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Sagen aus dem Rheinland

Sagen aus dem Rheinland

Titel: Sagen aus dem Rheinland
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Bockum
    In der Zeit der Kämpfe um das heilige Grab in Jerusalem hatte auch der Ritter Ulrich Bock das Kreuz genommen und sich beeilt, einer der ersten im frommen Zuge zu sein. Aber er geriet in Feindes Hand und mußte Jahre lang im unterirdischen Verließ, hundert Meilen von der Heimat entfernt, in Elend und Not schmachten. Einem fast wunderbaren Zufall dankte er es, daß er seine Freiheit wieder erhielt. Geschwächt an Körper und Geist und ergraut vor der Zeit trat er seine Heimkehr an, und unter vielen Mühseligkeiten landete er endlich im Pilgergewande, allen fremd geworden, in seiner Heimat. Aber auch ihm war alles fremd. Der stattliche Buchenwald, in dem er dem edlen Waidwerk obgelegen, war gefallen, von seiner Burg war jede Spur verwischt. Ein prächtiger Neubau mit doppeltem Graben erhob sich an der Stelle. Nebenan stand aus Tuffstein erbaut ein Kirchlein, der St. Gertraudis geweiht. Wo er anklopfte, sah er fremde Gesichter. Sprach er einen Menschen an, so wich der scheu zurück, und selbst auf der Burg kannte man ihn nicht. Als er sich zum Kirchlein wandte, um sich im Gebete Mut und Stärkung zu suchen, begegnete ihm auf der Schwelle ein altes Mütterchen, das ihn stieren Blickes ansah und wie in einem Krampf mit wilder Stimme schrie: »Bock um!« Da brach der arme Ritter mit lautem Aufschrei zusammen und lag regungslos am Boden. Die Alte trippelte fort und brachte das ganze Kirchspiel in Verwirrung. Sie war die Einzige, welche den Ritter wiedererkannt hatte, aber die unerwartete Begegnung hatte ihren schwachen Geist zerrüttet. »Bock um! Bock um! « so sprach sie immerfort vor sich hin.
    Als man den Ritter fand, lag er im Todeskampf. »Bock um« war auch sein letztes Wort gewesen. Der Herr von Neuenhofen, wie das neue Schloß sich nannte, war herbeigeeilt und schaute in das blasse Angesicht des entseelten Pilgers. Er sank an seine Seite, strich die weißen Locken zurück und drückte einen Kuß auf die erstarrten Lippen.
    Ritter Bock war erkannt, der Ort, bisher nur St. Gertrud genannt, erhielt zur Erinnerung an den merkwürdigen Vorgang im Munde des Volkes die Bezeichnung St. Gertrudis-Bockum und bald kurzweg nur Bockum. Das alte Weib wurde nicht wieder gesehen. Auf dem Grabstein des Ritters steht ein rückwärts gewandter Bock. An die Stelle seines Geschlechts trat das der Neuhofer, die aber auch schon seit langen Zeiten ausgestorben sind.

Bonschariant
    Zu dem reichen Grafen Sibodo, der in der Zeit Kaiser Heinrichs I. lebte und ein lauer Christ war, trat einmal der Teufel in Gestalt eines Dieners, der sich Bonschariant nannte. Der Graf nahm ihn mit auf sein Schloß an der Ahr. Mit wunderbarer Geschicklichkeit erfüllte der neue Diener alle Befehle und Wünsche seines Herrn, der sich schließlich gar nicht mehr von ihm trennen konnte. Wenn der Ritter auszog zu Kampf oder Turnier, war Bonschariant stets sein unentbehrlicher Begleiter. Sibodo nahm ihn auch mit ins heilige Land, und wo der Diener an der Seite seines Herrn kämpfte, da war der Sieg.
    Als der Ritter aus dem Morgenlande zurückgekehrt war, tobten bald auch am Rhein heftige Kämpfe. Es gelang Sibodo, den Feind zu schlagen und über den Strom zurückzudrängen. Eines Abends schlief er, müde vom Kampfe, unter einem Baume ein. Da schlichen die Feinde unbemerkt heran, und sein Leben schwebte in höchster Gefahr. Doch Bonschariant eilte rechtzeitig herbei und trug den Schlafenden durch die Lüfte davon. Während sie in den Wolken dahinschwebten, erwachte Sibodo und rief: »Gott sei mir gnädig!« Da knurrte und rumorte der erboste Teufel gewaltig. Von dieser Stunde an betrachtete Sibodo seinen unheimlichen Diener mit Mißtrauen und geheimer Sorge.
    Nach einer Reihe von Jahren erkrankte die Gemahlin Sibodos schwer. Von nah und fern rief der Ritter die berühmtesten Ärzte herbei, doch ihre Kunst versagte am Leiden der Gräfin. Endlich sagte einer der Ärzte: »Es gibt noch ein letztes Mittel, die Kranke zu hellen, Löwenmilch mit Drachenblut, aber wer kann das herbeischaffen?« »Dies werde ich tun«, sagte Bonschariant, erhob sich in die Lüfte und rauschte nach Süden davon. Schon nach zwei Stunden kam er mit dem Wunderelixier aus dem innersten Afrika zurück. Die Gräfin genas und ward gesünder denn) e. Als sie aber hörte, wie ihre Heilung sich zugetragen hatte, da drängte die Fromme ihren Gatten, den Diener, der doch der leibhaftige Teufel sein müsse, zu entlassen.
    Sibodo fiel es schwer, auf die Dienste Bonschariants zu verzichten. Um aber
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