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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition)
Autoren: Peter Beck
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Vorhölle
    Der Araber brennt besser als die Frau. Das muss am Kaftan liegen, dachte Strittmatter. Die Flammen leckten an seinen Beinen. Verzweifelt versuchte er im unwirtlichen Gebirge zu landen. Irgendwo. Der Hauptrotor setzte für eine Sekunde aus. Der Helikopter sackte ab. Noch hatte das Feuer das Familienfoto neben dem Auftragsbuch nicht erreicht.
    Der Auftrag war nichts Aussergewöhnliches gewesen. Seine kleine, aber feine « VIP -Helicopter-Transportation-Corporation» flog oft reiche Bankkunden zu spektakulären Landeplätzen in den Alpen. Vor dieser Kulisse liessen sie sich leichter umgarnen. Und für Araber aus der Wüste waren Schnee und Eis besonders speziell.
    Kurz nach dem Sommerregen waren er und die Frau im eleganten Hosenanzug auf die dreiplätzige Rückbank seiner Bell 206 geklettert. Beim Aushändigen der Auftragsbestätigung für den Flug von Zürich zum Gemsstock hatte die junge Frau professionell gelächelt. Eine Spur Schalk in den Augen. Sie hatte das übliche Willkommensgeschenk mit der grossen Schlaufe in den Farben der Privatbank mitgebracht. Eine riesige Schachtel Pralinen.
    Zwanzig Minuten nach dem Start, die Frau hing gerade an ihrem Mobiltelefon, brach das unerklärliche Feuer aus.
    Der Scheich schrie: «Feuer!»
    Die Frau fragte: «Wo ist der Feuerlöscher?» Dringlich, aber ruhig.
    Strittmatter antwortete mit seiner Notfallstimme: «Unter dem Mittelsitz.»
    Sie zog den kleinen grellroten Feuerlöscher hervor, sprengte die Sicherheitsplombe weg und sprühte den weissen Schaum ins Feuer. Es nützte nichts.
    Strittmatter warf einen raschen Blick über seine Schulter. Der Helikopter war aus Leichtbau-Aluminium und die Sitze aus schwer brennbarem Textil. Aber der Kaftan war nicht feuerfest. Der Araber brannte lichterloh. Ein Feuerkranz in den Haaren. Er klebte schreiend in der Ecke. Ausser «Allah!» verstand Strittmatter kein Wort. Vorher hatte der Araber noch Englisch gesprochen. Todesangst wurde in der Muttersprache ausgestanden. Vergeblich hämmerte er mit der Faust gegen das bruchsichere Fenster. Aber nur das Glas seiner antiken mechanischen Armbanduhr zerbrach.
    Der Feuerlöscher war leer. Voller Angst schrie die Frau: «Landen! Sofort! Wir müssen hier raus.» In seinem Augenwinkel sah Strittmatter, wie sie mit blossen Händen versuchte, die lodernden Flammen auf ihrer weissen Bluse zu ersticken.
    Sie trudelten immer schneller in die Tiefe. Im steilen Gebirge gab es nur Felswände, Geröllhalden und Schluchten.
    Stabilisieren. Langsam stabilisieren. Wo zum Teufel können wir landen?
    Der Helikopter sackte wieder ab, schüttelte sich und warf die Passagiere durcheinander. Er konnte den lädierten Helikopter nicht mehr lange halten. Strittmatter schwitzte und hustete krachend. Schwarzer Schleim. Das synthetische Gewebe des Hemdes brannte sich in sein Fleisch. Das Familienfoto ging in Flammen auf, zuerst die Ränder, die Kinder, dann seine Frau.
    Sie waren noch hundert Meter über dem Boden, als das vertraute Motorengeräusch ganz aufhörte.
    Eine Alpweide breitete sich sanft vor ihm aus, mit einer geduckten Hütte, deren zwei kleine, schwach erleuchtete Fenster ihn anschauten. Strittmatter sah die schwarzen Flecken auf der Weide. Kühe! Sie lagen im Gras und verdauten träge. Als der Helikopter um 20   :   44 Uhr auseinanderbarst, erschraken die gutmütigen Wiederkäuer. Sie sprangen ungelenk auf und muhten verstört.

24.   Juli 20:40
    Winter lag bewegungslos im dreckigen Wasser. Ein dünner Fettfilm bedeckte dessen Oberfläche. Darauf klebte eine Mücke und kämpfte zuckend gegen das Ertrinken. Ein hoffnungsloser Todeskampf.
    Das Wasser war in Winters Ohren eingedrungen und hatte sich durch die Hörgänge einen Weg zum Trommelfell gebahnt. Die Augen geschlossen. Kopf und Genick waren gegen hinten gebeugt, der Adamsapfel und die verletzte Hand ragten aus dem lauwarmen Wasser.
    Die Hand war zerkratzt. Unter den Fingernägeln klebte Dreck. Ein Gemisch aus Erde, Lehm und organischen Resten. Einer der Fingernägel war gespalten.
    Der Puls war schwach.
    Und ganz langsam.
    Die Mücke bewegte sich nicht mehr.
    Nach einem Tag harter körperlicher Arbeit entspannte er sich mit schmerzendem Rücken in seiner Badewanne. Er wollte für diesen Abend mit Anne in Bestform sein.
    Jetzt schwelgte er genüsslich in den Erinnerungen an ihre erste Verabredung bei ihm. Wie ihm an jenem lauen Abend im Frühsommer bei den drei Begrüssungsküsschen der Duft des Issey-Miyake-Parfums in die Nase gestiegen
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