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Die gepluenderte Republik

Titel: Die gepluenderte Republik
Autoren: Thomas Wieczorek
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Vorwort
     
    Auch wenn es Vertreter von Politik, Medien und Wirtschaft ständig behaupten und Hinz und Kunz es nachbeten: Die vermeintliche »Weltfinanzkrise« ist keinesfalls eine globale Krise. Sie betrifft die großen westlichen Industrienationen und ihre Finanzmetropolen wie Frankfurt, Zürich, New York, London und Tokio. Andere, teils noch viel größere Volkswirtschaften wie Indien oder China, brachen zwar bei ihren Exporten und als Folge davon auch im Wachstum ein, aber im Vergleich mit den gigantischen Crashs im Westen war dies geradezu harmlos. Ähnliches gilt auch für andere »Schwellenländer« wie Argentinien, Australien, Brasilien, Indonesien, Saudi-Arabien und Südafrika. In vielen dieser Staaten und in den meisten Ländern dieser Welt geht es gar nicht oder nur ganz am Rande um Finanzkrise, Börsenabstürze, Bankenzusammenbrüche, Managergehälter oder Boni, sondern um unvorstellbare Armut, um verhungernde Kinder oder um Aids.
    Deshalb kommt es keineswegs unerwartet, dass seit dem G-20-Gipfel von Pittsburgh Ende 2009 vor allem die großen Staaten wie Brasilien, China und Indien sehr selbstbewusst und vor allem einheitlich auftraten. »Wir hatten es diesmal mit einer Wand zu tun«, klagte man in der deutschen Delegation. Die Drohung: »Entweder ihr macht große Konzessionen bei der Reform der internationalen Organisationen, oder wir lassen den Gipfel platzen.« 1
    Hier findet die wahre
Globalisierung
statt, ob es den reichen Nationen nun passt oder nicht. Und nur wer dies zumindest im Hinterkopf hat, kann sich mit dem nationalen Problem
Geplünderte Republik
seriös auseinandersetzen.
    Wer aber sind nun eigentlich die wahren Plünderer der Republik, die wirklichen Schmarotzer und Parasiten, das »arbeitsscheue Gesindel«?
    Diejenigen, die 30 Jahre lang ehrliche Arbeit geleistet haben, um sich dann von den häufig geistig-moralisch oder fachlich minderbemittelten »Dienstleistern« der Arbeitsagentur beschimpfen und niedermachen zu lassen?
    Oder diejenigen, die ihr Vermögen geerbt haben und sich auch und gerade während der Wirtschaftskrise ein schönes Leben machen, sich mit Glamour-Girls oder mit Gigolos vergnügen, denen sie mal eben fünf Millionen Euro rüberschieben können? Oder warum sonst frohlockt
Welt Online
am 21. Juli 2009: »Luxusmode: Die Haute Couture trotzt der Wirtschaftskrise«? Und die
Baseler Zeitung
titelt am 10. August 2009: »Ferraris neuer Flitzer gegen die Krise«.
    All dies ginge in Ordnung, hieße es in Artikel 1 des Grundgesetzes: »Die Rechte der Erben, Spekulanten, Aktionäre und anderer Bezieher leistungsloser Einkommen sind unantastbar.« Stattdessen heißt es dort aber:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Ebenso verhält es sich mit dem Sozialstaat.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat
, steht in Artikel 20, womit das Einstehen der Starken für die Schwachen keine Frage von Lust, Laune oder Mildtätigkeit ist. Und dass Eigentum verpflichtet, ist durch den Artikel 14 Verfassungsgebot:
Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen
. Und der Artikel 15 geht noch weiter:
Der Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.
    Vor diesem Hintergrund bedeutet die Frage nach den Ursachen der geplünderten Republik, inwieweit und ob überhaupt dieStarken ihren verfassungsmäßigen Pflichten gegenüber dem Gemeinwesen nachkommen. Insofern mutet es geradezu skurril an, dass ausgerechnet die Superreichen in Form der Rettungsschirme zwei- bis dreistellige Milliardenbeträge forderten und auch erhielten, während für die Renovierung von Schulen und die Einstellung von Lehrern oder Erziehern kein Geld da ist.
    Fast erinnert das Ganze an die letzten Tage von Pompeji oder den Untergang des Römischen Reiches: Man greift ab, was nur abzugreifen ist, wohl wissend, dass sowieso bald alles vorbei ist.
    Nun führen nicht nur viele Wege nach Rom, sondern auch zur Plünderung unserer Republik. Der nach wie vor beliebteste ist die Privatisierung. Der Staat verscherbelt im wahrsten Sinne des Wortes »alles Mögliche«, und die Zeche zahlt – wer auch sonst? – die Bevölkerung: Ob irrwitzige Preise für Strom, Gas oder Wasser, eine teilweise lebensgefährliche und unzuverlässige Bahn oder indiskutable Zustände in
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