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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition)
Autoren: Peter Beck
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Winter. Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ich brauche Ihre Hilfe.»
    «Das Haus des Herrgottes ist immer offen, Herr Winter.»
    «Danke. Eine Mitarbeiterin von mir ist in der Nähe Ihres Dorfes, beim Gemsstock, unterwegs.» Anne war mehr als eine Mitarbeiterin. Aber das hatte er noch niemandem gebeichtet. «Sie ist in einem Helikopter und hat mich vorhin angerufen und gesagt, dass es brennt.»
    «Gütiger Himmel!»
    «Haben Sie etwas gesehen?» Kargmatt war ein, zwei Kilometer vom Höllentobel entfernt. Und als Optimist wollte er das Wort «Helikopterabsturz» nicht in den Mund nehmen. Noch nicht.
    «Guter Mann, die Wege des Herrn sind unergründlich, aber wenn ich kann, helfe ich Ihnen gern.» Winter begann zu zweifeln, ob ihm die salbungsvolle Haushälterin helfen konnte.
    «Können Sie den Helikopter sehen?»
    «Einen Helikopter?»
    «Ja.» Winter versuchte die aufkeimende Gereiztheit zu unterdrücken.
    «Moment. Ich muss schnell zum Guckfenster.»
    Klack. Das Telefon wurde auf eine harte Unterlage gelegt. Das gleiche Geräusch wie bei Annes Telefon. Eine Ewigkeit später.
    «Sind Sie noch da? Ich kann keinen Helikopter sehen.»
    «Sind Sie sicher?»
    «Es ist schon ziemlich dunkel, mein Herr.»
    «Haben Sie ein Licht gesehen?»
    «Das Licht des Herrn leuchtet –»
    «Oder ein Feuer?»
    «Ja, im Höllentobel unten. Der Jakob verbrennt dort manchmal sein Gehölz.» Winter starrte ins Leere. Pause. Dann begriff auch die Haushälterin. «Oh mein Gott! Sie meinen, der Helikopter ist dort abgestürzt?» Winter ignorierte die Frage und bohrte weiter: «Wie heisst der Jakob mit vollem Namen?»
    «Jakob Zbinden.»
    «Hat er ein Telefon?»
    «Nein, der Bau einer Telefonleitung auf die Alp war bis jetzt zu teuer. Aber Jakob hat eines dieser neuen Telefone.»
    «Haben Sie seine Nummer?»
    «Wir haben die Nummern und Adressen aller unserer Behüteten in der Kartei.» Nach einer endlos scheinenden Suchaktion fand die Haushälterin in der Kartei der Pfarrei die Nummer von Jakob Zbinden. Es war 21   :   17 Uhr. Der Alphirt, der frühmorgens im Stall sein musste, war wahrscheinlich mit den Hühnern ins Bett gegangen. Aber Winter wollte Gewissheit. Jakob nahm den Anruf nach dem zweiten Klingeln an. Schlechtes Zeichen.
    «Jakob.» Cool, kurz, jugendlich. Mit amerikanischer Aussprache. Nicht gerade der behütete Alphirt, den sich Winter vorgestellt hatte.
    «Hier ist Winter aus Bern. Die Pfarrei hat mir Ihre Nummer gegeben. Entschuldigen Sie bitte den Anruf um diese Zeit, aber ich muss Sie dringend etwas fragen.»
    Feindselig fragte Jakob: «Sind Sie ein Journalist? Geil auf eine Story?»
    «Nein, ich bin kein Journalist. Eine Mitarbeiterin ist mit einem Helikopter in der Nähe Ihrer Alp unterwegs. Was ist geschehen?»
    «Sorry.» Die Tonlage des Alphirten war plötzlich zurückhaltend.
    «Was ist geschehen?»
    «Der Helikopter ist im Höllentobel abgestürzt.»
    Es war die Vorhölle.

24.   Juli 21:22
    Auf der Fahrt zum Höllentobel versuchte Winter, den Tornado in seinem Innern zu begreifen. Aus sicherer Distanz versuchte er, den Sturm seiner Gefühle zu beobachten. Wie aus einem Wetterflugzeug, das über einem Wirbelsturm fliegt. Er sah die Wut, die ihn aufwühlte und Bilder durch seinen Kopf schleuderte. Wut auf den Helikopter, der aus irgendeinem Grund abgestürzt war. Unbestimmte Wut auf die Leute, die schuld waren. Der Pilot? Ein nachlässiger Wartungsmechaniker? Ein religiöser Fundamentalist?
    Und dahinter Wut auf sich selbst. Denn eigentlich hätte er selbst im Helikopter sitzen sollen.
    Die Wut mischte sich mit dem aufgewirbelten Schmerz.
    Anne war seine Stellvertreterin, seine rechte Hand. Aber in letzter Zeit war sie in seinem Kopf mehr als das geworden. Sie verstanden sich so gut. Vorhin hatte er sich noch auf den Abend, die Nacht und den Tag danach gefreut. Jetzt hatte das Höllentobel den Helikopter verschlungen.
    Ein Blitzschlag.
    Winter schüttelte den Kopf.
    Er wollte Anne sehen.
    Er wollte Anne in seine Arme nehmen. Sie beschützen.
    Dann war Winter plötzlich im Auge des Tornados. Stille. Ein dumpfes «Warum?». Winter war mittendrin in der schnurrenden Stille des silbergrauen Audis. Es war dunkel und es hatte wenig Verkehr. Er fuhr schnell, schneller als erlaubt. Winter konnte die Stille nicht fassen. War es Angst? Angst, einen Fehler zu machen? Angst, zu versagen? Nur eine falsche Bewegung, und der Tornado würde ihn packen, ihm den Boden unter den Füssen wegreissen und in die Höhe
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