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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand
Autoren: Ina Bruhn
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Kreise um mich herum und macht am laufenden Band Punkte. Manchmal lasse ich sie absichtlich vorbei. Weil sie sich so freut. Sie hüpft über den Platz und klatscht Street-Sune ab, der in diesem Jahr neue persönliche Rekorde in Sachen Shorts in Übergrößen aufstellt. Kasper lernt zum Glück fürs Abitur, sodass wir ihm entkommen.
    Der andere Catcher ist auch da. Nick hängt mehr herum, als dass er spielt, kann aber leicht dazu überredet werden, wenn uns ein Mann fehlt. Ich glaube, es gibt Probleme mit seinen Fehlzeiten und sicherlich auch mit seinem Vater, aber ich spüre, dass er nicht darüber reden möchte, deswegen frage ich auch nicht nach. An sonnigen Nachmittagen und langen, hellen Abenden sitzen wir bei Tobias zu Hause. In seinem Wohnzimmer ist es bullenwarm, und durch die offenen Fenster dringen die Straßengeräusche von der Haraldsgade herein. Alle Tiere und Menschen der Stadt sind aus ihren Höhlen gekrochen. Die Schwalben schwirren durch den hellen Abendhimmel und die Alkoholiker sind mit ihren krächzenden Stimmen und ihren klirrenden Flaschen auf die Bänke umgezogen.
    An einigen Abenden sind Frank, der Schrank, und seine Freundin mit von der Partie. Er erzählt Räuberpistolen aus seinem früheren Leben in Esbjerg: Das waren noch Zeiten, die Hauptstadtschnösel wissen ja gar nicht, wie man einen ordentlichen Vollrausch zustande bringt! Schiebetür sitzt immer nur höchstens zehn Minuten am Stück bei uns. Meistens steht er draußen im Flur und telefoniert mit seinem Handy. Er ist Steuerberater und kommt ursprünglich aus Rødovre, also kann es bei seinen Gesprächen wohl kaum um etwas Wichtiges gehen.
    Liv erzählt, dass Carl-Philip auf der Bernadotte-Schule angefangen habe. Aber sie ist sich nicht sicher, ob es ihm dort gefällt. Bisher igele er sich auf seinem Zimmer ein und weigere sich, mit seinen Eltern und Liv zu sprechen. Seine sogenannten Freunde aus der alten Klasse hätten sich noch nicht blicken lassen in der Riesenvilla ihrer Familie.
    „Aber er wird jetzt erst mal weiter auf die Bernadotte-Schule gehen, oder?“, frage ich.
    Liv seufzt. „Ja, obwohl meine Eltern eigentlich schon beim Gedanken an diese Schule die Krätze kriegen. Sie glauben, man würde da nichts anderes lernen als Gitarrespielen und Bongotrommeln. Ich weiß also nicht genau, wo das enden wird.“
    „In der Entzugsklinik“, sagt Nick. „Bei dem Interesse an Alkohol und Rauschmitteln wird er früher oder später garantiert im Entzug enden.“
    Liv wirft ein Kissen nach ihm. Frank schlägt vor, dass sie ihren kleinen Bruder nach Esbjerg schicken sollen, wo man bestimmt einen echten Mann aus ihm machen würde.
    Dieses Leben lebe ich ein paar Wochen lang. Dann fange ich an, auf die SMS zu antworten, die ständig auf meinem Handy eintrudeln. Nach einigen Tagen, in denen kurze, unverfänglicheSMS hin- und hergehen, schlägt sie einen Spaziergang im Park von Kongens Have vor. Eigentlich bin ich nicht der Typ für so etwas, schon gar nicht, wenn Decken und Weißweinflaschen in geflochtenen Körben mit von der Partie sind. Aber wenn sie das will, bin ich völlig damit einverstanden.
    Die Sonne scheint, wie sie es schon seit einem Monat ununterbrochen tut, und alles ist schreiend grün. Sie trägt einen Strohhut. Ein bisschen peinlich ist er schon, aber gleichzeitig auch ganz süß. Wir trinken Cola, und obwohl das Gespräch anfangs ein bisschen zäh verläuft, ist es eigentlich ganz nett. Als ich sie küsse, ist es vielleicht nicht der beste Kuss der Welt, aber schön ist es trotzdem. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass das Mädchen unsicherer ist als ich selbst. Der zweite Kuss ist besser, aber das Beste sind ihre glücklichen Augen danach. Ab hier wird die Sache weitergehen, darüber müssen wir nicht einmal groß reden. Wir wissen beide, dass es so sein soll.
    Ich hole Eis, während sie SMS schreibt. Sicherlich, um ihren Freundinnen von uns zu erzählen. Als ich am Kiosk gerade für die beiden Eis bezahlt habe, sehe ich Lasse im Park in Richtung Sølvgade gehen.
    „Lasse?“
    Wenn ich mich nicht täusche, nehmen seine Augen einen Ausdruck von schlechtem Gewissen an, als er mich sieht. Aber er bleibt stehen.
    „Hallo Mateus.“
    „Wie geht’s?“
    „Gut. Und dir?“
    „Hast du von der Sache mit Rasmus gehört?“
    Natürlich hat er. Er nickt und sieht über den Spielplatz. Ich frage, ob er auch von Tony und Christian gehört hat? Darauf antwortet er nicht. Also sage ich unumwunden, dass ich ihn aufdem Video
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