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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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Lindenstraße hielt, stand Brandt bereits am Straßenrand. Er hatte nur kurz die Kleidung gewechselt und die Tüte mit den Brötchen auf den Küchentisch gelegt. Lore hatte ihn fragend angeschaut.
    »Sorry, Kleine, aber ich muss gleich wieder los«, hatte er seine Eile erklärt und war im Bad verschwunden, wo er sich flüchtig die Zähne geputzt und etwas Deo in die Region seiner Achselhöhlen gesprüht hatte. Nur wenig später hatte er eilig die Wohnung wieder verlassen und auf dem Gehsteig vor dem Haus ungeduldig nach seinem Kollegen Ausschau gehalten.

    »Hat Sonja sich schon gemeldet?« Brandt sprang geradezu in den Wagen.
    Teichert nickte und berichtete, was die Assistentin beim Einwohnermeldeamt über den früheren Wohnsitz von Mia von Seitz herausgefunden hatte.
    »Deine Nachbarin hatte recht. Wagners Mutter hat bis vor Kurzem in Holz gelebt. Doch vor einigen Jahren hat man mit der Umsiedlung des Dorfes begonnen, da es im Abbaugebiet von Garzweiler liegt.«
    »Dann hat sie das Geld wahrscheinlich von der Braunkohlegesellschaft«, vermutete Brandt.
    »Wahrscheinlich. Auf jeden Fall muss das Dorf inzwischen so gut wie unbewohnt sein.«
    Teichert kannte das Gebiet sehr gut. Erst kürzlich hatte er mit Sonja einen Ausflug gemacht, bei dem sie einen der in der Nähe der Abbruchkante errichteten Aussichtspunkte besucht hatten. Von dort aus hatte man einen faszinierenden Blick über das gigantische Abbaugebiet und auf den riesigen Schaufelradbagger, der sich Stück für Stück durch die Landschaft fraß. Etliche Dörfer waren aufgrund des Braunkohlevorkommens bereits umgesiedelt und von der Landkarte verschwunden. Auch Holz stand auf dieser Liste. Ob dieses Vorgehen gerechtfertigt war, darüber schieden sich die Geister. Besonders ältere Menschen hatten es schwer, ihre Häuser und die gewohnte Umgebung zu verlassen. Viele Lebenserinnerungen wurden durch den Abbau zerstört, ganz zu schweigen von dem enormen Eingriff in die Umwelt. Aber das wurde häufig vergessen, wenn man an der Abbruchkante stand und das riesige Loch und den größten Bagger der Welt bestaunte.

    Als sie das Ortsschild passierten und die verlassene Hauptstraße des kleinen Dorfes entlangfuhren, ergriff ihn ein seltsames Gefühl.
    Verrammelte Fenster, zugemauerte Türen – kein Mensch weit und breit. Selbst die Vögel schienen den Ort verlassen zu haben.
    »Geisterdorf«, bemerkte Brandt, während sie die Straße entlangfuhren und er die leer stehenden Häuser betrachtete, die zum Teil schon ziemlich verfallen wirkten.
    »Hier muss es gleich kommen!«
    Er rutschte nervös in dem Beifahrersitz hin und her und Teichert stoppte am Straßenrand direkt hinter der kleinen Kapelle.
    Das rote Backsteinhaus verfügte im Gegensatz zu den meisten anderen Häusern in der Straße über einen kleinen Vorgarten. Zwei riesige Lindenbäume säumten den schmalen Weg zur Haustür, die wie die Fenster ebenfalls durch eine dicke Spanholzplatte gesichert war. Neben dem weißen Klingelknopf hing noch das Namensschild von Mia von Seitz.
    Brandt klopfte kräftig gegen die hölzerne Platte.
    »Sieht nicht so aus, als sei in letzter Zeit jemand hier gewesen«, murmelte er und blickte sich suchend nach seinem Kollegen um.
    Teichert war bereits um das Haus herumgegangen und hatte sich durch mannshohe Brennnesseln zum Hintereingang durchgeschlagen. Auch auf der Rückseite des Hauses waren alle Fenster verrammelt. Als er jedoch gegen das Holz klopfte, welches vor die schmale Hintertür genagelt war, gab die Platte plötzlich nach und fiel mit lautem Getöse zu Boden. Nach kurzem Zögern trat er ein und blickte sich in dem Raum um, der ehemals als Küche gedient haben musste. Viel war allerdings nicht davon übrig geblieben. Zum Teil hatte Wagners Mutter sicherlich das Mobiliar in ihre neue Wohnung mitgenommen. Den Rest hatten wahrscheinlich irgendwelche Diebe geholt. Jedenfalls hatte er davon gehört, dass die leer stehenden Häuser oftmals geplündert wurden.
    »Scheiß Brennnesseln«, hörte er Brandts Stimme und kurz darauf erschien der fluchende Kollege am Hintereingang. Er rieb seinen brennenden Arm, während er misstrauisch in den heruntergekommenen Raum blickte.
    »Und?«
    Teichert zuckte mit den Schultern.
    »Also hier ist nichts. Aber wir sollten uns den Rest des Hauses ansehen. Die Platte war jedenfalls nur leicht angelehnt.«
    Langsam schritten sie durch das leere, schummrige Haus, doch das Bild, das sich ihnen in den einzelnen Räumen bot, war fast überall
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