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Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche

Titel: Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Autoren: Dee Davis
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Kapitel 1
    »Findest du dieses Kleid nicht ein klein wenig … freizügig?« Althea Sevalas fixierte mich mit durchdringendem Blick, als sei sie Staatsanwältin, Richterin und Henkerin in einer Person, mit einer Herablassung, wie sie sonst nur Mütter an den Tag legen, dabei ist Althea noch nicht einmal meine Mutter. Sondern meine Tante.
    »Das ist von Alice & Olivia«, sagte ich, als erklärte das alles. »Ich habe es bei Bergdorf gekauft.«
    »Es ist mir egal, wo du es gekauft hast. Das Ding ist praktisch durchsichtig.« Althea stieß einen Seufzer aus und nippte an ihrem Martini. »In diesem Fummel kannst du auch gleich eine Kontaktanzeige im Playboy schalten. Ich sehe ja fast deine …«
    »Nein, tust du nicht«, unterbrach ich und hob den Saum des roten Seidenballonkleids an, unter dem eine schwarze Boyshort-Unterhose zum Vorschein kam. »Siehst du? Alles hübsch verdeckt.«
    »Andrea!«, tadelte Althea.
    Ich verkniff mir ein Grinsen, aber ihre entsetzte Miene war unbezahlbar. »Was denn? Dachtest du etwa, ich laufe ohne Unterwäsche herum?« Also gut, möglicherweise forderte ich das Schicksal ein klein wenig heraus, aber kann man mir einen Vorwurf daraus machen? Das Kleid war göttlich. Und verdammt kurz. Aber, hey, so was trägt man nun mal. Und wer kann, der kann – Sie verstehen, was ich meine.
    »Hey, Andi«, erklärte Vanessa Carlson lachend, die sich zu uns gesellte, »blankzuziehen hätte vielleicht ein bisschen Leben in die Bude gebracht.«
    Vanessa und meine Tante hatten früher zusammengearbeitet, doch Vanessa – im Übrigen eine überaus kluge Frau – hatte sich vor einiger Zeit für einen Alleingang entschieden. Womit zwar eine gewisse Konkurrenz zwischen ihnen entstand, aber gesunder Wettbewerb schadete schließlich nicht, oder?
    »Der arme Stephen hat wohl nicht damit gerechnet, dass sein erster öffentlicher Auftritt eine derart biedere Angelegenheit werden würde«, fuhr Vanessa fort und nahm ein Champagnerglas vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners. »Andererseits geht es bei meiner Mutter ja nicht ohne dieses ganze Brimborium.«
    Anna Carlson war die Upper East Side auf zwei Beinen. Egal was sie anfasste oder tat – es verströmte stets den Geruch nach Reichtum und Überfluss. Eine Kombination, auf die ich gut und gerne verzichten konnte, herzlichen Dank. Was angesichts meiner eigenen Herkunft nicht ganz einfach war. Aber sie hatte ein gutes Herz, trotz ihrer Prä-Lagerfeld-Chanel-Tendenzen. Und ein Scheckbuch als Garant dafür, dass alles, was sie in die Hand nahm, ein durchschlagender Erfolg wurde.
    Was die perfekte Voraussetzung für Stephens Vernissage war, auch wenn es das Ganze etwas langweilig machte. Die Elite Manhattans hatte sich in The Gallery in SoHo eingefunden, und die kleinen roten Klebepunkte an den Schildchen neben den Bildern ließen erahnen, dass sie in Kauflaune war.
    Stephen Hobbs war ein höchst talentierter Maler abstrakter Kunst und hatte das Riesenglück, in eine von Manhattans einflussreichsten Familien einzuheiraten. Und noch dazu war es eine reine Liebesheirat gewesen. Cybil Baranski Hobbs war völlig verrückt nach ihrem Ehemann. Und obwohl Vanessa und Althea die Finger im Spiel gehabt hatten (habe ich erwähnt, dass sie als Heiratsvermittlerinnen arbeiten?), siegte am Ende die Liebe und führte Stephen und Cybil zusammen.
    Und dies war ihr erster offizieller Auftritt. Ihr paarmäßiges Coming-out, sozusagen.
    »Wenn ihr mich fragt, ist die Vernissage ein voller Erfolg«, erklärte Althea und bestätigte damit meine Schlussfolgerung, wenn auch nicht meine Argumentation, auf der sie basierte. »Obwohl Stephen aussieht, als sei ihm alles ein wenig suspekt.«
    »Er ist diesen Rummel nicht gewohnt.« Ich nahm ein Canapé von einem der vorbeischwebenden Tabletts. Shrimp in Blätterteig. Etwas einfallslos. Aber durchaus genießbar. Mit einem Hauch Koriander und einer winzigen Prise Kumin hätte es bestimmt noch leckerer geschmeckt.
    An dieser Stelle sollte ich wohl erwähnen, dass ich mit Essen und Trinken meinen Lebensunterhalt verdiente und sogar eine eigene Sendung namens Was kocht in der Stadt? hatte – eine Art Martha Stewart meets Entertainment Tonight  –, in der Gerichte der besten Manhattaner Restaurants nachgekocht werden, gewürzt mit dem neuesten Klatsch, wer wo und mit wem was aß. Schließlich werden die wichtigsten Deals beim perfekten Osso Bucco geschlossen. Und nicht nur einmal war ein Tiramisu Zeuge einer leidenschaftlichen Affäre …
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