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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter
Autoren: R Ford
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wird, mich zu lieben. Es ist natürlich eine Art, die ich schon kenne, die ich, bedenkt man alles, einfach kennen muß (das ist ein Thema, das dich nicht überrascht, wenn du erst erwachsen bist). Es wird die halbernsteste aller Arten sein, jemanden zu lieben. Nicht die Art, wie sie Dartmouth-Dan liebt, und auch nicht die Art, wie sie den glücklichen Mann lieben wird, den sie höchstwahrscheinlich einmal heiratet – einen arglosen Columbia-Absolventen mit einer bereits auf ihn wartenden Anwaltskanzlei in der Familie. Sondern eine Art, die zwischen diesen liegt, eine Art, die besagt: Das hier ist ziemlich ernst, aber nur der Erfahrung wegen; ich wäre das am meisten überraschte Mädchen in ganz Boston, wenn daraus irgend etwas Wichtiges werden sollte; es wird interessant sein, ganz sicher, und im Rückblick werde ich eines Tages sicher sein, daß ich richtig gehandelt habe und alles, aber ich werde nicht so genau wissen, warum ich das glaube; volle Kraft voraus.
    Und wie stelle ich mich dazu? Von einem gewissen Punkt an spielt eigentlich nichts anderes mehr eine Rolle als deine Einstellung – deine Hoffnungen, deine Risiken, deine Opfer, deine potentiellen Inseln der Reue und Belohnungen –, wenn du dich auf das einläßt, was nicht mehr ist als Erfahrung durch Routine.
    Meine, darf ich sagen, ist die bestmögliche.
    »Was meinen Sie«, sage ich mit wach werdender Stimme, die Hände auf der Brust, »sollen wir nicht ein bißchen rausgehen an die frische Luft, auf einen kleinen Spaziergang? Ich hab seit heut mittag nichts gegessen, und ich könnte jetzt glatt ein Pferd essen. Ich lad Sie zu einem Sandwich ein.«
    Catherine Flaherty nimmt ein Stückchen ihrer Lippe zwischen die Zähne, während sie mir ein Lächeln zeigt, das meines noch übertrumpft, und in ihre Tulpenwangen kommt Farbe. Das ist eine wirklich gute Idee, will sie sagen, voller Gefühl. (Auch wenn sie mit dem Nicken einer Geschäftsfrau ihre Zustimmung gibt, noch bevor sie redet.) »Klingt großartig .« Sie schnipst mit einer präzisen Bewegung ihr Haar zurück. »Ich hab auch ziemlich Hunger, glaub ich. Ich hol nur meinen Mantel, dann kann’s losgehen.«
    »Abgemacht«, sage ich.
    Ich höre ihre Füße auf dem mit Teppichen ausgelegten Gang mal gleiten, mal hopsen, höre, wie die Tür zur Damentoilette ächzend auf- und dann ächzend wieder zugeht, ins Schloß fällt (immer praktisch denkend, das Mädchen). Und es gibt auf Erden keinen schöneren Augenblick als diesen – alles zeichnet sich ab, nichts ist schiefgegangen, alles ist möglich –, genau das Gegenteil dessen, was ich neulich abends auf der Nachhausefahrt empfand, als es nur noch abwärts ging und im Umkreis von tausend Meilen nichts war, auf das ich mich hätte freuen können. Das hier ist wirklich das einzige, wofür zu leben sich lohnt, wenn man sich’s recht überlegt.
    Das Licht über der Straße ist jetzt aus. Doch als ich da stehe und hinausschaue (mein kaputtes Knie so gut wie neu) und darauf warte, daß dieses unwiderstehliche, gefühlvolle Mädchen zurückkommt, kann ich nicht sicher sein, daß der Mann, den ich dort sah – der massige Mann mit seiner Weste und Krawatte, überrascht vom plötzlichen Laut einer Stimme und seinem Namen, einem Laut, den er nicht erwartet hatte –, daß dieser Mann nicht immer noch dasteht und auf die nächtlichen Straßen einer freundlichen Stadt hinausblickt, allein. Und ich trete näher an die Fensterscheibe heran und versuche, ihn im Dunkel zu finden, gebe mir alle Mühe, hoffe auf wenigstens das Trugbild eines Gesichts eines Menschen, der dort steht und mich hier beobachtet. Weit unten ahne ich die Geräusche der Autos und des bewegten Lebens. Hinter mir höre ich, wie die Tür wieder ächzend zugeht, und dann Schritte, die näher kommen. Und ich ahne, daß es nicht mehr möglich ist, von dort drüben etwas zu sehen, aber ich vermute ohnehin, daß mich niemand beobachtet. Niemand hat beachtet, daß ich hier stehe.

Schluß
    Das Leben wird immer ohne einen natürlichen, überzeugenden Abschluß bleiben. Mit einer Ausnahme allerdings.
    Walter wurde genau an dem Tag in Coshocton in Ohio beerdigt, an dem ich meinen neununddreißigsten Geburtstag feierte. Ich wäre fast zu seinem Begräbnis gegangen, ging dann aber doch nicht. (Carter Knott war dort.) Trotz allem hatte ich einfach nicht das Gefühl, daß ich da hingehörte. Ein, zwei Tage behielten sie ihn drüben bei Mangum & Gayden in der Winthrop Street, wo vor vier Jahren auch Ralph war,
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