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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter
Autoren: R Ford
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Polizisten, wie er auf ein Klemmbrett blickte.
    Von der entlegenen Seite des »neuen Teils« äugt ein kleines Reh in meine Richtung. Hin und wieder funkelt das gelbe Tapetum in seinen Augen bis herüber zum alten Teil, wo die Bäume größer sind und wo in Sichtweite des Grabs mit meinem Sohn drei Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung begraben liegen, vom Grab meines Sohnes aus kann man ihre Gräber sehen.
    Meine Nachbarn, die Deffeyes, spielen Tennis und rufen sich den Spielstand in gedämpft-höflichen Frühmorgenstimmen zu. »Entschuldigung.« – »Danke.« – »Vierzig-null.« Pock. Pock. Pock. »Vorteil für dich, Schatz.« – »Ja, danke.« – »Dein Spiel.« Pock. Pock. Ich höre, wie sie heftig und stoßweise durch die Nase atmen, höre das Scharren ihrer Füße. Sie sind schon in den Achtzigern und brauchen keinen Schlaf mehr, und so sind sie Tag und Nacht auf den Beinen. Sie haben matte Barium-Schwefel-Lampen installiert, damit das Licht nicht in meinen Hof fällt und mich am Schlafen hindert. Und wir sind gute Nachbarn geblieben, wenn nicht enge Freunde. Heute habe ich nicht mehr viel gemein mit ihnen und werde kaum einmal zu ihren Cocktailpartys – oder zu denen anderer Leute – eingeladen. Die Leute in der Stadt sind bei aller Zurückhaltung immer noch freundlich zu mir, und in meinen Augen sind es gute Menschen, konservativ, anständig.
    Es ist, wie ich inzwischen weiß, nicht leicht, einen geschiedenen Mann zum Nachbarn zu haben. In ihm schlummert das Chaos – der lebensfähige Gesellschaftsvertrag ist durch den zwielichtigen Aspekt des Sex in Frage gestellt. Die meisten meinen, sie müßten eine Entscheidung treffen, und es ist immer leichter, sich für die Ehefrau zu entscheiden, was denn auch fast alle meine Nachbarn und Freunde getan haben. Und obwohl wir über die Garageneinfahrten und Hecken oder auf den Parkplätzen von Lebensmittelmärkten über die Dächer unserer Autos hinweg plaudern und uns über den Zustand unserer Dachunterseiten und Fallrohre und die Wahrscheinlichkeit eines frühen Winters austauschen, manchmal auch zaghafte Pläne für einen gegenseitigen Besuch machen, kommen wir praktisch nie zusammen. Und ich werde spielend damit fertig.
    Der Karfreitag heute ist ein besonderer Tag für mich, ungeachtet der schon angesprochenen Besonderheit. Als ich heute morgen im Dunkeln aufwachte, hämmerte mein Herz wie ein Tamtam, und es kam mir so vor, als bahne sich eine Veränderung an, als sei diese Verträumtheit, an die sich Erwartungen knüpfen und die ich nun schon einige Zeit empfinde, im Begriff, von mir zu weichen, hinaus in die kühle, dunkle Morgendämmerung.
    Heute breche ich nach Detroit auf und mache mich an das Porträt eines berühmten ehemaligen Footballspielers, der in Walled Lake (Michigan) wohnt und seit einem Unfall beim Wasserskilauf an den Rollstuhl gefesselt ist, der aber für seine früheren Mannschaftskameraden dadurch zum leuchtenden Vorbild wurde, daß er tapfer und zielstrebig aufs College zurückkehrte, in Kommunikationswissenschaften seinen Abschluß machte, seine schwarze Physiotherapeutin heiratete und schließlich das Ehrenamt des Mannschaftsgeistlichen für seine alten Kameraden übernahm. Der »Beitrag zur gemeinsamen Sache« wird mein Aufhänger sein. Geschichten dieser Art machen mir Spaß, und sie bereiten mir wenig Mühe.
    Die Sache wird aber dadurch spannender, daß ich meine neue Freundin Vicki Arcenault mitnehme. Sie ist erst vor kurzem von Dallas nach New Jersey heraufgezogen, aber ich bin schon jetzt ziemlich sicher, daß ich in sie verliebt bin (ich habe es noch nicht angesprochen, aus Angst, sie könnte mißtrauisch werden). Als ich mir vor zwei Monaten in meiner Garage beim Schleifen des Messers vom Rasenmäher den Daumen aufschlitzte, war es Schwester Arcenault, die mich in der Notaufnahme der Ärzteklinik zusammenflickte, und seither hat sich einiges entwickelt. Sie machte ihre Ausbildung an der Baylor University in Waco und zog hierher, als ihre Ehe kaputtging. Tatsächlich lebt ihre Familie unten in Barnegat Pines, nicht allzu weit weg, in einem neuen Wohngebiet dicht am Meer, und ich bin als Beweisstück Nummer eins beim Osteressen eingeplant – um ihnen den Beleg dafür zu liefern, daß sie den Wechsel in den Nordwesten erfolgreich vollzogen, einen zuverlässigen und gutherzigen Mann gefunden und die schlechten Zeiten einschließlich ihres hitzköpfigen Ehemannes Everett weit hinter sich gelassen hat. Ihr Vater, Wade,
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