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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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Pol schaffen würde, der Prinz einer neuen Art, zu der er heranwachsen würde.
    Die Dinge, die sie getan hatten … Rohan hatte im Kampf getötet, wo von jedem Barbaren, der ein Schwert verdiente, erwartet wurde, dass er tötete. Und – welche Ironie dabei – er hatte sogar das Recht auf seiner Seite gehabt, ein Recht, das er immer dazu hatte einsetzen wollen, Frieden zu schaffen. Als Entschuldigung war es bequem und sauber – aber es rechtfertigte nicht die heiße Freude, die er empfunden hatte, als er sein blutiges Schwert an sich nahm, als er sein Messer bis zum Schaft in Roelstras Kehle bohrte.
    Auch vergewaltigt hatte er – aber das taten schließlich alle guten Wilden. In die Falle gelockt, unter Drogen, verführt? Vielleicht beim ersten Mal, aber nicht beim zweiten. Er wollte glauben, dass Ianthe Pol beim ersten Mal empfangen hatte, als er sie für Sioned gehalten hatte. Er wünschte, er könnte das glauben. Aber die Tatsache, dass er es nicht tat, war keine Entschuldigung dafür, Sioned zu erlauben, das Kind für ihn zu fordern. Die Umstände waren gegen ihn gewesen – der Krieg hatte sich hingezogen, dann Ianthes vorzeitige Niederkunft –, aber es gab keine Entschuldigung für ihn, dass er sie nicht selbst getötet hatte, als er die Gelegenheit dazu hatte. Er hätte es tun sollen, aber er hatte es nicht getan. Jeder Barbarenprinz sehnte sich nach einem Sohn, der nach ihm herrschen würde.
    Er hatte die Macht benutzt, die sein Schwert ihm eingebracht hatte, um sich zum Hoheprinzen zu machen und sich zu nehmen, was Roelstras gewesen war, um seine eigenen Leute in Machtpositionen unterzubringen und allen seinen Willen aufzuerlegen – all das war legal, allem hatten die anderen Prinzen zugestimmt. War seine Entschuldigung die, dass er zum Herrschen besser geeignet war als Roelstra? Welches Recht hatte er, zu tun, was er getan hatte, was er Sioned hatte tun lassen, was Chay und Tobin und Ostvel und Walvis und all die anderen in seinem Namen getan hatten?
    In frühester Jugend hatte er sich bemüht, alles zu lernen, was es auf dieser Welt an Gutem gab, alles, das er einsetzen konnte, um das Leben besser, friedlicher, zivilisierter zu machen. Er hatte sich ein Leben reich an Träumen gewünscht, reich an Versuchen, diese Träume zu verwirklichen, nicht angefüllt mit Tod, Verrat und Täuschung. Er hatte das alles lernen wollen, was er als gut erachtete, hatte sein Gesicht vom Bösen abgewandt – nicht nur vom Bösen in der Welt, die ihn umgab, sondern auch vom Bösen in seiner eigenen Seele. Er hatte sich gesagt, wenn er erst einmal Prinz war, dann würden die Dinge aus der Vergangenheit, die die Menschen dazu gebracht hatten, sich zu bekriegen, durch seine eigene Unterwerfung unter das ehrenvolle Gesetz ausgelöscht werden.
    Aber dieses Jahr des Krieges und des Schmerzes hatte ihn gelehrt, dass die Vergangenheit in ihm lebendig war – all die Impulse zu töten, zu wüten und zu vergewaltigen, die seine Welt so lange regiert hatten. Sie waren alle in ihm, all die Taten, die ihn als Barbaren kennzeichneten, all die Dinge, die gesagt und getan worden waren und deretwegen sich seine Seele jetzt vor Scham krümmte. Er wusste, was er war, und gestand es sich ein.
    Rohan hatte in sein eigenes Herz geschaut und Roelstras wiedererkannt, wie er die Prinzen gegeneinander ausspielte und daran auch noch Vergnügen fand; er hatte Ianthes Intrigen gesehen, entstanden aus ihrem Verlangen nach Macht; er hatte die Kriegerinstinkte seines Vaters Zehava siegreich gesehen, diesen Drang, dem sogar Drachen zum Opfer gefallen waren, obwohl er sehr wohl wusste, wie wichtig sie für die Wüste waren.
    Aber hatte Rohan wirklich und wahrhaftig das Schlimmste von sich selbst gesehen? Wahrscheinlich nicht – denn all dies war nichts, verglichen mit dem, was Macht aus ihm machen konnte.
    Nur Sioned wusste, wie abgrundtief er die Prinzen und Herren verabscheute, die ihm eine derartige Macht übertragen hatten, die Männer, die sich vor ihm verbeugten, wie sie sich vor Roelstra verbeugt hatten, ohne jemals die Wahrheit der Macht selbst zu erblicken. Nur Lleyn, Davvi, Chay, diejenigen also, die Rohan als Mann kannten, verstanden ein wenig, was es für ihn bedeutete, Hoheprinz zu sein. Er würde seine Position nutzen, um neue Gesetze zu schaffen, die bei seinem Tode wie alte Gesetze erscheinen würden. Chay hatte ihm gesagt, dass er ihre einzige Chance war; Rohan wusste, welches Risiko für ihn darin lag. Es war sein Herz, das die Macht
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