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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass sein erfahrener Kollege, dem er in Bezug auf seine Arbeit und Ermittlungserfolge allergrößte Hochachtung zollte, so etwas äußern würde. Doch gerechnet hatte er damit nicht. Er hatte das Gefühl, dass Brandt in ihm seit dem Verhör und dem Selbstmord Wagners einen Versager sah.
    »Aber du kommst doch auch hervorragend ohne mich zurecht«, erwiderte Teichert und war überzeugt, dass sein Gegenüber das ähnlich sah.
    Doch Brandt schüttelte energisch den Kopf. Er rang nach Worten. Ihm war bewusst, dass er über seinen eigenen Schatten springen musste, wenn er seinen Kollegen vom Gegenteil überzeugen wollte. Wie aber sollte er all das, was in seinem Kopf vor sich ging, in Worte fassen?
    »Es war nicht deine Schuld. Wagner hätte sich wahrscheinlich so oder so umgebracht, egal, wer das Verhör geführt hätte.«
    Teichert blickte ihn zweifelnd an. Auf seiner Stirn hatten sich Falten gebildet.
    »Aber du wärst sicherlich professioneller …«
    »Nein, Nils«, unterbrach er ihn und dachte, jetzt oder nie. Er holte tief Luft und blickte seinem Gegenüber fest in die Augen.
    »Du hast Talent. Was du kannst, wie und wer du bist, lernst du auf keiner Polizeischule der Welt. Zusammenhänge kombinieren, Auffälligkeiten entdecken, deine Hartnäckigkeit, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, das kann nicht jeder. Das ist eine Gabe. Und du hast sie. Glaub mir.«
    Er sah, wie sich Teicherts Stirn langsam glättete, aber noch waren die Zweifel in seinem Blick nicht völlig verschwunden. Er atmete noch einmal tief durch, ehe er fortfuhr.
    »Wir alle machen Fehler. Auch ich. Und das ist gut so. Daraus können wir lernen. Aber es gibt etwas, das ist mindestens genauso wichtig wie ein entsprechendes Talent oder eine Gabe. Und das ist Verantwortungsgefühl. Zu wissen, dass man nicht allein ist, einen Partner hat, der einen braucht, der auf einen zählt, auch wenn es mal brenzlig wird. Nils«, er trat einen Schritt auf den anderen zu und legte seine Hand auf dessen Arm, »es ist nicht selbstverständlich, dass man sich aufeinander verlassen kann, aber in keinem anderen Job ist das vermutlich so wichtig wie in unserem. Bei dir bin ich mir hundertprozentig sicher und deshalb bitte ich dich, bleib!«
    Teichert schlug die Augen nieder und lächelte verlegen. Er wusste nicht, was er erwidern sollte, trat von einem Fuß auf den anderen. Nun war er es, der nach Worten rang.
    »Danke, Hagen«, sagte er schließlich nach einer Weile.
    Brandt war sich nicht sicher, ob er den anderen hatte überzeugen können.
    »Und, Partner?«, fragte er unsicher und streckte ihm die Hand entgegen.
    Teichert blickte auf. Der Mann, den er bisher eher als resoluten und selbstbewussten Kollegen erlebt hatte, wirkte im schummrigen Licht der Straßenlaterne klein und zerbrechlich. Es war das erste Mal, dass er Brandt derart sah, und er war sich sicher, dass es nicht viele Menschen gab, die ihn so kannten: leidenschaftlich, gefühlvoll und verletzlich. Er spürte plötzlich, dass es zwischen ihnen mehr als nur ihren Beruf gab, der sie verband, und ergriff die ihm gereichte Hand.
    »Partner!«, bestätigte er mit einem festen Händedruck und er wusste, dass sie auch zukünftig ein unschlagbares Team abgeben würden.

    E N D E
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