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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand
Autoren: Ina Bruhn
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ich ertrage es einfach nicht, dass ihr zerstritten seid. Also sagt lieb Entschuldigung zueinander.“
    „Es gibt nichts, wofür ich mich entschuldigen müsste“, empört sich Juliane.
    „Geht mir genauso“, sage ich. „Ich kann nichts dafür, dass du so empfindlich bist.“
    „Verdammt noch mal“, ruft Rasmus und verdreht die Augen. „Kiss and make up. Kommt schon!“
    Von mir aus gern. Nicht zuletzt, weil Juliane wieder dieses Kleid mit Aussicht auf ihren schlüpferlosen Hintern trägt. Allein der Gedanke daran jagt meinen Puls in die Höhe. Ich reiche ihr meine Hand und Juliane drückt sie kurz.
    Das Ganze entwickelt sich tatsächlich zu einer Party, und zwar zu einer guten, denn wir sind die lustigsten Menschen der Welt und wir haben literweise Alkohol. Als die Musik auf deranderen Seite der Tür aufhört, setzen wir uns an die Wand, dicht an dicht, Rasmus zu meiner einen Seite und Juliane zur anderen. Die Kerzen auf dem Flügel sind niedergebrannt. Juliane flüstert, wir hätten eine superfette Show organisiert. Ein Hoch auf uns! Sie seufzt und legt ihren Kopf an meine Schulter. Plötzlich weiß ich, dass wir uns mitten in einem dieser Momente befinden, in dem alle Regeln aufgehoben sind. Hier, in dieser Dunkelheit kann alles passieren. Ich greife Julianes Hand und verschränke meine Finger mit ihren. Sie lässt es zu. Diesmal küsse ICH Juliane. Sie kichert und sagt es Rasmus. Er fühlt sich ausgeschlossen, also küsst sie ihn auch. Als sie sich über meine Beine beugt, lege ich die Hand auf ihren nackten Rücken.
    Weiche, weiche Haut.
    „Mateus?“
    Ich bewege den Kopf und der, zu dem die Stimme gehört, küsst mich. Es ist nicht Juliane. Der Kuss dauert einige Sekunden. Merkwürdig. Nicht eklig. Nur merkwürdig. Ich ziehe meinen Kopf zurück und lehne mich wieder an die Wand. Juliane legt ihre Hand auf meinen Rücken und küsst mich, diesmal mit der Zunge. Lange. Wer nicht auf Jungs steht, küsst nicht so.
    Rasmus haucht mir warm ins Ohr: „Armer, kleiner Mateus!“
    Ich bin weder arm noch klein. Ich bin der König der Welt. Rasmus lacht und presst mir erneut einen Kuss auf die Lippen, während Juliane ihre Hand auf meine Hose legt. Direkt unter den Reißverschluss. Ich kann Rasmus’ Bartstoppeln in meinem Gesicht spüren. Es ist okay, weil wir uns da befinden, wo alles passieren kann und wird, aber richtig toll finde ich es trotzdem nicht.
    Plötzlich lässt er mich los und springt auf: „Macht es gut, ihr Hübschen.“
    „Nein, Rasmus, bleib doch noch“, sagt Juliane mit belegterKleinmädchenstimme. Meine Hand liegt noch immer auf ihrem Rücken, ihre Hände brennen auf meinem Nacken und meinen Schenkeln.
    Rasmus verschwindet in der Dunkelheit: „Wenn ich ein kleines bisschen Glück habe, ist Lasse im Close . Und heute Abend entkommt er mir nicht. Wish me luck.“
    Keiner von uns sagt etwas. Das Geräusch der Tür, die sich öffnet und hinter ihm zufällt. Dann wird es still. Ich ziehe Juliane erneut an mich. Fünf fantastische Minuten lang küssen wir uns, als hätten wir nie etwas anderes getan.
    Dann reißt ein Wachmann die Tür auf und sagt, die Party sei vorbei.

17. April
    Zehn Minuten später stehen wir an den Fahrradständern hinter dem Gymnasium. Juliane sucht nach ihrem Fahrradschlüssel, während ich versuche, an den Augenblick im Musikraum anzuknüpfen, aber ihr warmer Körper ist inzwischen in eine lange, dicke Jacke verpackt und ihre Hände entziehen sich meinen immer wieder.
    „Wo ist dieser Scheißschlüssel?“
    „Ist doch egal. Lass uns nach Hause gehen.“
    „Nee, ich brauche ihn morgen.“
    Sie flüstert. Obwohl keine Menschenseele zu sehen ist. Ich schubse sie an die Mauer. „Willst du denn nicht mit zu mir?“
    „Warum das denn?“
    Ich küsse ihren Hals. Sie windet sich.
    „Mateus, hör sofort auf!“
    „Komm schon.“
    „Lass mich los!“
    „Nein.“
    Sie hebt die Augenbrauen: „Wie bitte?“
    „Juliane …“
    Etwas Schlaueres fällt mir nicht ein. Aber ich lasse sie auch nicht los.
    „Hast du etwa vor, mich zu vergewaltigen? Wie diese Arendse? Hatte sie auch keine Lust?“
    „Arendse wollte es.“
    „Ja, das glaubst du vielleicht. Lass mich los.“
    Böse, fiese Juliane. Ich hätte wirklich Lust, sie zu packen und zu schütteln. Aber vielleicht hat sie ja auch recht, vielleicht liegt es als Außenstehende nahe, die Geschichte mit Arendse tatsächlich als Vergewaltigung zu interpretieren. Juliane war ja nicht dabei, sie weiß nicht, wie es wirklich
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