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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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deine Schwester hattest. Und du wirst niemals die Wahrheit über Pol erfahren. Niemals. »Ich habe deine Farben berührt«, sagte Sioned, »du bist eine Faradhi .«
    »Und das reicht, um ihr zu vertrauen?«, zischte Andrade wütend.
    »Das muss es wohl, nicht wahr, Herrin?« Pandsala begegnete ruhig ihrem Blick. Dann, laut genug, um überall in der Halle gehört zu werden: »Im Namen des Lichtläuferblutes meiner Mutter, Prinzessin Lallante, bei meinen Faradhi -Ringen, bei meinem Glauben und meinem Leben schwöre ich, die Prinzenmark zu bewachen und zu erhalten, für Sicherheit und Reichtum zu sorgen bis zu der Zeit, wo Prinz Pol sie für sich selbst beansprucht.«
    Diesmal schoss Andrades Stimme vor wie Stahl, drohend und kalt zerschnitt sie die Stille: »Bei den Ringen, die ich dir verliehen habe: Wenn du dich nicht dieses Vertrauens würdig erweist, werde ich als Herrin der Schule der Göttin dafür sorgen, dass du den Schattentod stirbst.«
    »Unsere Wahl ist auf sie gefallen, Lady Andrade«, warnte Rohan. Und nur für ihre Ohren bestimmt fügte er hinzu: »Mache damit deinen Frieden, wenn schon nicht mit ihr.«
    »Denk daran«, war die einzige Antwort, die sie Pandsala drohend entgegenschleuderte.
    Die Prinzessin begab sich zu dem entsetzten Urival ans andere Ende der Ehrentafel. Ein Diener erschien mit einem Stuhl und dem letzten der prinzlichen Goldkelche. Wieder wurde in tödlichem Schweigen Wein eingeschenkt.
    Es war Lleyn, der seinen Kelch erhob und in einem Ton, der den angemessenen Beifall förmlich forderte, ausrief: »Auf die Prinzregentin Pandsala!«
    Stimmen erhoben sich, der Wein wurde getrunken. Es war vollbracht.
    Rohan nahm Sioned den kleinen Kelch ab, nachdem sie den letzten Tropfen daraus geleert hatte, und stellte ihn auf den Tisch. Er bemerkte, dass seine Hand leicht zitterte, und wurde sich einer plötzlichen Erschöpfung bewusst. Er wollte auf einmal nichts weiter, als alle aus seinem Schloss vertreiben können, um sich mit seiner Gemahlin und seinem Sohn in seine Gemächer zurückzuziehen und einige Tage dort zu bleiben, wenn er wollte. Aber es blieb noch eine Sache zu tun, und er widerstand dem Impuls, Andrade mit einem scharfen Befehl niederzuzwingen.
    Endlich erhob sie sich und verließ den Ehrentisch. Sie begab sich ins Zentrum der Großen Halle. Urival folgte ihr, dann auch Rohan und Sioned, Hand in Hand. Er spürte die Kraft ihres Feuers, das ihn durchfloss und ihm genügend Ausdauer verlieh, um dieses Ritual durchzustehen, das von der Frau vollzogen werden würde, die ihn auf diesen Platz gestellt hatte und die ihn jetzt mit kalten Augen anstarrte, als würde sie ihm nie vergeben, was er getan hatte.
    Alle standen jetzt, angespannt vor Erwartung. Die Herrin der Schule der Göttin hob die Arme, die Ärmel fielen von ihren Ringen und Armbändern zurück, die silbern, golden und juwelenbunt funkelten. Urival war an ihrer Seite. Er hielt eine schlichte, goldene, mit Wasser gefüllte Schüssel. Rohan und Sioned standen ihr gegenüber, mit dem Rücken den Fenstern zugewandt, durch die das Mondlicht bleich und ruhig in den Saal fiel.
    »Wollt Ihr sie als Hoheprinz und Höchste Prinzessin anerkennen?«, fragte Andrade.
    Einer nach dem anderen gaben die Prinzen und Herren ihre Einwilligung. Rohan hörte das Zögern in manchen Stimmen und unterdrückte mühsam ein verbittertes Achselzucken. Nicht einmal die ehrliche Freude und sogar Erleichterung in den meisten Antworten konnte den Schmerz lindern, den er empfand, als er Andrades Blick begegnete. Du hast mich hier gewollt. Sie haben keine Wahl, und vielleicht ist es besser so. Da ist ein Sohn, der mir nachfolgen wird. Prinz und Lichtläufer gleichermaßen, genau wie du es geplant hast. Aber wenngleich ich alles verstehe, so werde ich dir die Pein nie vergeben. Niemals.
    Seine Finger schlossen sich krampfhaft um die Hand seiner Gemahlin, und er blickte auf ihr stolzes, ruhiges Profil und sah die halbmondförmige Feuernarbe auf ihrer Wange. Sie weigerte sich, sie zu überschminken, sondern trug sie stattdessen wie ein Ehrenmal – und das Zeichen einer Strafe. Das Mal würde immer dort sein, so, wie er seine rechte Schulter immer ein wenig steif bewegen würde, so, wie Tobin immer ein wenig hinken würde – und Andrade würde mit der Tatsache leben müssen, dass Pandsala die Regentin der Prinzenmark war.
    Und Rohan würde mit der Macht leben müssen.
    Andrade nahm die Schüssel aus Drachengold und hielt sie hoch, nur mit den Fingerspitzen –
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