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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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Präsidium schauten sie zunächst bei Schirmer vorbei, doch auch die anderen waren bei ihren Durchsuchungen auf keine heiße Spur oder andere Hinweise gestoßen.
    »War auch noch mal jemand in der Wohnung der Mutter?«
    Der Vorgesetzte nickte. Aber auch da hatten die Kollegen nichts Auffälliges entdeckt. Lediglich ein paar Ordner mit privaten Unterlagen.
    »Und?«
    »Die Kiste steht auf deinem Schreibtisch. Sind hauptsächlich alte Bankunterlagen und Ähnliches. Nichts, was auf einen möglichen Aufenthaltsort des Mädchens hinweist. Aber schau es dir noch mal an. Vielleicht findest du ja was. Ach, und die Nachbarin ist übrigens nach eurer Anweisung noch einmal befragt worden«, fügte er hinzu. »Die wusste aber auch nicht mehr als das, was sie schon ausgesagt hatte.«
    Seltsam, dachte Brandt. Sollte Teichert mit seiner Vermutung doch recht behalten haben?
    Er nickte und fragte, welche Aktionen Schirmer als Nächstes geplant hatte. Der seufzte laut.
    »Ein paar Leute sind noch auf dem alten Glashüttengelände unterwegs. Dann ist aufgrund der Zeitungsartikel wieder eine Hotline eingerichtet, und nachher werde ich noch mal mit dem Polizeipräsidenten darüber diskutieren, ob wir erneut Hundertschaften rausschicken wollen.«
    »Aber wo willst du die einsetzen?«
    Ihr Chef zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung.«
    Praktisch gesehen, konnte Marie Priebe überall sein. Das jetzige Versteck war aller Wahrscheinlichkeit nach sowieso nur eine Übergangslösung, schließlich hatte Wagner vorgehabt, mit dem Mädchen an die Ostsee zu reisen. Somit war es gut möglich, dass zwischen dem Ort, an dem Marie gefangen war, und dem Täter gar keine Verbindung oder nur eine sehr schwache bestand. Wäre doch Wagner nur noch am Leben, das hätte die ganze Angelegenheit viel leichter gemacht. Er war sich sicher, dass er den Aufenthaltsort von Marie irgendwann aus ihm hätte herausquetschen können. Aber der Feigling hatte sich schlau aus der Affäre gezogen. Zu feige, um den Mund aufzumachen. Wenigstens einen Zettel hätte er hinterlassen können.

    Auf dem Weg zu ihrem Büro diskutierten sie darüber, warum Michael Wagner Selbstmord begangen und somit das Wissen um das Versteck seines Opfer mit ins Grab genommen hatte. Es war das erste Mal, dass sie darüber sprachen, seit der Häftling tot in seiner Zelle aufgefunden worden war.
    »Meinst du, es lag vielleicht wirklich an meiner Verhörmethode?«, griff Teichert die Anschuldigung des Journalisten auf und blickte ihn zweifelnd an. »Vielleicht hab ich ihn wirklich …«
    Brandt blieb abrupt stehen.
    »Nils, der Typ war psychisch krank! Egal, wie du ihn nach seiner Schwester oder deren Unfall gefragt hättest, er hätte sich wahrscheinlich sowieso umgebracht. Damit das klar ist. Nicht das ›Wie‹ war der Grund seines Selbstmordes, sondern das ›Was‹.«
    Er versuchte, seinem Kollegen zu erklären, dass Wagner sein Leben lang mit dem Bewusstsein gelebt hatte, seine Schwester umgebracht zu haben. Er war schuld an Yvonnes Tod, er hatte sie vor das Auto geschubst. Damit hatte er leben müssen. Tag für Tag, Jahr für Jahr.
    »Aber wieso hat er dann nicht Maries Versteck preisgegeben?«
    »Weil er wollte, dass sie stirbt.«

    Am späten Nachmittag war nochmals eine Lagebesprechung anberaumt, aber auch die Kollegen konnten keinen Erfolg vermelden. Es waren zwar einige Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, die sich jedoch allesamt als wertlos entpuppt hatten. Wie immer, hatten sich die Leute zum Teil nur wichtigmachen wollen. Man war verärgert und ratlos zugleich.
    Bruns aber forderte Ermittlungserfolge.
    »Wir müssen das Mädchen finden. Wir können uns keine weitere Pleite erlauben. Die Presse zerreißt uns momentan in der Luft.«
    Brandt spürte, wie eine unbändige Wut in ihm aufstieg. Er musste sich zusammenreißen, um nicht erneut zu explodieren. Dem Staatsanwalt ging es in seinen Augen gar nicht darum, das Leben des Mädchens zu retten. Ihm war doch nur wichtig, den Journalisten einen Ermittlungserfolg präsentieren zu können und in den Medien gut dazustehen. Doch diesmal gelang es ihm, seinen Ärger hinunterzuschlucken, und er verließ wortlos den Konferenzraum.
    An seinem Schreibtisch stürzte er sich auf den Karton mit den Akten aus Mia von Seitz’ Wohnung. Auch wenn die Kollegen keine Hinweise in den Unterlagen gefunden hatten, er konnte nicht tatenlos dasitzen und abwarten.
    Die meisten Ordner enthielten, wie Schirmer bereits angedeutet hatte, Bankunterlagen.
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