seine Frau aus Gabun herüberzuholen und in Amerika ein richtiges Eheleben zu führen. Was aus dem plumpen weißen Mädchen geworden ist, weiß ich nicht. Möglich, daß er sie aufgegeben hat, muß aber nicht sein. Und ich weiß auch nicht, was meine Nachbarn von der neuen Situation halten – wenn sie Bosobolo draußen im Garten sehen, wie er Geißbart und Schierling inspiziert, seine langen Arme in die Luft reckt und aus Herzenslust gähnt.
    In Longboat Key an der Küste habe ich in einer Wohnanlage (»Nur für Erwachsene«) ein möbliertes Apartment, und von meinem Magazin habe ich mich auf unbestimmte Zeit beurlauben lassen. Und mein Leben war in diesen paar Monaten eine durchaus angenehme Mischung. Am Abend kommt es oft vor, daß jemand Big Band- oder Reaggae-Platten auflegt, und Männer und Frauen versammeln sich am Pool, mixen Drinks, tanzen und plaudern. Es gibt natürlich genügend Mädchen in Badeanzügen und Strandkleidern, und hin und wieder ist eine von ihnen bereit, die Nacht mit mir zu verbringen, und zieht am nächsten Morgen wieder ab, zurück zu dem, was sie vorher interessierte: ein Job, ein anderer Mann, Reisen. Ein paar sympathische Homosexuelle wohnen hier ebenso wie eine große Anzahl von pensionierten Offizieren der Navy – Burschen aus dem mittleren Westen die meisten, zum Teil in meinem Alter –, die über viel Zeit und Energie verfügen und nicht genügend zu tun haben. Die Männer von der Navy wissen Geschichten aus Vietnam und Korea, die alle zusammen ein gutes Buch ergeben würden. Ein paar von ihnen haben mich dann auch gefragt, ob ich nicht ihre Lebensgeschichte aufschreiben würde, nachdem sie erfuhren, daß ich vom Schreiben lebe. Doch sobald mich diese Dinge langweilen, oder wenn ich nicht in der richtigen Stimmung dafür bin, gehe ich hinüber zum Strand, der gleich hinter der Staumauer liegt, und gehe eine Weile im späten Tageslicht spazieren, wo der Himmel wirklich hoch und weiß ist, sehe den Horizont in Richtung Kuba dunkel werden, das letzte Touristenflugzeug des Tages aufsteigen und weiß Gott wohin fliegen. Ich mag den flachen Plexus des Golfs und das Gefühl, daß eine unermeßliche, beunruhigende Landschaft unter Wasser liegt, für immer verloren, während uns nur das festumrissene Land bleibt, eine traurige und flache und melancholische Prärie, die einsam sein kann, aber auf eine reizvolle Art. Ich bin sogar zum Sunshine Skyway raufgefahren, wo ich an Ida Simms denken mußte und an den Abend, als Walter und ich von ihr redeten und er mir sagte, wieviel sie ihm bedeutet habe. Ich habe mich dann gefragt, ob sie je dort oder auf den Seychellen oder an einem ähnlichen Ort zu sich gekommen und zu ihrer Familie zurückgegangen ist. Wahrscheinlich nicht.
    Mir ist klar, daß ich das alles erzählt habe, weil ich – ohne daß es mir bewußt war – an diesem Donnerstag vor einigen Monaten mit einem besonderen Gefühl aufwachte, mit einer Ahnung, daß alle möglichen Dinge sich ändern und geregelt werden und schon bald zu einem Abschluß kommen würden und daß ich vielleicht etwas zu erzählen haben würde, etwas Wichtiges und vielleicht sogar Interessantes. Und nun bin ich wieder an dem Punkt, wo ich nicht weiß, wie alles ausgehen wird, eine Gemütsverfassung, die ich als angenehm empfinde. Ich ahne, daß ich einem großen, leeren Moment in meinem Leben ins Auge gesehen habe, aber ohne das übliche schreckliche Bedauern zu empfinden – und das ist ja schließlich die Art und Weise, wie ich anfangs versucht habe, das alles zu beschreiben.
    Gelegentlich fahre ich in meinem Datsun hinüber und streiche in den Trainingszentren der großen Baseballklubs aus dem Norden herum, wo im Augenblick nicht viel los ist. Die Tigers haben eine Rekordserie hingelegt und sind meiner Ansicht nach nicht mehr aufzuhalten. Im Quartier der Spieler herrscht eine seltsame, gespannte Fröhlichkeit. Ein paar Spieler, die sich Hoffnungen machen, beginnen mit dem Herbsttraining, Jungs von südlich der Grenze und einige ältere Spieler, deren beste Zeit vorbei ist und von denen ich einige schon vor vielen Jahren habe spielen sehen. Sie sind aus eigenem Antrieb hier und
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