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Solomord

Solomord

Titel: Solomord
Autoren: Sandra Duenschede
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dasselbe. Müll und Dreck, Tapeten, die zum Teil in Fetzen von den Wänden hingen, nackte Stromkabel, die an der Decke baumelten, Schimmel, wohin man auch sah. Hinzu kam der modrige Gestank, der schwer in der Luft hing und das Atmen beinahe unerträglich machte.
    »Hier ist auch nichts«, seufzte Teichert, nachdem sie das letzte Zimmer inspiziert hatten.
    Brandt nickte resigniert. Er hatte sich auch mehr erhofft. Langsam stieg er hinter seinem jungen Kollegen, der lautstark seine Enttäuschung zum Ausdruck brachte, die baufällige Holztreppe hinunter.
    Tack. Tack. Ihre Schritte hallten auf den hölzernen Stufen wider.
    »Psst, sei doch mal still«, fuhr er Teichert plötzlich an, der aufgrund des harschen Tons abrupt stehen blieb und angestrengt lauschte.
    »Da ist nichts, Hagen«, dementierte er nach einer Weile die Geräusche, von denen er annahm, dass Brandt sie sich eingebildet hatte. Doch der ließ sich nicht so schnell überzeugen.
    »Geh mal ein paar Schritte.«
    Teichert folgte der Anweisung.
    Tack. Tack.
    »Hörst du das denn nicht?« Brandt blickte ihn fragend an. »Das klingt doch hohl.«

    In die Verkleidung des Treppenansatzes war eine kleine Tür eingelassen. Auf den ersten Blick fiel sie kaum auf, da sie wie der restliche Raum mit demselben Holz vertäfelt war. Erst beim genaueren Hinschauen konnte man die winzige Vertiefung erkennen, die als Türöffner diente.
    Brandt ließ seinen Zeigefinger in das kleine Loch in der Vertäfelung gleiten und zog mit einem Ruck die Tür auf. Dahinter befand sich eine schmale Treppe, die in einen Keller führte.
    »Mann, ist das duster«, schimpfte er, doch Teichert hatte bereits aus seiner Hosentasche ein Feuerzeug hervorgekramt und hielt es ihm triumphierend entgegen.
    »Nicht dass ich noch mal was Abfälliges von dir über meine Gelegenheitsraucherei höre«, grinste er und stieg vor ihm im Schein der kleinen Flamme die engen Stufen hinab.
    Am Fuße der Treppe befand sich eine Tür. Sie war verschlossen. Brandt hämmerte wütend mit den Fäusten dagegen.
    »Lass mich mal!«
    Sein Kollege drängte ihn zur Seite und ließ sich mit voller Wucht gegen die Tür fallen. Holz splitterte. Nach vier weiteren Versuchen gab das Schloss endlich nach und sie stolperten ins Innere des Raumes.
    Teichert zündete wieder sein Feuerzeug an. Im Schein der winzigen Flamme sahen sie den leblosen Körper auf der Matratze liegen.
    »Schnell, Nils, ruf den Notarzt!«
    Brandt schnappte nach Luft, der Gestank, der ihm entgegenschlug, war kaum zu ertragen. Er stürzte auf das Mädchen zu und packte es an den Schultern.
    »Marie«, schrie er, »Marie, wach auf, du bist in Sicherheit!«

22
    Das Gesicht des Mädchens hob sich farblich kaum von der weißen Bettwäsche ab. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, sie hob die Hand zum Abschied.
    Sie standen an der Tür, erwiderten ihren Gruß und verließen das Krankenzimmer.
    »Sie schlägt sich wirklich tapfer«, bemerkte Teichert, »und Wagner hat letztendlich auch gekriegt, was er verdient hat.«
    Brandt ging schweigend neben seinem Kollegen den langen Flur entlang.
    Der Fall war abgeschlossen. Sie hatten ein dickes Lob eingestrichen und selbst Bruns hatte sich wohlwollend geäußert, doch er sah die ganze Sache ein wenig anders.
    Zwar hatten sie das Mädchen retten können, aber Wagner war ihnen dennoch entkommen. Er hatte sich aus dem Staub gemacht, wieder einmal den leichteren Weg gewählt, statt sich für seine Taten zu verantworten. Wie damals bei dem Unfall seiner Schwester hatte er geschwiegen, war zu feige gewesen, sich der Realität zu stellen und seine Schuld einzugestehen. Und sie waren nicht in der Lage gewesen, ihn daran zu hindern.
    »Trinken wir noch ein Bier zusammen? Sozusagen auf den Ermittlungserfolg?«
    Teichert riss ihn aus seinen Grübeleien. Eigentlich war ihm nicht zum Feiern zumute. Den Mord an Michelle Roeder hatten sie schließlich nicht verhindern können, und er war sich auch nicht sicher, ob sie in Zukunft solchen Verbrechen in irgendeiner Weise Einhalt gebieten konnten, ob der Ermittlungserfolg, wie sein Kollege den Abschluss des Falls großzügig nannte, wirklich etwas dazu beitrug, das sie zukünftig schneller in die Lage versetzte, derartige Straftaten aufzudecken. Dennoch stimmte er zu und ließ sich von Teichert überreden, in der Altstadt auf die Lösung des Falls anzustoßen.

    Im Brauhaus war es verhältnismäßig leer. Die meisten der Gäste genossen das gute Wetter und tranken ihr Altbier vor dem
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