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Samtheiß

Samtheiß

Titel: Samtheiß
Autoren: Unknown
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AMBER COVERDALE SUMRALL
    Siesta
    G randmas Haus hat ein grünes Tor, das auf einen Hof mit ziegelroten Kacheln aus Mexiko führt. Leuchtend blaue und gelbe Töpfe mit Kakteen stehen auf dem Sims aus Adobeziegeln. Käfige mit Paradiesvögeln rahmen den Hof ein. Grandpas handgeschnitzte und mit indianischen Regensymbolen bemalte Kürbisse sind voller Walnüsse, Feigen und Pfirsiche von den Bäumen hinterm Haus.
    Wir sitzen in Korbsesseln in der Sommersonne und trinken Kakao aus großen orangefarbenen Bechern mit Holzhenkeln. Ich tue so, als wäre es Kaffee. Wenn ich hier bin, habe ich immer das Gefühl von Ferien - obwohl wir in der gleichen Stadt wohnen.
    Grandpa geht in seinen Garten. Wenn wir allein sind, erzählt mir Grandma Geschichten über ihre Familie. Sie ist stolz darauf, Indianerin zu sein. Sie stammt von drei verschiedenen Stämmen ab; einer davon heißt Mohawk. Immer, wenn sie Mohawks sagt, muß ich an Tomahawks denken. Ich weiß, was ein Tomahawk ist. In den Souvenirläden des Yellowstone National Parks wird so etwas verkauft. Indianer haben damit die Weißen skalpiert. Grandma sagt, Tomahawks waren die ersten Äxte. Sie sagt, wenn die Weißen sich um ihre eigenen Angelegenheiten gekümmert hätten, anstatt Indianer mit Alkohol zu vergiften, sie zu erschießen und ihr Land zu stehlen, hätten die Indianer sie nicht skalpieren müssen.
    Sie seufzt. »Du wirst die Wahrheit niemals in deinen Schulbüchern finden, mein Schatz. Sie haben gelogen, alles verdreht. Mit der Religion ist es genauso. Die Wahrheit muß man heutzutage mit der Lupe suchen.«
    Grandma nennt mich ihren Schatz. Grandpa auch. Jeden Morgen steht er auf, bevor die Sonne aufgeht, und mahlt im Keller seinen Weizen fürs Frühstück. Grandpa kocht sich sein Essen selbst. Weil er lieber Abendbrot ißt, wenn andere Leute frühstücken, und abends Milch und Obst will. Er spült sein Geschirr ab und räumt es weg.
    Grandma und Grandpa lieben sich mehr als sonst irgend jemand, den ich kenne. Er bringt ihr Blumen aus seinem Garten, und sie umarmen und küssen sich oft. Ich meine, echte Umarmungen und Küsse, nicht die schnellen Küßchen, die mein Vater meiner Mutter aufdrückt, wenn er zur Arbeit geht. Grandma krault Grandpa auch den Rücken. Grandpa hat’s gut. Wenn mir jemand den Rücken krault, ist das für mich das Allerschönste. Grandma sagt, das Allerwichtigste im Leben ist Liebe.
    »Dafür sind wir auf der Welt, Schatz«, sagt sie. »Wir sollen lernen, uns gegenseitig zu lieben. Und dafür ist alle Zeit der Welt nötig. Manche Leute lernen es nie.«
    Wir trinken unseren Kakao aus, und Grandma sagt, es ist Zeit für die Siesta. Sie und Grandpa halten jeden Nachmittag ein Nickerchen. Heute hat sie versprochen, bei mir zu schlafen.
    Das Haus ist kühl und dunkel. Ich gehe mit ihr in das Gästezimmer und klettere in das große Himmelbett. Grandma sieht nicht wie eine Indianerin aus, eher wie eine Zigeunerin. Ihre Kleider sind wie Seide, sie trägt Schals und Armbänder, Ohrringe und glitzernde Broschen. Ich finde, Grandma ist schön. Ihr dunkles geflochtenes Haar ist im Nacken gerollt und wird von zwei silbernen Spangen gehalten.
    Grandma zieht die weiße Chenilledecke weg und dann die Zudecke. Ich ziehe Schuhe und Socken, Jeans und Hemd aus. Sie läßt mich nackt schlafen, sagt, es ist zu heiß. Ich krabble über das Bett, bis an die kühle Gipswand, und ziehe das Laken über mich.
    Die kaputte gelbe Jalousie klappert in der Nachmittagsbrise. »Santa Ana bläst wieder«, sagt sie. »Der Wind ist voller böser Geister. Macht die Leute verrückt.« Sie kichert. »Sogar Geister können ab und zu Mist bauen.«
    Sie zieht ihr geblümtes Kleid über den Kopf und läßt den Slip zu Boden gleiten.
    Grandmas große Brüste ruhen auf ihrem Bauch. Blaue Venen durchziehen sie wie kleine Flüsse. Ich habe vorher noch nie richtige Brüste gesehen. Mutter versteckt ihre. Sie sagt, Frauen sind verflucht, weil Eva mit dem Teufel gesündigt hat, und daß ich das eines Tages selbst herausfinden werde. Sie sagt, eines Tages werde ich auch einen Busen haben, aber ich glaube ihr nicht. Ich kann Kleider, Parfüms und Lackschuhe nicht ausstehen. Daddy sagt, ich bin eine Range. Wie kann ich dann einen Busen kriegen?
    Grandma rollt sich zu mir ins Bett. Sie ist auch nackt. »Ich habe gedacht, Erwachsene müssen im Bett Nachthemden oder Schlafanzüge tragen«, sage ich ihr. »Wenn sie nackt sind, kann die Polizei sie festnehmen.«
    »Irgend jemand stopft dir deinen Kopf
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