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Muetter ohne Liebe

Muetter ohne Liebe

Titel: Muetter ohne Liebe
Autoren: Gaby Gschwend
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Vorwort
    Die erste Reaktion ganz verschiedener Menschen auf den Titel dieses Buches besteht häufig in einer Art abwehrenden Entsetzens oder peinlicher Berührtheit. Sie erklären dann: «Mütter ohne Liebe – das gibt es doch gar nicht» oder: «Jede (normale) Mutter liebt ihr Kind». Auf der anderen Seite wiederum reagieren Menschen mit starker Zustimmung und drücken Erleichterung darüber aus, dass dieses Thema endlich einmal öffentlich thematisiert wird. Beide Reaktionen aber sind ein Beweis für die ungebrochene psychologische und gesellschaftliche Macht des Muttermythos und dafür, dass es auch heute noch fast ein Sakrileg ist, die Position der Mutter anzugreifen oder auch nur kritisch zu hinterfragen.
    Beim Muttermythos handelt es sich um extrem überhöhte, idealisierte, romantisierte Vorstellungen von der Mutter, ihrer Bedeutung für das Kind und vom Wesen der Mutter-Kind-Beziehung. Obgleich diese Bilder nicht realistisch sind und es auch gar nicht sein können, sind wir von ihnen emotional und mental stark geprägt. Dies aber hat problematische Konsequenzen, denn es führt zu Tabus in der persönlichen Wahrnehmung und in der öffentlichen Diskussion. Ein Tabu bedeutet, dass etwas zwar möglich oder existent ist, aber aus ideologischen oder religiösen Gründen nicht wahrgenommen oder thematisiert werden darf. Es besteht ein Meide-Gebot. Dieses Meide-Gebot, das auch immer mit Scham verbunden ist, betrifft in unserem Fall die «dunklen» Aspekte der Mutterschaft. Zu den letzten Tabuthemen unserer Gesellschaft gehören dabei Aspekte wie das Eigeninteresse der Mutter in der Beziehung zum Kind ebenso wie das Thema der Abneigung, Aggression und Destruktivität gegen die eigenen Kinder.
    Nur in unseren Volksmärchen wimmelt es noch von unverhohlen lieblosen Müttern, die allerdings – nach Bearbeitung der Urfassungen –, meist als Stiefmütter getarnt sind. Bei «Hänsel und Gretel» begegnen wir zum Beispiel einer (leiblichen) Mutter, die vor dem Problem steht, dass ihre Familie arm ist und die Nahrung für vier Personen nicht ausreicht.
    Sie löst diesen Konflikt so, dass sie die Kinder im Wald aussetzt, um sie nicht mehr ernähren zu müssen. Auch der Einspruch ihres Mannes, des Vaters der Kinder, hindert sie nicht daran, dieses Vorhaben so konsequent wie unsentimental durchzusetzen. Hier sehen wir sie also – wie auch in vielen anderen Märchen, in der Literatur, im Film, und nicht zuletzt in der Realität –, eine wahrhafte Antiheldin, die nicht dem sentimentalen Bild entspricht, das wir von Müttern haben.
    Da der Muttermythos so viel Verwirrung, Verleugnung, Verzweiflung, Unaufrichtigkeit und unerkanntes Leid mit sich bringt, ist es sinnvoll, ihn zu durchbrechen und zu durchschauen. Die Absicht dieses Buches ist es, Klischees, Mythen und Tabus der Mutterschaft aufzugreifen und vor allem unter dem Aspekt der mütterlichen Lieblosigkeit in ihren verschiedenen Facetten kritisch zu hinterfragen. Es betrachtet sozusagen «die erdabgewandte Seite der Geschichte», wie es anschaulich in einem Buchtitel heißt, die verborgenen, dunklen, unbewussten, bedrohlichen und verleugneten Seiten der Mütter, der Mutterschaft und der Mutter-Kind-Beziehungen, die dem gesellschaftlichen Bild nicht entsprechen. Dies, damit darüber freier als bisher gesprochen und bewusster damit umgegangen werden kann.
    Die Spuren der Mutterliebe werden zunächst anhand der Geschichte verfolgt, wobei sich zeigen wird, dass die Idee der Mutterliebe, wie wir sie heute pflegen, eine relativ neue Vorstellung ist und nichts daran so selbstverständlich, wie es scheint. Im Kapitel über die Psychologie der Mutterliebe ist von deren psychischen Wirkfaktoren die Rede und von der Unterscheidung zwischen Mutterliebe und mütterlicher Liebe. Das Kapitel vom Mythos der Mutter und den Müttern ohne Liebe untersucht das Ideal der Mutterliebe und überprüft die zentralen Annahmen des Muttermythos auf ihren Realitätsgehalt und ihre Auswirkungen hin. Ausführlich behandelt werden dann die verschiedene Typen von «Müttern ohne Liebe» – die ablehnend-distanzierte Mutter, die seelisch ausbeutende Mutter und die aktiv gewalttätige Mutter – sowie verschiedene Formen problematischer oder destruktiver Mutter-Kind-Beziehungen. Dabei werden jeweils auch Anregungen und Wege zur Selbsthilfe für Menschen, die in entsprechenden Mutterbeziehungen aufgewachsen sind, aber auch für Mütter selber angesprochen und aufgezeigt.
    Auch wenn man es unter dem
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